Interview mit Nemo vor dem ESC«Ich erhalte pro Tag Hunderte Nachrichten, manchmal Tausende»
In drei Wochen gilt es für die Schweiz ernst beim Eurovision Song Contest. Nemo spricht über den derzeitigen Hype, Schlafmangel und die Chancen auf Platz 1.
Nemo, was stresst Sie gerade am meisten?
Ich bin grundsätzlich relaxt, obwohl viel läuft. Am Morgen wird es manchmal etwas stressig. Ich habe zurzeit deutlich weniger Schlaf als sonst, so fünf, sechs Stunden. Vor allem, weil ich abends mehr Zeit brauche zum Runterfahren. Dann schlafe ich morgens etwas länger – und stehe zu knapp auf, bevor ich schon wieder aus dem Haus muss.
Stichwort Runterfahren: Wie viele Nachrichten erhalten Sie auf Ihrem Handy an einem durchschnittlichen Tag?
Über alle Kanäle: mehrere Hundert, manchmal auch Tausende. Und es sind nicht nur Emojis, sondern herzliche, persönliche Nachrichten. Es ist ziemlich verrückt.
Kann man damit umgehen?
Es gibt Sachen, mit denen ich zu kämpfen habe. Es ist alles auf einen Schlag viel grösser geworden. Dadurch kommt sehr viel auf mich zu, darunter auch gehässige Kommentare. Das löst bei mir Traurigkeit und Unverständnis aus. Ich muss lernen, mich mehr zu distanzieren, in diesen Prozess bin ich jetzt kopfüber reingestürzt. Ich muss mich da neu einstellen.
Und wie distanzieren Sie sich konkret? Legen Sie abends das Handy weg?
Ich bin sicher besser darin geworden, nicht mehr alles zu lesen und alles mitbekommen zu wollen. Es fällt mir aber nicht leicht, gerade bei den vielen positiven Rückmeldungen. Wenn eine Person die Energie aufwendet, mir zu schreiben oder mich anzusprechen und zu sagen, mein Lied bedeute ihr viel, dann ist es mein Bedürfnis, diese Energie zu erwidern. Aber das geht irgendwann einfach nicht mehr. Ich kann nicht allen antworten.
Sie sind in den vergangenen Wochen in Madrid, Amsterdam und Stockholm aufgetreten. Gibts noch weitere Termine?
Jetzt bin ich vorerst mal in der Schweiz. Der nächste Stopp ist dann Malmö.
Wie weit sind Sie mit der Bühnenshow?
Wir sind fertig, wir sind bereit.
Können Sie etwas mehr verraten?
Nein, tut mir leid, das gibt es dann auf der Bühne zu sehen.
Sie sind mit deutlichem Vorsprung auf Platz eins bei den Wettquoten. Wie viel Druck machen Sie sich?
Schön wäre, wenn die Musikerinnen und Musiker auch einen Anteil an den Wetteinsätzen kriegen würden! (lacht) Im Moment ist das für mich vor allem eine Motivation. Kürzlich hat mir jemand am Bahnhof zugerufen: «Ich habe 50 Franken auf dich gewettet!» Es tut gut, zu sehen, wie viele Leute an den Song glauben. Druck ist sowieso da, wenn man beim ESC teilnimmt. Ich versuche eine gesunde Distanz zu wahren. Ich weiss, dass sich die Wettquoten noch ändern können bis zum Auftritt.
Aus welchem Land spüren Sie besonders viel Support? Wird die Schweiz genug Stimmen von den anderen Nationen erhalten?
Ich kenne die ESC-Politik zu wenig gut. Aber klar, die Schweiz hat keine grosse Diaspora, das kann ein Nachteil sein. Ich erhalte durchs Band viel Zuspruch. Von dort, wo der ESC gerade ein grosses Thema ist, kommt aber etwas mehr Feedback, aus den Niederlanden zum Beispiel, die selber zu den Favoriten gehören. Ich bin überzeugt, dass letztlich der Auftritt den Unterschied macht – berührt er die Menschen, dann gibt es auch Stimmen.
Wen sehen Sie als grösste Konkurrenz?
Für mich gibt es keine klare Tendenz, wie in anderen Jahren auch schon. Es ist ein offenes Rennen, es wird spannend.
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Zweifeln Sie manchmal am Song, an sich?
Ja, klar. Die Arbeit des Zweifelns gehört dazu. Grundsätzlich habe ich ein gutes Gefühl und bin sehr zufrieden, wo wir als Delegation stehen. Ich setze hier gemeinsam mit anderen eine Vision um, es ist Teamwork. Ich bin nicht allein, das hilft.
Sind Sie nervös vor Auftritten?
Ja. Und es nimmt mich wunder, wie es dann in Malmö sein wird. Steigt die Nervosität exponentiell? Bisher fühlte sich Nervosität immer gleich an für mich.
Wie steht es um Ihren Energiehaushalt?
Gut. Ich bin durchschnittlich bei 80 Prozent, ich kann noch hochfahren. Ich habe viel Freude an dem, was wir gemacht haben. Das überwiegt.
Was hat Sie am meisten überrascht seit der Bekanntgabe Ihrer Teilnahme?
Alles. Diese Dimensionen konnte ich nicht erahnen. Es sind viele kleine Dinge. Es fühlt sich an, als passiere jeden Tag etwas, das ich noch nie erlebt habe, das ich so nicht hätte vorhersehen können.
Schon eine Ahnung, wie es nach dem ESC weitergeht, egal ob Sieg oder nicht?
Ich schreibe zurzeit neue Lieder und habe wahnsinnig Lust darauf, Musik zu veröffentlichen und Konzerte zu spielen. Und ich vermisse meine Freundinnen und Freunde schon, ich freue mich auf den Sommer, einfach wieder in Berlin zu sein. Abseits vom Trubel.
Das Halbfinale mit Nemo wird am 9. Mai um 21 Uhr auf SRF zwei ausgestrahlt. Das Finale am 11. Mai zur selben Uhrzeit auf SRF 1. Im Sommer spielt Nemo bei mehreren Festivals in der Schweiz. Im November und Dezember folgt eine Club-Tour.
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