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Meinung

Kolumne Ombudsmann
Gibt es ein Gleich­gewicht der Sympathie?

Police try to disperse demonstrators blocking a road during a protest calling for the release of hostages held in the Gaza Strip by the Hamas militant group, in Tel Aviv, Israel, Friday, Sept. 13, 2024. (AP Photo/Oded Balilty)
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Am 7. Oktober jährt sich Israels Krieg in Gaza nach dem Massaker der Hamas. Noch ist weder eine Freilassung israelischer Geiseln noch ein Ende der tödlichen Kämpfe in Sicht. Beide Seiten schieben sich die Schuld für das Desaster zu, und die internationale Gemeinschaft bleibt weitgehend passiv – besorgten Lippenbekenntnissen zum Trotz. 

Geblieben ist die Kritik an der Berichterstattung von Tamedia-Titeln über den Krieg in Gaza. Der Vorwurf: Unausgewogenheit und Parteilichkeit. Eine Leserin schimpft die Blätter des Verlags «links-braun», während eine andere den TA-Artikel über einen armeekritischen israelischen Soldaten betreffend moniert, durch unsorgfältige Berichterstattung würden «Tür und Tor für Hass, Falschaussagen und Hetzerei geöffnet und gesät».

Ins Visier geraten auch die Online-Kommentarspalten, welche antisemitische Kommentare publizieren und proisraelische Reaktionen zensieren würden. 

Rechtsanwalt aus Israel kritisiert die BBC

Doch selten fällt Kritik so massiv aus wie im Fall eines 387-seitigen Reports des in Israel domizilierten Rechtsanwalts Trevor Asserson. Er wirft der BBC vor, zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 7. Februar 2024 ihre redaktionellen Leitlinien nicht weniger als 1553-mal verletzt zu haben. Den Bericht haben rund 20 Anwälte und 20 Datenwissenschaftler mitverfasst, die künstliche Intelligenz (KI) einsetzten, um neun Millionen Wörter zu analysieren, die auf den verschiedenen Kanälen der BBC gesendet worden waren.

Dem Report zufolge zeigt die «Analyse menschlicher Sympathie» ein «zutiefst beunruhigendes Muster der Voreingenommenheit» gegenüber Israel. Die Indizien: Die BBC habe es wiederholt versäumt, die Hamas als «terroristische Organisation» zu bezeichnen, den Mangel an Pressefreiheit in Gaza zu erwähnen, die Vorwürfe von Kriegsverbrechen beider Seiten fair einzustufen und an die existenzielle Bedrohung Israels zu erinnern.

Dem widerspricht die BBC entschieden. Der Sender, so sein Sprecher, hege gravierende Zweifel an der Methodik des Berichts, die sich auf vermeintlich unparteiische KI abstütze, um Ausgewogenheit festzustellen und Richtlinien zu hinterfragen: «Wir glauben nicht, dass Berichterstattung einzuordnen ist, wenn man allein Wörter ohne Bezug zum Kontext zählt.» Die BBC strebe nach echter Unparteilichkeit und nicht nach «Gleichgewicht der Sympathie». 

CMM kommt zum gegenteiligen Schluss

Unerwähnt bleibt, dass das britische Centre for Media Monitoring (CMM), das Medienberichte über Muslime und den Islam verfolgt, in einer im März veröffentlichten Analyse zu gegenteiligen Schlüssen als der Asserson-Report gelangt. CMM folgert, dass palästinensische Perspektiven wiederholt falsch dargestellt würden und es in traditionellen Medien «systematische Voreingenommenheit» gegenüber Palästinenserinnen und Palästinenser gebe. 

2006 war die BBC nach externer Kritik intern zum Schluss gelangt, dass das Versäumnis, die Ungleichheit der israelischen und der palästinensischen Erfahrung adäquat wiederzugeben, die Tatsache reflektiere, dass die eine Seite die Macht habe und die andere unter Besatzung lebe: «Obwohl diese Asymmetrie nicht unbedingt etwas über berechtigte Ansprüche beider Seiten aussagt, ist sie doch so ausgeprägt und wichtig, dass Berichterstattung das zumindest aufzeigen soll.»