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Interview zu neuen SBB-Verbindungen
«Wir würden gerne eine Direktverbindung von Zürich nach Rom anbieten»

Erneuerung des Kooperationsabkommens zwischen Trenitalia und der SBB. Im Bild von links, Luigi Corradi, CEO von Trenitalia, Véronique Stephan, Direktorin Personenverkehr und Mitglied der Konzernleitung der SBB, sowie Salvatore Deidda, Praesident der Verkehrskommission der Abgeordnetenkammer, waehrend der Pressekonferenz, am Mittwoch, 8. November 2024, in Mailand (Italien). (KEYSTONE/Ti-Press/Elia Bianchi)
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In Kürze:
  • Die SBB erweitern ihr Angebot mit neuen Direktzügen nach Italien.
  • Ab 2026 gibt es Verbindungen von Zürich nach Florenz und Livorno.
  • Vier Giruno-Züge wurden für den Ausbau des Angebots bestellt.
  • Das Ziel ist, die steigende Nachfrage im internationalen Personenverkehr zu bedienen.

Zugreisen nach Italien sind bei Schweizerinnen und Schweizern beliebt – nun legen die SBB nach: Ab 2026 bieten sie direkte Züge von Zürich nach Florenz und Livorno und umgekehrt an. Hinzu kommt auch eine zusätzliche Verbindung von Zürich nach Mailand und Venedig. Das gaben SBB und Partnerin Trenitalia am Freitag gemeinsam in Mailand bekannt.

Für den Angebotsausbau haben die SBB vier neue Giruno-Züge bestellt. Zudem stellte Personenverkehrs-Chefin Véronique Stephan und Trenitalia-Chef Luigi Corradi einen neuen, grün-rot-weissen Eurocity-Zug vor, der zwischen den beiden Ländern verkehren wird.

Es gehe darum, den Zugreisenden angesichts der steigenden Nachfrage ein besseres Angebot anbieten zu können, so die Botschaft. Zum Unterstreichen der Aussage dient die Anekdote, dass Medienvertreter aus der Schweiz mit Regionalzügen in die Lombardei reisen mussten – dies, weil der Eurocity bereits Tage zuvor restlos ausgebucht war.

Im Gespräch mit dieser Redaktion in Mailand konkretisiert Véronique Stephan die Ausbaupläne der SBB im Ausland.

Frau Stephan, zusätzliche Direktzüge nach Mailand und Venedig, dazu eine Direktverbindung in die Toskana: Ist das der Startschuss zu einer Auslandoffensive der SBB?

Das kann man nicht sagen. Schliesslich bieten wir bereits heute täglich 90 internationale Direktverbindungen in beide Richtungen in zehn Länder an. Aber wir sehen effektiv, dass Zugreisen ins Ausland immer beliebter werden. Gerade nach Italien. Im letzten Jahr reisten 2,4 Millionen Personen mit dem Zug zwischen der Schweiz und Italien – eine halbe Million mehr als 2019, dem Jahr vor der Pandemie.

Erneuerung des Kooperationsabkommens zwischen Trenitalia und der SBB. Im Bild Véronique Stephan, Direktorin Personenverkehr und Mitglied der Konzernleitung der SBB, waehrend der Pressekonferenz, am Mittwoch, 8. November 2024, in Mailand (Italien). (KEYSTONE/Ti-Press/Elia Bianchi)

Was gab den Ausschlag für die zusätzlichen Angebote?

Mailand, Venedig, die Toskana: Diese Destinationen sind bei Schweizerinnen und Schweizern mit Abstand am gefragtesten. Florenz ist eine einmalig schöne Stadt, und Livorno ist ideal für all jene, die mit der Fähre nach Sardinien, Elba oder Korsika weiterreisen möchten. Natürlich haben wir auch weitere Destinationen geprüft, aber irgendwo muss man anfangen.

Welche Verbindungen waren das?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass wir sehr gerne eine Direktverbindung von Zürich nach Rom anbieten würden. Doch erstens haben wir aktuell das Rollmaterial nicht, um auf dieser Hochgeschwindigkeitsstrecke zu fahren. Zweitens sind die Trassen bereits jetzt sehr ausgelastet.

Fehlt der Platz auf der Schiene im Ausland oder in der Schweiz?

Sowohl in Italien als auch in der Schweiz. Das geht angesichts der Debatte um zusätzliche Zugverbindungen ins Ausland gerne vergessen. Unser Schienennetz ist bereits heute fast vollständig ausgelastet. Wir teilen es mit Regional- und Güterzügen. Wollen wir mehr Kapazität, müsste jemand zurückstecken, oder wir müssten die Nutzung der Infrastruktur noch weiter optimieren.

Unbestritten ist, dass das Angebot der SBB im internationalen Personenverkehr noch Luft nach oben hat. Bei Verbindungen zu französischen Städten etwa besteht Aufholbedarf. Warum sind Sie in Italien erfolgreicher unterwegs?

