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Themen-Check im Vize-Duell
Wo Vance punktete und warum Walz schwächelte

US Senator and Republican vice presidential candidate J.D. Vance (L) and Minnesota Governor and Democratic vice presidential candidate Tim Walz shake hands at the end of the Vice Presidential debate hosted by CBS News at the CBS Broadcast Center in New York City on October 1, 2024. (Photo by ANGELA WEISS / AFP)
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In Kürze:
  • Walz und Vance debattierten ohne persönliche Angriffe oder Geschrei.
  • Diskutiert wurden Themen wie Abtreibung, Immigration, Klimawandel und Steuern.
  • Vance behauptete, unter Trumps Führung habe es keine Kriege gegeben.
  • Walz kritisierte Trump als wankelmütig und warb für eine stabile Führung unter Harris.

Dies war jetzt vielleicht der letzte Höhepunkt vor der US-Wahl, jedenfalls die voraussichtlich letzte Debatte im amerikanischen Fernsehen. Kamala Harris und Donald Trump hatten sich im September bei ABC getroffen – die Demokratin liess den Republikaner schlecht aussehen, ganz anders als Ende Juni Trump seinen damaligen Gegner Joe Biden bei CNN. Ein zweites Duell lehnt der republikanische Dauerkandidat ab, seine Rivalin würde gern. Nun begegneten sich also ihre Begleiter Tim Walz und J. D. Vance, fünf Wochen vor dem 5. November.

Wenn Harris Präsidentin wird, dann wird Walz ihr Vize. Bei Trump wäre es Vance, und da standen sie am Dienstagabend, 21 Uhr Ostküstenzeit, live bei CBS. Auch diese Besetzung ist neu, ohnehin sind TV-Duelle von potenziellen Stellvertretern eher selten und oft wenig aufregend. Wie war es diesmal? Der 60 Jahre alte Gouverneur Walz aus Minnesota gegen den 40 Jahre alten Senator Vance aus Ohio. Ein früherer Lehrer und Footballcoach von den Demokraten, der den Daddy vom Land gibt, gegen den ehemaligen Buchautor und Risikokapitalmanager von den Republikanern, der Trump gern rechts überholt. Zwei sehr verschiedene Familienväter. Wer hat gewonnen?

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90 Minuten lang beharkten sich Tim Walz und J. D. Vance alles in allem höflich, geradezu nett. Ohne persönliche Attacken, ohne Geschrei, nur unterbrochen von Werbepausen. Es ging um Fragen zweier Moderatorinnen zu den amerikanischen Klassikern wie Abtreibung und Immigration, aber auch zu aktuellen Krisen wie dem Krieg in Nahost und den Folgen des Hurrikans Helene. Am Ende, noch ehe sämtliche Juroren ihr Urteil gefällt haben, lässt sich festhalten: Walz war nicht so gut wie Harris, der rhetorisch geübte Vance deutlich besser als Trump und schneidiger als der kumpelhafte Rivale.

Ihre Rolle hatten beide seit ihrer Ernennung zum jeweiligen Running Mate bei den Parteikongressen diesbezüglich schon weitgehend definiert. Als Einpeitscher mit Schlagwörtern für den Wahlkampf waren sie unterschiedlich aufgefallen. Walz nannte das Duo Trump/Vance «weird», seltsam. Vance behauptete im Sinne Trumps, haitianische Immigranten in Springfield, Ohio, würden Hunde und Katzen der Einheimischen essen. «Wenn ich Geschichten erfinden muss, damit die amerikanischen Medien dem Leiden des amerikanischen Volkes tatsächlich Aufmerksamkeit schenken», erläuterte er vor kurzem, «dann werde ich das tun.»

Was tun im Nahen Osten?

Walz durfte die erste Frage beantworten. Eine krachende Frage, am Tag der iranischen Raketenangriffe und der israelischen Invasion im südlichen Libanon (zur Ukraine wollten die Journalistinnen übrigens komischerweise gar nichts wissen). Ob er im Fall der Fälle für oder gegen einen präventiven Angriff auf den Iran wäre? Das Land könnte bald die Atombombe besitzen. Walz räsonierte erst etwas nervös über das angegriffene Israel und darüber, dass die Welt in diesen gefährlichen Zeiten eine stabile Führung brauche.

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Vance antwortete auf dieselbe Frage erst mal mit einem Hinweis auf seine Jugend, aufgewachsen in schwierigen Verhältnissen und vor allem bei der Grossmutter, ehe er sich dem Thema zuwandte. Trump sei kein Agent des Chaos, er habe für Stabilität in der Welt gesorgt, behauptete er.

Hurrikan Helene

Danach Helene, der Wirbelsturm, der besonders North Carolina und Georgia heimgesucht hat. Der Klimawandel, der laut Umfragen sieben von zehn Amerikanern beunruhigt? Vance sagte, Trump werde die sauberste Energie erzeugen lassen. Walz sagte, dass Trump den Klimawandel für ein Gerücht halte und Ölmanager nach Mar-a-Lago einlade. «Wir können schlauer sein», sagte er, mit Harris werde man weiter in umweltfreundliche Energie investieren.

