CEO von Open AI ist zurückDas Chaos um Chat-GPT-Entwickler Sam Altman
Überraschend gefeuert, fast schon zu Microsoft abgewandert, jetzt doch wieder an der Spitze installiert: Sam Altman hat bewegende Tage hinter sich. Hier ein Überblick.
Was ist passiert?
Erst am vergangenen Freitag hatte Open Al überraschend den Rauswurf von Chef und Chat-GPT-Entwickler Sam Altman verkündet. Der Vorstand erklärte, dass der 38-Jährige «kein Vertrauen mehr in seine Fähigkeiten hat, Open AI zu leiten». Am Sonntag wurde verkündet, dass Altman zum Open-AI-Investor Microsoft gehe. Danach drohten rund 700 der 770 Mitarbeiter von Open AI, ihm zu folgen – was praktisch das Ende der Firma bedeutet hätte. Heute Mittwoch folgte dann die noch grössere Überraschung: Open AI verkündet die Rückkehr von Altman. Auch der Verwaltungsrat soll erneuert werden.
Warum wurde Sam Altman gefeuert?
Open AI wirft Altman vor, nicht immer ehrlich zum Verwaltungsrat gewesen zu sein. Er müsse gehen. Der Rat, dem Altman auch selbst angehörte, überwacht das Unternehmen.
Was genau Altman dem Rat verheimlicht hat, blieb bisher im Dunkeln. Einige Führungskräfte wie Mitbegründer und Technologiechef Ilya Sutskever waren jedoch der Ansicht, dass Altman die Software mit künstlicher Intelligenz (KI) zu schnell und mit einem zu kommerziellen Ansatz auf den Markt bringen wolle. Sie brachten die Mehrheit des Verwaltungsrats auf ihre Seite. Sutsekever betonte immer wieder, wie gefährlich KI werden könne, wenn sie als «Superintelligenz» mächtiger werde als die Menschen und sich verselbstständige. Er wechselte inzwischen aber seine Position und bedauerte öffentlich seine Beteiligung an der Absetzung Altmans.
Der Zorn des Rats könnte aber auch mit Nebenprojekten Altmans zu tun haben. Mit Tech-Grossinvestor Masayoshi Son von Softbank und dem ehemaligen Apple-Chefdesigner Jony Ive soll er Ideen für ein KI-unterstütztes Gerät entwickelt haben, das das Smartphone ersetzen soll. Zudem soll er sondiert haben, wie sich spezielle Chips für den Betrieb von KI-Software entwickeln lassen, um dem dominierenden Chiphersteller Nvidia Konkurrenz zu machen.
Intern werfen bei Open AI aber auch hochrangige Mitarbeiter dem Rat vor, den Fall falsch gehandhabt zu haben. Die Folge sei ein «Zusammenbruch der Kommunikation zwischen Sam und dem Rat», zitiert die «Financial Times» aus einer E-Mail des operativen Geschäftsführers Brad Lightcap.
Wie geht es mit Open AI weiter?
Open AI zeigt Zerfallserscheinungen. Auf den Rauswurf folgte öffentliche Solidarität vieler Mitarbeiter. Am Montag forderten 700 von ihnen – fast die komplette Belegschaft – den Rat auf, zurückzutreten. Andernfalls würden sie kündigen. Altman rauszuwerfen, habe «der Mission und der Firma» geschadet: «Ihr Verhalten hat deutlich gemacht, dass Sie nicht die Kompetenz haben, Open AI zu überwachen.»
Durch das enorme Wachstum der Nutzerzahlen von Chat-GPT konnte Open AI viel Geld von Investoren einwerben. Zuletzt hatte das Unternehmen angekündigt, Mitarbeiter ihre Anteile im Wert von 86 Milliarden Dollar verkaufen zu lassen – also zu einer extrem hohen Bewertung. Ob es dem Unternehmen nach dem Chaos um Altman noch möglich ist, so eine Summe zu erzielen, wird sich zeigen.
Warum ist Open Al so wichtig?
