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30 Jahre nach Lettenräumung
Zürich wappnet sich mit Nasensprays gegen eine Fentanyl-Krise

Nahaufnahme eines Mannes, der auf dem Boden liegt und ein Nasenspray erhält.
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In Kürze:
  • Fachleute aus aller Welt interessieren sich für Zürichs Drogenpolitik.
  • Zürich plant derzeit präventive Massnahmen gegen den möglichen Fentanyl-Boom.
  • Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri betont die Bedeutung von Naloxon-Nasenspray.

Aus San Francisco, Oslo oder Kanada pilgern Fachpersonen nach Zürich, weil sie die hiesige Drogenpolitik kopieren möchten. Denn sie ist seit der Lettenräumung vor dreissig Jahren eine international bekannte Erfolgsgeschichte.

Und Rezepte gegen Drogenepidemien sind derzeit sehr gefragt. So fordert etwa der Missbrauch von Crack und synthetischen Opioiden wie Fentanyl viele Städte weltweit heraus. Vielleicht kann Zürich auch hier Pionierarbeit leisten? Jedenfalls bereitet sich die Stadt derzeit auf Hochtouren darauf vor. So sagt Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri: «Wir sind gewappnet, falls sich Fentanyl auch in Zürich ausbreiten sollte.»

Vier Stadträtinnen und Stadträte präsentieren am Mittwoch vor den Medien einen Massnahmenplan, der im Ernstfall zum Zug kommt. Dazu gehören etwa ein verstärktes Drug-Checking, präventive Informationskampagnen – und ein Wundermittel aus der Sprühflasche namens Naloxon.

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Tausend solcher Nasensprays hat die Stadt Zürich bestellt. «Naloxon dient zur schnellen Wiederbelebung bei einer Opioid-Überdosis», sagt Hauri. In Schulungen sollen Angehörige, Konsumierende und nicht medizinisches Personal lernen, wie man den Spray im Ernstfall anwenden müsse. Hierfür hofft der Stadtrat auf eine Gesetzesänderung.

Zwei Fälle in Zürich registriert

Besonders im Kontext synthetischer Opioide wie Fentanyl, das etwa fünfzigmal stärker als Heroin ist, gilt Naloxon als wichtiges Mittel zur Schadensminderung. Es blockiert die Wirkung von Opioiden im Gehirn und kann so einen Atemstillstand und Bewusstlosigkeit verhindern oder rückgängig machen. Das Mittel kann Todesfälle verhindern, gegen die Abhängigkeit richtet es allerdings nichts aus.

Doch warum bereitet sich die Stadt derart seriös auf den Ernstfall vor? Steht etwa ein Fentanyl-Boom vor der Tür? Nein, sagt Sozialvorsteher Raphael Golta. «Im Moment gibt es keine Fentanyl-Krise in Zürich, doch gemäss Fachpersonen kann sich eine Drogenkrise sehr schnell entwickeln.» Man soll die Voraussetzungen schaffen, um entsprechend reagieren zu können.

Zwei kleine Fläschchen mit Fentanyl in der Apotheke der University of Utah Hospital in Salt Lake City während der Opioidkrise in den USA, fotografiert am 1. Juni 2018.

In den letzten sechs Monaten habe die Stadt zwei Fälle von starken Opioiden registriert. Das nachgewiesene Fentanyl sei anderen Drogen beigemischt worden, doch man gehe derzeit von Einzelfällen aus, so Golta.

Suchtfreie Gesellschaft ist unrealistisch

Für den Stadtrat ist klar: «Einen zweiten Letten darf es nicht geben.» Um dies zu verhindern, stützt er sich auf das sogenannte 4-Säulen-Modell, das in den 1990er-Jahren entwickelt wurde und schweizweit als Grundlage der Drogenpolitik gilt. 

Es umfasst folgende Bereiche:

  • Prävention: frühe Aufklärung und Förderung der Resilienz, besonders in Schulen, Familien und Jugendarbeit, um riskanten Substanzkonsum zu verhindern.

  • Schadensminderung: Massnahmen wie Drogenkonsumräume, Drug-Checking, Sozialarbeit und gesundheitliche Versorgung, um die Risiken des Drogenkonsums zu reduzieren und Betroffene zu stabilisieren.

  • Therapie: Angebote wie Substitutionsprogramme, medizinische Behandlungen und psychotherapeutische Unterstützung helfen suchtkranken Menschen bei der Rehabilitation und Reintegration.

  • Zusammenarbeit: Polizei und Behörden arbeiten zusammen, um die Sicherheit im öffentlichen Raum zu gewährleisten. Gleichzeitig bleibt der Zugang zu Hilfsangeboten für suchtkranke Menschen erhalten.

Dreissig Jahre nach der Räumung der offenen Drogenszene am Letten habe sich dieses Modell bewährt, sagt Sozialvorsteher Golta. Man müsse die Situation der Menschen akzeptieren, «eine suchtfreie Gesellschaft gibt es nicht».