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Trump-Mitstreiter provoziert
«Soll Amerika die Briten von ihrer Regierung befreien?», fragt Elon Musk

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In Kürze:
  • Elon Musk fordert die Auflösung des britischen Parlaments durch König Charles.
  • Er beschuldigt Premierminister Keir Starmer der Mitschuld an kriminellen Vergehen.
  • Musk kritisiert schärfere Kontrollen von Social-Media-Plattformen durch die Starmer-Regierung.

Sichtlich nervös haben sich an diesem Montag Grossbritanniens Abgeordnete wieder in Westminster, im britischen Unterhaus, versammelt. Vor allem die regierende Labour Party findet sich zu Beginn des Jahres im Trommelfeuer wütender Attacken – nicht nur seitens der Opposition, sondern einer immer lauteren Stimme von jenseits des Atlantik, die jetzt fast täglich für Bestürzung und Empörung in London sorgt.

Elon Musk, der reichste Mann der Welt, prominenter Mitstreiter Donald Trumps und einflussreicher Eigner von X, hat sich regelrecht auf die Briten eingeschossen. Unter anderem hat Musk den Sturz ihres Premiers Sir Keir Starmer und rasche Neuwahlen im Vereinigten Königreich verlangt.

König Charles hat er aufgefordert, zu diesem Zweck unverzüglich das Parlament aufzulösen. Und eine Ministerin Starmers will er gleich mal hinter Gittern sehen. Starmer selbst, laut Musk «mitschuldig» an der Vergewaltigung nordenglischer Mädchen vor einigen Jahren, gehöre seinerseits auf die Anklagebank.

Aus der Haft entlassen werden soll stattdessen der Führer der britischen Rechtsextremisten, Tommy Robinson, der gegenwärtig in London eine Strafe für Missachtung der Gerichte verbüsst. Den Begründer der Englischen Verteidigungsliga betrachtet Musk als «politischen Gefangenen», als Vorkämpfer für freie Meinungsäusserung.

Während Robinson sich wegen seiner rassistischen und Anti-Islam-Kampagnen von der alten Twitter-Plattform verbannt sah, stellt ihm Musk seit der Übernahme Twitters und der Umbenennung in X bereitwillig sein globales Megafon zur Verfügung – und preist Robinsons Äusserungen ein ums andere Mal.

Was Musk kümmerte, waren strengere Social-Media-Kontrollen

Schon im Sommer letzten Jahres, während der Strassenkrawalle und Anti-Moslem-Ausschreitungen in englischen Städten, hatte Musk, ohne zu zögern, auf X Rechtsextremisten Falschmeldungen verbreiten lassen.

Aber das kümmerte Musk wenig. Was ihn kümmerte, waren Pläne der Starmer-Regierung für schärfere Kontrollen von Social-Media-Plattformen. Auf diese Pläne reagierte er mit der Klage, Starmer sei «ein antidemokratischer Tyrann». Dass Leute «bloss wegen freier Meinungsäusserung» im Gefängnis landeten, erinnere ihn an die Zeiten der alten Sowjetunion.

Später fand er, dass Starmers «tyrannischer Polizeistaat» vollkommen «stalinistische» Züge habe. Als er nicht zu einer Investment-Konferenz in London eingeladen wurde, erklärt er, er rate niemandem, im Vereinigten Königreich zu investieren, «wo sie verurteilte Kinderschänder aus der Haft entlassen, nur um Leute für ihre Mitteilungen in den sozialen Medien einlochen zu können».

Von der «Entlassung verurteilter Kinderschänder» aus der Haft konnte freilich keine Rede sein, als im Sommer Gefängnisplätze für Neuverurteilte gesucht wurden. Ebenso wenig störten Musk Fakten, als er Keir Starmer vorige Woche aus heiterem Himmel vorwarf, in seinem früheren Job als Direktor der englischen Staatsanwaltschaft «zugelassen» zu haben, «dass Gangs von Vergewaltigern junge Mädchen ungestraft missbrauchen durften». Starmer habe sich «der Vergewaltigung Britanniens mitschuldig» gemacht.

Der britische Premierminister Keir Starmer hält eine Rede zur Reduzierung der NHS-Wartezeiten bei einem Besuch eines Gesundheitsanbieters in Surrey am 6. Januar 2025.

Die Beschuldigung betraf die kriminellen Gangs, oft asiatischer Herkunft, die seinerzeit in Rotherham, Rochdale, Oldham und anderen nordenglischen Städten junge Mädchen jahrelang heimlich missbraucht hatten. Tatsächlich hatte Starmer unmittelbar nach Bekanntwerden jener Verbrechen nicht nur eine umfassende Strafverfolgung eingeleitet, sondern auch eine Verschärfung der diesbezüglichen polizeilichen und rechtlichen Massnahmen durchgesetzt.

Noch verblüffter waren viele Briten, als Musk eine der rührigsten Aktivistinnen für die Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Staatssekretärin Jess Phillips, als «Vergewaltigungs-Völkermord-Apologetin» und als «böse Hexe» beschimpfte, die letztlich nur Starmers Schuld vertuschen wolle. Das sei «eine wahrhaft schändliche Verleumdung», platzte Gesundheitsminister Wes Streeting der Kragen. Niemand habe so viel für die Sicherheit von Frauen in Grossbritannien getan wie Phillips.

Tory-Chefin reagierte im Sinne Musks

Bemerkenswerterweise nahm die Tory-Vorsitzende Kemi Badenoch die Musk-Attacke zum Anlass, ihrerseits gegen Phillips auszuteilen, statt sie gegen die üblen Anwürfe in Schutz zu nehmen. Das trug Badenoch den Vorwurf ein, «nach Musks Pfeife zu tanzen», gleich im neuen Jahr.

Am Montagmorgen beschuldigte Starmer die Konservativen, «Lügen und Desinformation zu verbreiten», statt sich für demokratische Werte und für «die Wahrheit» einzusetzen. Musk direkt zu kritisieren wagte der Premier zwar nicht. Starmer sucht, so weit er nur kann, alle Konfrontation mit Donald Trump zu vermeiden. Aber wer gemeint war bei seinen Bemerkungen, daran hatten seine Mitbürger wenig Zweifel in diesem Fall.

Noch hofft man im Regierungslager in London, dass die Angriffe enden, sobald Musk sein Amt in der neuen Trump-Administration antritt. Dass letztlich auch Trump und seinem Topteam an weniger angespannten Beziehungen zu Grossbritannien gelegen ist.

Auch Nigel Farage fiel nun in Musks Ungnade

Solange ihm niemand den Mund verbietet, sucht Elon Musk aber weiter, und auf immer unberechenbarere Weise, die britische Politik aufzumischen. Nigel Farage, den Chef der rechtspopulistischen Reform-Partei, brachte er am Sonntag völlig aus der Fassung, als er nach dessen Ablösung rief, weil Farage zum Führer der britischen Rechten «nicht das Zeug» habe.

Und am Montag, als Charles III. das Parlament noch immer nicht aufgelöst hatte, startete Musk eine Umfrage, zu der Starmer lieber «keinen Kommentar» abgeben wollte. Musks Frage an seine Vielmillionengemeinde lautete: «Soll Amerika das britische Volk von seiner tyrannischen Regierung befreien?»