Chinesische BilliganbieterShein und Temu sollen Schweizer Regeln einhalten, sonst drohen Busse und Verbot
Politikerinnen diverser Parteien fordern den Bundesrat auf, den Onlinehandel mit Anbietern aus China zu regulieren. Schweizer Konsumenten sollen besser geschützt sein.
- Chinesische Onlinehändler wie Shein und Temu erhöhen ihren Umsatz in der Schweiz erheblich.
- Laut ZHAW-Studie drücken asiatische Plattformen Preise und Margen bei hiesigen Onlinehändlern.
- Die Motion von Florence Brenzikofer fordert strengere Schweizer Markt- und Sicherheitsstandards.
- Vorschläge beinhalten, Onlinehandelsplattformen zu sperren und strengere Produktsicherheit durchzusetzen.
Chinesische Onlineshops wie Temu und Shein fluten den europäischen Markt mit ihren Produkten. Dies bringt Schweizer Händler schon länger auf die Barrikaden, sie kritisieren einen ungerechten Wettbewerb. Die neuste Onlinehändlerbefragung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW kommt zum Ergebnis, dass bei zwei von fünf hiesigen Onlinehändlern asiatische Plattformen wie Temu und Shein die Preise und Margen drücken.
Inzwischen wird auch die Politik aktiv. Ein aktuelles Beispiel ist eine Motion der Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer aus dem Kanton Baselland. Der Vorstoss wurde vor wenigen Tagen eingereicht und findet in verschiedenen politischen Lagern Unterstützung. Unter den 20 Mitunterzeichnenden finden sich auch Politiker anderer Parteien etwa SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel, Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt oder SP-Nationalrätin Claudia Friedl.
Anpassung an der Schweizer Richtlinien an EU-Vorgaben
In der Motion wird der Bundesrat aufgefordert, «die Schweizer Gesetzgebung so anzupassen, dass ausländische Onlinehändler sich an die Schweizer Markt- und Sicherheitsstandards halten müssen». Denn in vielen Bereichen sei die Schweizer Gesetzgebung für ausländische Onlinehändler ungenügend, was Temu, Shein und weiteren Anbietern erlaube, Schweizer Standards zu umgehen.
So dürften beispielsweise Produkte angepriesen werden, die den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen nicht entsprächen, so die Kritik. Und dies sei in der EU explizit verboten. Auf Anfrage schreibt Florence Brenzikofer: «Als Vertreterin der Rechtskommission ist es mir ein Anliegen, unser Gesetz in der Schweiz so anzupassen, dass es keine Schlupflöcher für Onlinehändler gibt.»
Die Motion fordert für die Schweiz ähnliche Regelungen wie das Digital Services Act (DSA) der EU. Das Ziel des Gesetzes ist es, einen sichereren digitalen Raum zu schaffen. Da die beiden chinesischen Anbieter Temu und Shein im Rahmen des Gesetzes zu sehr grossen Plattformen erklärt wurden, stehen sie unter besonderer Aufsicht. Entsprechend müssen sie nachweisen, dass sie Vorkehrungen zum Schutz vor Produktfälschungen und vor Verletzungen der Rechte zum Schutz geistigen Eigentums treffen. Verstossen sie gegen die Vorgaben, kann die Strafe bis zu 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes der Unternehmen betragen. Im Wiederholungsfall können die Firmen in der EU sogar gänzlich verboten werden.
Speziell fordern die Urheber der Motion, dass der Bundesrat gegen sogenannte Dark Patterns vorgehe. Diese sind bei grossen Plattformen in der EU ebenfalls verboten. Bei Dark Patterns handelt es sich zusammengefasst um täuschende Designs, die von Websites und Apps genutzt werden, um die Konsumentinnen und Konsumenten entgegen ihren eigentlichen Interessen zum Handeln zu bewegen. Ein Beispiel dafür: willkürliche Rabattangebote von bis zu 90 Prozent, wie man sie von den asiatischen Shoppingseiten kennt.
Auch verlangt die Motion, einen weiteren Punkt anzugehen, für den die asiatischen Onlineshops kritisiert werden: Es sollen Massnahmen geprüft werden, wie die bewusste Umgehung des Zollfreibetrags durch die Aufteilung von Sendungen verhindert werden kann.
Durch die erwähnten Regulierungen, so das Fazit, könne die Schweiz bezüglich Konsumentinnen- und Konsumentenschutz ans Ausland anschliessen. Sie hoffe, dass der Bundesrat ebenfalls bestrebt ist, die Gesetzeslücken zu schliessen, sagt Brenzikofer. In eine ähnliche Richtung geht ein weiterer aktueller Vorstoss von ihrem Ratskollegen Benjamin Roduit (Mitte, VS).
Vorstoss fordert Sanktionen für Temu und Co.
Roduit verlangt, dass der Bundesrat das Produktsicherheitsgesetz und das Lebensmittelgesetz anpasst. Dort ist beispielsweise die Einfuhr von Spielzeug geregelt. Neu sollen auch Gebrauchsgegenstände für den privaten Haushalt darunterfallen, sofern deren Einfuhr über ausländische Onlinehandelsplattformen erfolgt. Dadurch hätten einheimische und ausländische Anbieter gleich lange Spiesse.
Als Sanktionsmassnahmen schlägt Roduit die Sperrung von Onlinelinks zu ausländischen Onlinehandelsplattformen, behördliche Verwarnungen und Verkaufsverbote vor.
Druck für die Plattformen in der Schweiz gibt es ebenfalls auf dem rechtlichen Weg. So hat die Swiss Retail Federation beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Beschwerde gegen Temu eingereicht, gestützt auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und auf die Preisbekanntgabeverordnung.
Wie «CH Media» berichtete, fand deshalb kürzlich ein erstes Treffen zwischen dem Seco und europäischen Vertretern von Temu statt, um den Sachverhalt zu klären. Die Behörde kann einschneidende Massnahmen ergreifen. Sie kann Strafanzeige stellen und eine Zivilklage einreichen. Derzeit wird nun auf Antworten auf die Fragen vom Hauptsitz in China gewartet.
Neuigkeiten zu ihrer Beschwerde gibt es gemäss Swiss Retail Federation nicht. Es bleibe spannend, sagt der stellvertretende Direktor Patrick Erny. Die verschiedenen politischen Eingaben zum Thema sieht er positiv. «Besonders den Vorstoss von Herrn Roduit, da dieser die relevanten Gesetze adressiert und auch konkrete Sanktionen fordert.»
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