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Rennen ins Weisse Haus
Kamala Harris versucht, an der Grenze zu Mexiko Härte und Herz zu zeigen

Democratic presidential nominee Vice President Kamala Harris talks with John Modlin, the chief patrol agent for the Tucson Sector of the U.S. Border Patrol, right, and Blaine Bennett, the U.S. Border Patrol Douglas Station border patrol agent in charge, as she visits the U.S. border with Mexico in Douglas, Ariz., Friday, Sept. 27, 2024. (AP Photo/Carolyn Kaster)
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In Kürze:
  • Kamala Harris besuchte im Rahmen ihres Wahlkampfes die Grenze zu Mexiko in Douglas, Arizona.
  • Die Einwanderungspolitik ist ein heisses Eisen im Wahlkampf. Immer wieder kritisierte Trump die aktuelle Regierung für zu lasche Regeln.
  • Harris sagte nun, dass sie eine Verschärfung des Einwanderungsrechts anstrebe.

An der amerikanischen Südgrenze kommt niemand vorbei, der ins Weisse Haus einziehen will, also ist jetzt auch Kamala Harris hingefahren. Douglas, Arizona, gleich gegenüber der mexikanischen Stadt Aguas Prietas. Am Freitagnachmittag Ortszeit, an der Ostküste war es schon Abend und in Europa bereits Samstag, machte die US-Vizepräsidentin und Präsidentschaftskandidatin der Demokraten in der wüstenhaften Grenzstadt Station. Es geht um eines der heissesten Themen des Wahlkampfs, nun nur noch gut fünf Wochen vor dem Wahltermin.

Donald Trump und andere Republikaner behaupten seit Monaten, die Regierung Biden/Harris habe die Tore geöffnet und Millionen Menschen ohne Papiere ins Land gelassen. Trump nennt sie bevorzugt Terroristen, Drogendealer und Vergewaltiger – er spricht von einer «Invasion» und will die «illegalen Immigranten» allesamt hinauswerfen, wenn er wieder Präsident wird. «Macht euch bereit zu gehen», sagte er kürzlich dem Sender Fox News.

Insgesamt leben in den USA mindestens elf Millionen Menschen ohne dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Viele von ihnen warten auf Asylverfahren, die monatelang dauern können; etliche Grenzgänger haben die Vereinigten Staaten längst wieder freiwillig verlassen oder wurden abgewiesen und abgeschoben. Andere pflegen für Hungerlöhne seit Jahren Amerikas Strassen oder Gärten und zahlen Steuern. Sechs eingewanderte Lateinamerikaner stürzten im Frühjahr in Baltimore beim Einsturz einer Brücke in den Tod.

Trump inszenierte sich mit dem texanischen Gouverneur

Die amerikanische Grenzbehörde meldet allein seit Anfang 2021, also mehr oder weniger seit Beginn der Ära Biden/Harris, landesweit mehr als zehn Millionen Begegnungen mit Immigranten, denen die nötigen Papiere fehlen. Die meisten dieser Menschen kommen aus Lateinamerika, zuletzt vor allem aus Venezuela, aber auch aus China, Russland, der Ukraine oder afrikanischen Nationen.

FILE - Republican presidential candidate former President Donald Trump talks with Texas Gov. Greg Abbott during a visit to the U.S.-Mexico border, on Feb. 29, 2024, in Eagle Pass, Texas. (AP Photo/Eric Gay)

Vor allem Ende vergangenen Jahres sorgten hohe Zahlen für einige Aufregung, als Folge von Weltkrise und neuen Reisemöglichkeiten nach dem Ende der Pandemie. In der Gegend von Grenzstädten wie El Paso oder Eagle Pass in Texas überquerten Zehntausende den Rio Grande, der am südlichen Ufer Río Bravo heisst. Der texanische Gouverneur Greg Abbott, ein strammer Republikaner, aktivierte die National Guard und mehrere Polizeieinheiten. Er tat so, als würde Joe Biden das mit seinen Bundeseinheiten nicht hinbekommen, und zeigte sich mit Trump am Stacheldraht.

Seit Wochen tönen die Republikaner, dass die Grenze zu Mexiko dicht sein wird, sobald Trump an der Macht ist. Wahlkampfgetöse, aber auch deswegen kommen immer mehr Migranten nach Eagle Pass, Texas. Entscheidet sich an Orten wie diesen die US-Wahl?

Seine Republikaner nennen Harris «Border czar», als sei sie für den Grenzschutz zuständig, was so nicht stimmt. Grenzschutz ist Bundessache, Joe Bidens Heimatschutzminister heisst Alejandron Mayorkas. Republikanische Abgeordnete wollten ihn seines Amtes entheben, das Manöver misslang. Ausserdem sind es Mandatsträger der Republikaner, die ein strengeres Migrationsgesetz auf Trumps Geheiss blockieren, um Biden im Wahlkampf besser attackieren zu können.

Harris steht beim Thema Migration zwischen den Fronten

Die Biden-Administration verschärfte trotzdem die Regeln, je näher der Wahltermin rückte. Die Zahl der unerwünschten Einwanderer ist inzwischen auf dem tiefsten Stand seit vielen Monaten, auch nach Arizona sind wesentlich weniger Menschen auf inoffiziellen Routen unterwegs als ein Jahr zuvor. Das hält Trump und seinen Mitstreiter J.D. Vance allerdings keineswegs davon ab, die Debatte immer weiter aufzuheizen. So behaupteten sie unter anderem, Haitianer würden in Springfield, Ohio, Hunde und Katzen stehlen und essen.

