Nobelpreis für WirtschaftDrei US-Ökonomen für Wohlstandsforschung ausgezeichnet
Die drei Wissenschaftler untersuchen, warum manche Länder ihren Wohlstand vergrössern können und andere nicht. Die Preisrichter bezeichneten das Thema als eines der wichtigsten unserer Zeit.
Mit dem Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften werden in diesem Jahr drei Wohlstandsforscher ausgezeichnet. Die Ökonomen Daron Acemoglu, Simon Johnson und James A. Robinson hätten mit ihren Arbeiten die Bedeutung gesellschaftlicher Institutionen für den Wohlstand eines Landes aufgezeigt, teilte das Nobelkomitee der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm mit.
«Gesellschaften mit einer schwachen Rechtsstaatlichkeit und Institutionen, die die Bevölkerung ausbeuten, bringen kein Wachstum und keinen Wandel zum Besseren. Die Forschung der Preisträger hilft uns zu verstehen, warum das so ist», hiess es in der Erklärung des Komitees. Die Verringerung der enormen Einkommensunterschiede zwischen den Ländern sei eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit. Die Preisträger hätten gezeigt, wie wichtig gesellschaftliche Institutionen seien, um dies zu erreichen, sagte der Vorsitzende des Nobelkomitee, Jakob Svensson.
Alle drei ausgezeichneten Forscher sind in den USA aktiv. Der 57-jährige Acemoglu und der 61-jährige Johnson lehren am Massachusetts Institute of Technology (MIT), der 64-jährige Robinson ist Professor an der Universität von Chicago.
Im vergangenen Jahr war die US-Ökonomin Claudia Goldin für ihre Forschung zur Rolle von Frauen auf dem Arbeitsmarkt mit dem Wirtschaftsnobelpreis geehrt worden. Davor war die Auszeichnung mehrmals an zwei oder drei Preisträger zugleich gegangen.
Acemoglu: «Echter Schock und grossartige Nachricht»
Daron Acemoglu ist überrascht und begeistert, dass er in diesem Jahr zu den Wirtschaftsnobelpreisträgern zählt. «Das ist einfach ein echter Schock und eine grossartige Nachricht. Danke!», sagte er, als er zu der Preisbekanntgabe in der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm zugeschaltet wurde. «So etwas erwartet man nie», sagte er. «Es ist eine grosse Überraschung und Ehre.»
Häufig werden Preisträger in den USA wegen der Zeitverschiebung aus dem Schlaf gerissen, wenn ihnen die Nobel-Institutionen kurz vor der offiziellen Bekanntgabe telefonisch mitteilen, dass sie einen Nobelpreis erhalten. Acemoglu hatte in dieser Hinsicht Glück: Er befand sich nicht daheim in den USA, sondern in Griechenland. «Es ist ein wirklich guter Zufall, dass ich gerade in Athen bin. Es ist für mich also nicht 5.00 Uhr am Morgen», sagte er. Das habe es auch einfacher gemacht, die Nachricht von seinem Nobelpreis aufzunehmen.
Ökonomenstimmen zu Nobelpreisträgern für Wirtschaftswissenschaften
«Acemoglu, Johnson und Robinson argumentieren, dass der europäische Kolonialismus die Institutionen der ehemaligen Kolonien geprägt hat, was sich nachhaltig auf ihre wirtschaftlichen Ergebnisse ausgewirkt hat. Ihre Forschung zeigt, dass institutionelle Unterschiede und nicht die Geographie oder die Kolonialmächte die Hauptursachen für langfristige wirtschaftliche Ungleichheit sind. Zu den wichtigsten Erkenntnissen gehört die ‹Umkehrung des Schicksals›, bei der Regionen, die im Jahr 1500 reich waren, heute ärmer sind», erklärt Jan-Egbert Sturm, Direktor der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich.
Ökonom Hans Gersbach, der ebenfalls an der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich forscht, sagt: «Mit den Arbeiten von Acemoglu, Johnson, and Robinson wissen wir viel mehr, wann formale Regelwerke, deren Effektivität in der Durchsetzung und Normen den Wohlstand der Bevölkerung sichern und vermehren können. Das Paradebeispiel sind private Eigentumsrechte, welche alle Mitglieder einer Gesellschaft in Anspruch nehmen können und Anreize für Investitionen und Teilnahme in Märkten erzeugen.»
In den vergangenen Tagen waren bereits die Nobelpreisträger in den Preiskategorien Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden verkündet worden. Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht im Gegensatz zu diesen Auszeichnungen nicht auf das Testament des Dynamit-Erfinders Alfred Nobel (1833-1896) zurück, sondern wird seit Ende der 1960er Jahre von der schwedischen Zentralbank gestiftet.
Dennoch wird der Wirtschaftsnobelpreis ebenso wie die weiteren Preise an Nobels Todestag am 10. Dezember feierlich überreicht. Er ist auch mit demselben Preisgeld wie die anderen Auszeichnungen verbunden – in diesem Jahr sind das elf Millionen schwedische Kronen (knapp 910’000 Franken) pro Kategorie.
SDA/ij
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