Topthema Migration

Ein wichtiges Thema natürlich Einwanderung. Es kam wie erwartet. Vance verkündete, dass Harris die Südgrenze geöffnet habe, «die Fluttore», das sagen Republikaner so ähnlich bei jeder Gelegenheit. «Stoppt die Blutung», sagte er und sprach von Drogen und Kriminellen, von überfüllten Schulen und Kliniken, von Niedriglohnjobs und Asylmissbrauch.

Walz sagte, dass Trump und Vance Einwanderer entmenschlichen würden und Trump vielleicht zwei Prozent seiner versprochenen Mauer gebaut habe, ohne einen Cent aus Mexiko. «Trumps Republikaner blockierten einen scharfen Gesetzentwurf für die Grenze, den auch Grenzschützer wollten, und: Bewahren wir unsere Würde beim Umgang mit Menschen.»

Der nächste Aufreger: Steuern

Dann gab es ein kurzes Wortgefecht, bei dem zwischendurch die Mikros stummgeschaltet wurden. Der nächste Aufreger: Steuern. «Kamala Harris und ich glauben an die Mittelklasse, weil wir da beide herkommen», sagte Walz und versprach Steuervorteile für die Mittelklasse. Es gebe da einen «philosophischen Unterschied» zu Trump, der die Reichsten eingeladen und als Präsident die Schulden nach oben getrieben habe. Da konterte Vance, dass Harris schon seit dreieinhalb Jahren Vize sei und Lebensmittel und Häuser so teuer seien. Bei Trump dagegen habe es keine Kriege und keine Inflation gegeben, und bald werde man sich wieder den American Dream leisten können.

Wie Walz und Vance auftraten

Das hatte man alles schon mal von Chefin und Chef gehört, wie sollte es anders sein. Trotzdem nicht uninteressant. Walz klagte, wie Trump bei der Pandemie versagt habe und sämtliche Wissenschaftler wie Klimaforscher, Ökonomen und Gesundheitsspezialisten in Zweifel ziehe. Wenn jemand Herzprobleme habe, dann brauche er einen Arzt und keinen Trump.

Vance wiederum schwärmte von Trumps «gesundem Menschenverstand», der zuweilen wirksamer sei als der Rat von Experten. Trump muss das gefallen haben, der Wissenschaft weniger. Dabei hatte derselbe Vance denselben Trump mal «moralisches Desaster», «unfit» und «Amerikas Hitler» genannt.

Der besonders im Netz oft extrem radikale Vance wollte gemässigter als Trump wirken und Walz trotzdem reizen, das gelang gelegentlich. Zuweilen schaute Walz leicht gequält, wie bei Magenproblemen, vielleicht verständlich bei seinem Gegenüber. Vance ist trotz seines jüngeren Alters der erfahrene Debattierer, er war direkter, manche seiner Halbwahrheiten blieben von Walz unwidersprochen. Er erwähnte ständig seine «drei wunderbaren Kinder» und begann nahezu jede Antwort mit «First of all».

Abtreibung

Schwangerschaftsabbruch wurde auch verhandelt, da war Walz im Prinzip im Vorteil. Eine amerikanische Mehrheit wäre für das auf Betreiben stramm konservativer Kreise vom Obersten Gerichtshof gekippte Bundesrecht auf Abtreibung. Aber Walz drängte Vance da nicht richtig in die Defensive. Vance durfte sagen, dass er für die freie Entscheidung sei, obwohl er das schon ganz anders gesagt hat.

Abtreibung und das Finale

Später tat sich Walz schwer. «Ich bin manchmal ein Dummkopf, erwiderte er kryptisch, als eine der CBS-Frauen sich erkundigte, wieso er mal gesagt hatte, er sei 1989 während des Massakers in Peking in Hongkong gewesen, obwohl er damals offenbar gar nicht dort gewesen war. Viel stärker wurde er gegen Ende, als es um Feuerwaffen ging, um seine Pläne für erschwingliche Häuser – und besonders um Amerikas Demokratie. Als der Sturm auf das Capitol von 2021 besprochen werden sollte, wollte Vance mit vermeintlich flächendeckender Zensur durch Harris ablenken, da wurde Walz direkter.

Er bedanke sich für das Gespräch. «Aber das hier beunruhigt mich», sagte er. Er denke, dass man die Differenzen an der Wahlurne beilegen und sich die Hand geben solle, wenn man verliere. Doch Vance habe geleugnet, «was am 6. Januar geschah, als zum ersten Mal in der amerikanischen Geschichte ein Präsident oder irgendjemand versuchte, eine faire Wahl und eine friedliche Machtübergabe zu verhindern» – das konnte Tim Walz so nicht stehen lassen. Er erwähnte auch Mike Pence, Trumps damaligen Vize, dem ein Mob mit dem Galgen drohte, als er Bidens Sieg bestätigte. «Donald Trump macht den Menschen, die mir wichtig sind, Angst», sagte Walz zum Schluss. «Viele Amerikaner empfinden das so. Wir sollten keine Angst haben.»

Punkt für Walz. Remis, womöglich mit leichten Vorteilen für den glatten Vance.

Die Vize-Debatte ist auch Thema in der aktuellen Folge des USA-Podcasts «Alles klar, Amerika?»