Weil wir in Italien über eigenes Rollmaterial verfügen. Das verleiht uns in Verhandlungen mit dem Partner ein Gewicht, das nicht zu unterschätzen ist. Trotzdem ist auch Frankreich mit 17 Verbindungen pro Tag nach Paris heute schon gut angebunden.

Frankreich besteht aber nicht nur aus Paris. Was spricht dagegen, zusätzlich einen eigenen Direktzug zwischen Genf und Lyon zu betreiben?

Bei dieser Verbindung sehen wir tatsächlich grosses Potenzial. Und wir wären auch sehr daran interessiert, sie auf die Beine zu stellen.

Wenn Sie das so betonen, schliesse ich, dass das Interesse bei der französischen Partnerbahn weniger gross ist?

(schmunzelt). Das kann man so interpretieren.

Luigi Corradi, CEO von Trenitalia, und Véronique Stephan, Direktorin Personenverkehr und Mitglied der Konzernleitung der SBB, bei der Erneuerung des Kooperationsabkommens zwischen Trenitalia und der SBB. Im Bild, von links, Luigi Corradi, CEO von Trenitalia, und Véronique Stephan, Direktorin Personenverkehr und Mitglied der Konzernleitung der SBB, waehrend der Besichtigung des neuen EuroCity-Zuges im Rahmen der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen EuroCity von Trenitalia, am Mittwoch, 8. November 2024, in Mailand (Italien). (KEYSTONE/Ti-Press/Elia Bianchi)

Der Bundesrat hat sich im Verhandlungsmandat für ein institutionelles Abkommen mit der EU bereit erklärt, den Schweizer Markt für den internationalen Personenverkehr zu öffnen. Im Gegenzug könnten die SBB doch die Strecke Genf–Lyon in Eigenregie fahren?

Natürlich wäre das für uns eine Option. Aber erst einmal müssen wir abwarten, wie die Verhandlungen ausgehen – und zu deren Ausgang spekulieren die SBB nicht. Das jetzige Kooperationsmodell ist ein Erfolg und bietet grosse Vorteile. Unsere Partner im Ausland kennen ihre Märkte am besten, zudem erhalten wir gute Trassen und können die Verbindungen in unseren Taktfahrplan integrieren und Synergien nutzen. Internationale Verbindungen müssen wirtschaftlich sein.

Laut Mandat hätte der Taktfahrplan aber auch nach einer Marktöffnung weiter Vorrang vor den Angeboten ausländischer Bahnen. Gewahrt würden auch Schweizer Sozialstandards und das Lohnniveau. Geben die SBB damit Ihren Widerstand gegen eine Öffnung auf?

Unser Anliegen ist, dass diese Rahmenbedingungen in den Verhandlungen mit der EU sichergestellt werden und damit die Qualität des Schweizer ÖV nicht abnimmt. Aber wie gesagt: Die Verhandlungen laufen noch, und wir spekulieren nicht.

Trotzdem: Um mehr Reisende zum Umstieg vom Flugzeug auf den Zug zu bewegen, benötigen Sie weitere Direktverbindungen ins Ausland. Was braucht es dafür neben zusätzlichem Rollmaterial noch?

Unter anderem eine bessere Infrastruktur in den umliegenden Ländern. Denn eigentlich wären wir bei Reisen von maximal sechs Stunden gegenüber dem Flugzeug konkurrenzfähig. Doch dafür müssen die Länder ihre Netze instand setzen. Wir würden beispielsweise lieber heute als morgen bessere Verbindungen von Zürich nach München anbieten. Aber auf dieser Strecke schneller oder häufiger zu fahren, lässt die heutige Infrastruktur nicht zu.

Mit fünf Stunden Reisedauer läge eine Direktverbindung zwischen Basel und London klar unter der von Ihnen genannten Schwelle. Wann kommt sie?

Wir prüfen das intensiv, weil wir hier enormes Potenzial sehen. Aber die Herausforderungen sind gross, gerade, weil Grossbritannien nicht in der EU ist. Hoffen wir, dass wir die Verbindung bald ankündigen können.

Wann wird das der Fall sein?

Das kann ich heute noch nicht sagen.

Der Bundesrat beabsichtigt, die bereits bewilligten Fördermittel für Nachtzüge zu streichen. Sind damit die geplanten Verbindungen nach Rom und Barcelona definitiv vom Tisch?

Entscheiden wird das Parlament. Wenn es wirklich so weit kommt, dann ja. Wir haben immer klar gesagt: Wir benötigen die Mittel, um Nachtzüge kostendeckend anbieten zu können. Ansonsten verstossen wir gegen unseren Auftrag, den internationalen Fernverkehr eigenwirtschaftlich zu betreiben.