Ohne Open AI gäbe es den derzeitigen KI-Boom nicht, der Unternehmen und Politiker auf der ganzen Welt beschäftigt. Seit das Unternehmen vor einem Jahr den Chatbot Chat-GPT veröffentlicht hat, sind viele Milliarden Dollar in KI-Technik und KI-Unternehmen geflossen. Chat-GPT demonstrierte der Öffentlichkeit, dass Software sinnvolle Unterhaltungen führen und überzeugend klingende Nachrichten verfassen kann. Dall-E, ein Bild-KI-Programm von Open AI, kann auf Befehl hin Bilder erzeugen, die menschliche Künstler nachahmen.
Die Konkurrenz von Google, Meta, Amazon und Apple steht seitdem unter Zugzwang. Mit viel Aufwand bauen sie ähnlich mächtige Sprachmodelle wie die Technologie hinter Chat-GPT.
Welche Interessen verfolgt der Open-AI-Rat?
Innerhalb der KI-Forschungsszene gibt es zwei Ausrichtungen. Die Optimisten erklären die Technologie zum Heilsbringer oder zumindest für praktisch – und weitgehend ungefährlich. Die Pessimisten sehen KI als Gefahr für die Menschheit an, die streng überwacht werden muss. Sie werden «Doomer» genannt, von «doom»: Untergang.
Open AI wurde 2015 im Geist dieses Pessimismus gegründet. Die Gründer um Altman, Sutskever, Brockman und Tesla-Chef Elon Musk beschworen den verantwortungsvollen Umgang mit KI. Damals war Open AI noch kein Unternehmen, sondern eine Organisation ohne Gewinnabsicht, schliesslich sollte sie einem höheren Zweck dienen: dem Schutz der Menschheit. Erklärtes Ziel des Unternehmens ist es, KI erst auf allgemeine menschliche Fähigkeiten zu bringen und dann eine dem Menschen überlegene «Superintelligenz» zu entwickeln.
Das «unkommerzielle» Gremium soll auch als Gewissen der Menschheit dienen.
2018 verliess Elon Musk Open AI. Er soll hinter den Kulissen versucht haben, Open AI zu übernehmen, was Altman und Brockman verhinderten. Mittlerweile kritisiert Musk, dass Open AI seine Mission für die Menschen aufgegeben habe und nur den Geschäftsinteressen von Microsoft diene. Denn seit 2019 hat Open AI auch einen kommerziellen Arm, der Geld verdienen darf, anstatt nur Spenden für Forschung einzusammeln. Das Unternehmen baute sein Marketing darauf auf, ein Hüter der brisanten Technologie für die Menschheit zu sein.
Diese Besonderheit schlägt sich auch in der Struktur nieder, die Altman mitgebaut hat und an der er nun – zumindest vorerst – gescheitert ist. Der Verwaltungsrat ist Teil des Non-Profit-Arms, er soll sicherstellen, dass Open AI ethisch sauber bleibt. Noch stärker als in anderen Unternehmen sollte dieses «unkommerzielle» Gremium als Gewissen des Unternehmens dienen und – im Selbstverständnis von Open AI – auch als Gewissen der Menschheit.
Was ist Open Al?
Open AI war 2015 als eine Non-Profit-Organisation gegründet worden – mit der Mission, künstliche Intelligenz im Interesse aller zu entwickeln. Als jedoch klar wurde, dass mit Spenden die nötigen Milliardeninvestitionen nicht aufzutreiben wären, wurde zusätzlich eine gewinnorientierte Firma mit Altman an der Spitze gebildet. Dieser holte unter anderem Microsoft als Investor an Bord und sicherte Open AI damit den Zugang zur nötigen Rechenleistung.
Der Konflikt zwischen den beiden Ansätzen wurde aber immer tiefer. Der Chatbot Chat-GPT kann Sätze auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen formulieren. Seine Veröffentlichung vor etwa einem Jahr löste einen KI-Hype aus. Open AI wurde damit zu einem Vorreiter bei der Technologie. Microsoft ging einen milliardenschweren Pakt mit der Firma ein, um deren Technologie in Produkte des Konzerns zu bringen. Andere Tech-Schwergewichte wie Google, Amazon und der Facebook-Konzern Meta stellten Konkurrenz-Software vor.
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