Unter diesen Umständen also machte sich Kamala Harris am Ende dieser Arbeitswoche auf die Reise nach Douglas. Trump hatte im August ganz in der Nähe die Umgebung von Sierra Vista aufgesucht. Es ist ihr erster Besuch an der Naht zwischen dem globalen Süden und dem globalen Norden, und die Demokratin steht bei diesem Thema zwischen den Fronten: Einerseits weiss die Tochter von Eltern aus Indien und Jamaika sehr genau, dass die USA ohne Einwanderung nicht funktionieren.

Andererseits ist ihr ebenso bewusst, dass zahlreiche Amerikaner die Zahl der Fremden gerne begrenzen würden, selbst in demokratischen Hochburgen wie Chicago oder New York. In Umfragen geniessen die Republikaner trotz oder wegen Trumps Hetze klare Vorteile, wenn es um den Streitfall Einwanderung geht. Das kann wahlentscheidend sein. Harris scheint sich nun im Rahmen ihres Duells mit dem Hardliner für eine härtere Gangart entschieden zu haben.

Die Präsidentschaftswahl in den USA wird in den Swing-States entschieden. Der Republikaner setzt dazu auf seine Entourage und klassische Themen wie Migration. Die Demokratin versucht, ganz anders zu punkten.

Es sieht so aus, als wollte Harris ihren Chef rechts überholen, ohne links zu sehr anzuecken

In Douglas stand sie dann mit Grenzbeamten vor Stacheldrahtrollen und Grenzzaun. «Sie brauchen mehr Ressourcen, um ihre Arbeit zu machen», sagte die Besucherin. Harris will die Beschränkungen, die unter Bidens Leitung eingeführt wurde, noch ausweiten. Aktuell wird das Asylrecht weitgehend aufgehoben, wenn eine Woche lang im Mittel nicht weniger als 1500 Menschen unerlaubt die Grenze überqueren. Harris stellt laut «Washington Post» in Aussicht, den Maximalwert zu senken und den Zeitraum, für den er gilt, zu verlängern.

Democratic presidential nominee Vice President Kamala Harris speaks at Cochise College Douglas Campus in Douglas, Ariz., Friday, Sept. 27, 2024. (AP Photo/Carolyn Kaster)

Es sieht so aus, als wollte sie ihren Chef rechts überholen, ohne links zu sehr anzuecken, keine leichte Übung. Vor allem, wenn es um Menschen geht, die noch sehr jung sind oder schon lange in den USA leben, ohne offiziell anerkannt zu werden. Sie will gemeinsam mit dem (derzeit extrem polarisierten und vielleicht bald republikanisch beherrschten) Kongress versuchen, Wege zu einer amerikanischen Staatsbürgerschaft für «hart arbeitende Einwanderer zu schaffen».

Sie bezog sich auch auf die sogenannten Dreamer. Das sind Einwanderer, die als Kinder in die USA kamen und seit der Regierung von Barack Obama bleiben und arbeiten dürfen, doch gegenwärtig keinen US-Pass bekommen können. Sie seien «in jeder Hinsicht Amerikaner», sagte sie. «Aber sie haben immer noch keinen verdienten Weg zur Staatsbürgerschaft. Und dieses Problem ist nun schon seit Jahrzehnten ungelöst.»

Trump wollte grossspurig Mauern bauen, als er 2016 Präsident wurde. Er liess schliesslich ähnlich viele oder wenige Hindernisse aufstellen wie Vorgänger und Nachfolger. Abdichten lassen sich die mehr als 3100 Kilometer zwischen den USA und Mexiko ohnehin nicht. Auch werden Drogen wie das schnell tödliche Fentanyl mehr in Lastwagen, Schiffen oder Flugzeugen verschickt und weniger auf Schmuggelrouten zu Fuss.

Die Grenzpolitik seiner Wahlgegnerin bezeichnete der republikanische Bewerber am Freitag in Michigan als «Verbrechen», es gebe «keinen grösseren Akt der Illoyalität, als die Souveränität der eigenen Nation auszulöschen». Harris warnte in Arizona vor einem «rechtlichen Schwebezustand, weil die Politiker sich geweigert haben, zusammenzukommen und unser kaputtes Einwanderungssystem zu reparieren».

Sie erinnerte an den von Trumps Leuten abgelehnten Gesetzentwurf, der die Grenzsicherheit verstärken sollte: «Er zieht es vor, mit einem Problem zu kandidieren, anstatt ein Problem zu lösen. Und das amerikanische Volk verdient einen Präsidenten, der sich mehr um die Sicherheit der Grenzen kümmert als um politische Spielchen und seine persönliche politische Zukunft.»

In einem neuen Werbespot ihres Teams wird sie die zupackende US-Präsidentin, die Tausende Grenzschützer einstellen lässt und als ehemalige Strafverfolgerin gegen die Drogenmafia kämpft. «Wir brauchen eine echte Anführerin mit einem echten Plan, um die Grenze zu reparieren», heisst es da. «Und das ist Kamala Harris.»