Klimaschonender FliegenWeniger als 3 von 100 Swiss-Passagieren wählen neuen Ökotarif
50 Franken Aufschlag für Klimaschutz? Das wollen nur wenige Kundinnen und Kunden bezahlen. Kurios ist dabei: Jene Schweizer Flugreisenden, die das teurere Ökokerosin wollen, können kaum mit ihm fliegen.
Wer über Pfingsten spontan einen Kurztrip plant oder gerade seine Sommerferien am Strand bucht, kann bei der Fluggesellschaft Swiss eine neue Buchungsklasse wählen: Seit Februar bietet die Lufthansa-Gruppe, zu der die Swiss gehört, für alle Europaflüge einen Green-Tarif an.
Die Mehrkosten in der Economy gegenüber dem Classic-Tarif betragen pro Flug rund 50 Franken, wie eine Abfrage verschiedener Europaflüge in den kommenden Wochen zeigt. Dafür erhalten die Passagiere gegenüber dem Vergleichstarif die Möglichkeit einer kostenlosen Umbuchung. (Lesen Sie zum Thema: Von wegen Flugscham – warum wir nach wie vor gern weit weg reisen)
Vor allem aber verspricht die Swiss, mit dem zusätzlichen Geld das Klima zu schützen: einerseits, indem sie weniger CO₂ in die Atmosphäre ausstosse. Und andererseits, indem sie jenes, das sie trotzdem produziere, in den Folgejahren komplett kompensiere.
CO₂-Emission 80 Prozent tiefer als bei Kerosin
Die Vermeidung von Emissionen geschieht zu einem Fünftel über einen neuen Treibstoff: Der Gast mit Green-Tarif finanziert mit, dass nicht bloss mit herkömmlichem Kerosin geflogen wird. Stattdessen kauft die Swiss sogenanntes Sustainable Aviation Fuel (deutsch: nachhaltiger Flugtreibstoff, kurz SAF) ein und mischt dieses der Tankfüllung bei.
Dieses wird aus Biomasse wie genutzten Speiseölen oder -fetten oder pflanzlichen Abfällen hergestellt, die zuvor CO₂ aus der Atmosphäre absorbiert und gespeichert haben. Darum liegen die Emissionen beim Verbrennen von SAF bis zu 80 Prozent unter jenen von Kerosin. Dass es nicht 100 Prozent sind, liegt daran, dass die Verarbeitung ebenfalls Emissionen verursacht. (Mehr zum Thema: Trotz steigender Preise – Flugschnäppchen gibt es weiterhin)
Den Rest des Ausstosses jener Flugreisenden, die den Ökotarif gebucht haben, kompensiert die Swiss mit verschiedenen Initiativen: So fördert sie im Kanton Solothurn ein Projekt für «klimaoptimierte Waldbewirtschaftung». In Nepal bringt sie Frauen dazu, zum Kochen statt auf Holz auf Biogas zu setzen, in Uganda sollen Haushalte ihr Trinkwasser mit moderneren Methoden als über dem Feuer reinigen: All das verringere die Abholzung, so das Versprechen.
Eine Minderheit bucht direkt bei der Swiss
Allerdings fliegt bislang erst eine kleine Minderheit der Passagiere mit dem neuen Tarif. «Insgesamt sind rund 3 von 100 Fluggästen gewillt, einen Klimaschutzbeitrag zu leisten», schreibt eine Sprecherin der Swiss. Die Zahlen für den Green-Tarif liegen noch tiefer, gehören doch zu den 3 Prozent auch Personen, die andernorts im Buchungsprozess freiwillig einzeln für SAF oder Klimaschutzprojekte einzahlen.
Zur Einordnung dieser Zahlen ist jedoch zu sagen, dass die meisten Buchungen über Portale und Reisebüros erfolgen, die den Green-Tarif gar nicht anbieten. Misst man dagegen nur jene Passagiere, die über die Swiss-Website buchen, wird bei jeder zehnten gebuchten Flugstrecke ein entsprechender Beitrag geleistet.
Die Herausforderung bei SAF besteht erstens darin, dass es im Moment noch knapp ist – und darum deutlich teurer als Kerosin. Fachpersonen erwarten, dass sich das in den nächsten Jahren ändert. Zweitens sind die Vermischung von SAF mit klassischem Kerosin und die Betankung eines Flugzeugs technisch zwar kein Problem, doch fehlt in der Schweiz die Lieferkette für den Ökotreibstoff.
«Zurzeit gibt es in der Schweiz keine Lieferanten, welche SAF anbieten, ebenfalls findet keine SAF-Produktion statt», erklärt die Swiss-Sprecherin. «Aus beiden Gründen betanken wir SAF daher in Wien und Frankfurt.»
In anderen Worten: Wer für einen Flug ab Zürich den Green-Tarif bucht, dessen Flugzeug stösst trotzdem die volle Ladung CO₂ aus. Dafür wird für einen anderen Flug der Swiss ab Wien oder Frankfurt entsprechend mehr SAF eingespritzt. Für das Klima spielt es schliesslich keine Rolle, wo auf der Welt Treibhausgase ausgestossen werden.
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