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Zugchaos im südlichen Nachbarland
Ein «schwarzer Mittwoch» in Italien

Auch in Italien: Es mehren sich Anzeichen einer strukturellen Krise bei der Eisenbahn.
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Ein Nagel war es, ein simpler Nagel. Immerhin nennen ihn italienische Medien mittlerweile «il famoso chiodo», den berühmten Nagel.

Eigentlich ist Italien ja zu Recht stolz auf seine Hochgeschwindigkeitszüge namens Frecciarossa (roter Pfeil) oder Italo, auf seine Intercity-Züge und auf ein Streckennetz, das unendlich viel tragfähiger ist als etwa in Deutschland. Was zwar nichts heissen will, aber trotzdem. In letzter Zeit mehren sich allerdings auch bei der italienischen Eisenbahn Anzeichen einer strukturellen Krise.

epa09648526 The first Frecciarossa 1000 train of the Milan-Paris section arrives in in the Central station in Milan, Italy, 18 December 2021. The train connects Milian and Paris in under seven hours.  EPA/Mourad Balti Touati

Am vergangenen Mittwoch beschädigte ein Arbeiter in Rom während routinemässiger Unterhaltsarbeiten mit einem Nagel ein Stromkabel. Dies führte zu einem Systemzusammenbruch in den beiden Römer Bahnhöfen Termini und Tiburtina.

Weil es gleichentags auch an weiteren Stellen des Streckennetzes zu technischen Störungen und sonstigen Pannen kam, sprachen Medien und Reisende von einem «schwarzen Mittwoch»: Mehr als 100 gestrichene Züge, Verspätungen von bis zu vier Stunden, Zehntausende entnervt in Bahnhofshallen herumstehende Touristinnen, Pendler, Familien. Chaos von Palermo bis zum Brenner, Proteste und Verwünschungen. 

Ein «grosses Tier» überfahren

Am Freitag waren abermals viele Züge verspätet, weil zwischen Bologna und Venedig ein Streckenarbeiter bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Und weil laut offizieller Mitteilung des Eisenbahnverkehrsunternehmens Trenitalia ein Hochgeschwindigkeitszug auf der Strecke zwischen Rom und Florenz ein «Tier von bedeutender Grösse» überfahren hatte. 

Überhaupt haben pannenanfällige Unterhaltsarbeiten laut der Zeitung «Corriere della sera» dieses Jahr einen «schwarzen Sommer des Schienenverkehrs» heraufbeschworen.

Die Polemik um die Funktionstüchtigkeit des Eisenbahnnetzes  ist insofern brisant, als eine Figur, welche die italienische Politik der letzten Jahre mitgeprägt hat, gegenwärtig Minister für Transporte und Infrastruktur im Kabinett von Giorgia Meloni ist: Matteo Salvini, der Chef der rechtspopulistischen Lega. Die Opposition wirft dem Mailänder vor, ständig glamouröse Projekte anzukündigen, etwa eine Brücke zwischen Kalabrien und Sizilien. Und sich viel zu wenig um das alltägliche Funktionieren des Eisenbahnverkehrs zu kümmern.

Die Opposition fordert den Rücktritt

Nach dem «schwarzen Mittwoch» sah sich der Transportminister mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. Wäre Salvini in der Opposition statt in der Regierung, sagen seine Kritiker, hätte er haargenau dasselbe gefordert.

Zusätzlich in die Bredouille brachte Salvini ein Beitrag, den er ausgerechnet am Mittwoch auf X veröffentlichte. Ein Foto zeigt ihn als kleinen Jungen mit seinen Eltern und Grosseltern. Salvini würdigt die mittlerweile verstorbenen «nonni» mit warmen Worten und ruft seine Follower dazu auf, die ihrigen anzurufen.

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Darauf ergoss sich eine Welle des Spotts über den Minister. Etwa im Stil: Die Liebe zu den Grosseltern sei ja gut und recht, aber könnte sich der Verantwortliche, wenn es nicht zu viele Umstände bereite, jetzt um das Chaos in den Bahnhöfen kümmern?

«Wissen Sie, wie viele Enkel ihre Grosseltern nicht besuchen können, weil gerade sämtliche Züge blockiert sind?», fragte jemand. «Ruft die Grosseltern an, genau – denn besuchen könnt ihr sie nicht.» «Könnten Sie Ihre Grosseltern bitten, für unsere Züge zu beten?» «Ich habe meine Grossmutter soeben angerufen, sie sitzt seit Stunden in einem blockierten Zug.»

Ein User schreibt: «Der Nagel und Salvini sind also beide am falschen Ort platziert worden: der eine in der Stromleitung, der andere im Ministerium.»

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Oder schlicht: «Ist das ein Witz?» Oder: «Die Züüüüüüge – geh endlich arbeiten!» Ein Passagier postet ein Bild aus einem stecken gebliebenen Zug und schreibt: «Bevor ich ankomme, bin ich wahrscheinlich selber Grossvater.»

Mittlerweile hat der Transportminister rechtliche Schritte gegen die Unterhaltsfirma angekündigt, deren Angestellter den Schaden in Rom angerichtet hat. «Ich war es nicht, der den Nagel eingeschlagen hat», rechtfertigt sich Salvini. Und er beabsichtige auch nicht, in Zukunft Nägel einzuschlagen. Worauf eine Userin schrieb: «Vielleicht wäre das gar keine so schlechte Idee.»