Post-Chef Cirillo zu brisanten ForderungenPost wehrt sich dagegen, die A-Post aufzugeben
Der gelbe Riese lässt kein gutes Haar an einem Expertenbericht. Dieser forderte, die tägliche Briefzustellung und das Briefmonopol abzuschaffen.
Die Post könnte in zehn Jahren ganz anders aussehen als heute. Eine Expertenkommission im Auftrag des Bundes hat vergangene Woche brisante Vorschläge zur Grundversorgung vorgelegt: Die A-Post soll abgeschafft, die Post nicht mehr jeden Tag geliefert und der Grundversorgungsauftrag im Bargeldverkehr ausgeschrieben werden.
Nun reagiert Post-Chef Roberto Cirillo auf den Bericht. Er wehrt sich in wesentlichen Teilen gegen die Vorschläge. Cirillo sagt an einem Mediengespräch: «Anders als die Expertengruppe möchten wir nicht den Schwerpunkt darauf setzen, auf Dienstleistungen zu verzichten oder allenfalls sogar Steuergelder zu beanspruchen.»
Cirillo geht noch weiter: «Wir werden uns nicht zu Tode sparen. Wir sehen eine echte Alternative dazu. Ich bin überzeugt, es gibt einen Weg ohne Abbau und ohne Subventionen.» Er weist auch darauf hin, dass die Post weit mehr sei als nur die Grundversorgung, die nun neu ausgerichtet werden soll.
Politiker wollen Post in die Schranken weisen
Das Stichwort ist dabei die Strategie «Post von morgen», die er als neuer Chef startete. Sie soll helfen, das Geschäft auch in Zukunft ohne Subventionen zu finanzieren.
Diese Strategie beinhaltet unter anderem die Ausdehnung der Post in digitale Geschäftsfelder. Dies geschieht mitunter mit Firmenkäufen, die der Post in den vergangenen Monaten viel Kritik eingebracht haben. Nächste Woche diskutiert darum der Nationalrat über zwei verbindliche Vorstösse, die die Post und andere staatsnahe Betriebe in die Schranken weisen wollen.
Der Hintergrund: Dass immer weniger Briefe verschickt werden, bringt die Post in Schwierigkeiten. Die Einnahmen aus diesem Bereich waren lange Zeit ein wichtiges Standbein – und sind es bis heute. Doch mit der Abnahme der Briefmenge sieht sich die Post gezwungen, das Geschäft neu auszurichten.
Gleichzeitig erodiert das Geschäft der Postfinance, die in der Vergangenheit einen grossen Beitrag an das Geschäftsergebnis der Post lieferte.
Gegensätzliche Signale der Experten
Ein Knackpunkt im Bericht der Expertenkommission ist die Abschaffung der A-Post. Hier distanziert sich die Post von den Gedankenspielen, diese abzuschaffen. «Auf die A-Post zu verzichten, ist für die Post keine Option», sagt Cirillo.
Dahinter steckt auch eine gewisse unternehmerische Logik: Erstens ist die A-Post beliebt; ein Drittel der Briefe wird heute auf diesem Weg verschickt. Zweitens ist die Logistik der Post auf die Zweiteilung von A- und B-Post ausgerichtet. Sie ist wichtig, um die Verteilzentren in ihrer heutigen Form auszulasten.
Eine Abschaffung stünde in einem anderen Zusammenhang quer in der Landschaft. Denn der Expertenbericht spricht gleichzeitig davon, dass die A-Post für Pakete in die Grundversorgung aufgenommen würde. Das heisst: Der Päcklipöstler kommt jeden Tag, die Briefpöstlerin nicht mehr.
Das macht aber eigentlich keinen Sinn, da die Zustellung von Briefen und kleineren Paketen nicht mehr getrennt ist. Künftig wird diese Zusammenführung von Brief- und Paketpost sogar noch verstärkt. Vor diesem Hintergrund würde die Abschaffung der täglichen Briefzustellung wenig bringen.
Cirillo kommt zum Schluss: «Was die Post braucht, ist operationelle Freiheit, um die Ressourcen am besten einzusetzen – nicht der Verzicht auf Dienstleistungen.»
Diese Widersprüchlichkeit der Ideen der Expertenkommission gilt auch für den Vorschlag, die tägliche Verteilung von Zeitungen aus der Grundversorgung herauszunehmen – gleichzeitig aber doch noch jeden Tag eine Paket-Pöstlerin vorbeizuschicken. Die tägliche Verteilung von Zeitungen ist zwar heute laut der Post ein Defizitgeschäft. Doch: «Die Post ist bereit, das Defizit im Zeitungstransport mitzutragen, solange die Grundversorgung solide finanziert ist», so Cirillo.
Post stelle sich dem Wettbewerb
In einem anderen Punkt ist die Post ebenfalls nicht einverstanden mit den Experten: Die Grundversorgung im Barzahlungsverkehr will die Post bei sich behalten. Die Kommission möchte, dass dieser Auftrag ausgeschrieben wird, damit auch andere Unternehmen diesen Auftrag übernehmen könnten. So zeigte zum Beispiel die Raiffeisen ein Interesse an einem solchen Auftrag.
Für die Post ist klar, dass sie sich an einer allfälligen Ausschreibung des Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr beteiligen würde. «Postfinance hat den Zahlungsverkehr in ihren Genen und scheut keinen Wettbewerb», so Cirillo. Und der Zahlungsverkehr sei eng mit dem Postnetz verbunden.
Der Barzahlungsverkehr wird von der Postfinance über das Poststellennetz betrieben. Fällt dieser Auftrag weg, könnte es gut sein, dass das Poststellennetz sich weiter verändert und allenfalls weitere Poststellen geschlossen würden. Cirillo betont jedoch, dass ein Abbau nicht das Ziel der Post sei.
Die Post stellt sich auch gegen den Vorschlag der Expertenkommission, das Monopol im Briefbereich abzuschaffen. Bei Briefen unter einem Gewicht von fünfzig Gramm darf heute nur die Post liefern. Die Expertenkommission will dieses Privileg abschaffen.
Die Erträge aus diesem Monopol nehmen zwar ab, doch: «Das Monopol ist trotz der abnehmenden Erträge nach wie vor ein wichtiges und vor allem das einzige Finanzierungsinstrument für die Grundversorgung», sagt Roberto Cirillo. Wie gross die finanziellen Auswirkungen sind, sollte das Restmonopol fallen, könne die Post derzeit nicht abschätzen.
Kritische Stimmen aus der Politik
Nicht nur die Post äusserte sich kritisch zum Bericht der Expertenkommission. Die Gewerkschaft Syndicom zum Beispiel fürchtet einen Personalabbau. In der Politik ist die Skepsis ebenfalls gross. Klar ist, dass der Expertenbericht erst mal eine Diskussionsgrundlage ist.
Wie stark es wirklich in die darin vorgegebene Richtung geht, ist offen. Der Bericht dient nun als Grundlage dafür, wie der Bundesrat künftig die Grundversorgung der Post ausgestalten will. Geht es nach der Expertenkommission, soll das noch in diesem Jahr geschehen.
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