Super-G in Cortina d’AmpezzoBeim Comeback gleich der Sieg – selbst Odermatt kann es nicht fassen
Der Gesamtweltcupsieger kann im Ziel nur staunen: Trotz seines lädierten Knies triumphiert er. Dabei gingen ihm während der Fahrt ungewöhnliche Gedanken durch den Kopf.
Manchmal überrascht sich Marco Odermatt selbst. Als der Nidwaldner im Ziel von Cortina d’Ampezzo steht, blickt er ungläubig auf die Anzeigetafel, breitet die Arme aus, setzt die Hände auf den Helm, beugt sich nach vorn und verharrt sekundenlang in dieser Position, abgestützt auf seinen Skistöcken. Dann erst ballt er die Fäuste, schüttelt an den Stöcken.
Odermatt, dieses Jahrhunderttalent, wie er von Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann genannt wird, hat wieder einmal zugeschlagen. Der junge Mann hat mit seinen 25 Jahren schon viele schöne Siege erlebt, viele spezielle Augenblicke und Hühnerhautmomente. Doch was ihm in diesem Super-G glückt, ist selbst für seine Verhältnisse zumindest aussergewöhnlich.
Da wäre er jüngst in Kitzbühel fast in die Netze der gefürchteten Streif geflogen, konnte sich nur in extremis retten – aber eben nicht ohne Folgen. Nach der harten Landung humpelte Odermatt aus dem Zielraum, Prellungen und eine Meniskusquetschung im linken Knie zwangen ihn, die Hahnenkammabfahrt vom Samstag auszulassen und auch den Nacht-Riesenslalom von Schladming am Mittwoch. Es gab da durchaus valablen Schweizer Ersatz für den Gesamtweltcupsieger, der die Wertung erneut deutlich anführt. Loïc Meillard gewann vor Gino Caviezel, Odermatt winkte ihnen im Zielraum zu – im Ungewissen darüber, wann es klappen würde mit seiner Rückkehr.
In den Dolomiten ist das rot-weisse Team ganz glücklich, hat es seinen Leader auch auf der Skipiste wieder zurück. Odermatt siegt vor Aleksander Kilde und Mattia Casse und damit schon zum siebten Mal in diesem Winter.
Eigentlich nur eine Testfahrt
Dabei hatte er das Rennen in Cortina nur als einen weiteren Schritt hin zur WM gesehen, die am 6. Februar in Courchevel und Méribel beginnt, eine Annäherung quasi an die harten Pisten von Weltcup und Titelkämpfen mit lädiertem Knie. Nun hat er sich gleich bei seinem ersten Rennen nach der Minipause in die grösste Favoritenrolle gebracht. Ins Mikrofon von SRF sagt er: «Es ist einer der speziellsten Siege meiner Karriere. Ich bin einmal diese Woche in ein leichtes Tief gefallen und wusste nicht, ob es noch klappt mit diesem Rennen. Dass es dann so aufgeht, ist unglaublich.» Er müsse sich bei den Physiotherapeuten und Ärzten bedanken für diese Blitzrückkehr.
Die Fahrt habe sich nicht schnell angefühlt, «ich war weniger fokussiert als sonst, wahrscheinlich, weil ich nicht viel erwartet habe». Normalerweise finde er in den sogenannten Flow-Zustand, «diesmal gar nicht. Ich dachte während der Fahrt zwischenzeitlich sogar ans Knie, nahm einfach Kurve für Kurve. Im Ziel dachte ich, dass es eine gute Fahrt war fürs Vertrauen, aber sicher nicht schnell. Dass die Zeit dann grün leuchtete, kam schon überraschend.» Vor der ersten Kurve sei er gar leicht nervös gewesen, wie das Knie reagiere.
Auch im Ziel gab Odermatt ein ungewöhnliches Bild ab, als er auf dem Leaderthron sitzend das linke Bein hochlagerte. Am Sonntag muss es schliesslich im zweiten Super-G von Cortina noch einmal zu Höchstleistungen imstande sein.
Meillard noch schneller als Odermatt
In beneidenswerter Form befindet sich auch Loïc Meillard. Der Neuenburger ist als Sieger des Nacht-Riesenslaloms von Schladming in die Dolomiten gereist. Es war der erste Triumph für den 26-Jährigen im Weltcup – abgesehen von einem Parallelrennen, das in der Skiszene ein Nischendasein fristet. In diesem Winter messen sich die Athleten in dieser Disziplin nur an der WM.
Wozu der Mann, der ebenso im Slalom und damit in drei Disziplinen zur Weltspitze gehört, auch im Super-G fähig ist, beweist er in Cortina d’Ampezzo. Zumindest bis kurz vor dem Ziel. Meillard, der das Pech hat, mit der frühen Nummer 3 starten zu müssen, weshalb ihm wichtige Informationen fehlen, verpasst kurz nach der letzten Zwischenzeit ein Tor. Was diese noch anzeigte? 1:05,79. Oder: 12 Hundertstel schneller als Odermatt. Es bleibt Meillard zumindest die Erkenntnis, auch im Super-G nicht weit weg vom ersten Triumph zu sein.
Der Super-G vom Samstag ist das erste Weltcuprennen der Männer in Cortina d’Ampezzo seit 1990. Als die Veranstalter von Garmisch-Partenkirchen wegen Schneemangels früh absagten für dieses Wochenende, sprangen die Italiener ein. Die Piste Tofana ist für gewöhnlich das Gelände der Speedfahrerinnen. Eine Ausnahme gab es an der WM 2021, als der Super-G der Männer-Kombination hier ausgetragen wurde. Meillard holte Bronze – an diesem Samstag sind einzig die Erinnerungen positiv für ihn. Genau umgekehrt wie bei Odermatt, der an der WM vor allem Enttäuschungen erlebte mit den Rängen 11 im Super-G und 4 in der Abfahrt – und vor allem dem Ausfall im Riesenslalom. Wie anders seine Gemütslage doch zwei Jahre später an selber Stätte ist.
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