Milliardär sucht VerbündeteMusk greift London an – warum nun Premier Starmer in Bedrängnis gerät
Der Tesla-Chef wirft dem Premier eine «Mitschuld» an bandenmässigen Vergewaltigungen vor – und lässt den Populisten Farage fallen.
- Elon Musk distanziert sich vom britischen Rechtspopulisten Nigel Farage.
- Zugleich setzt er seine Angriffe auf sozialdemokratisch geführte Regierungen in Europa fort.
- Dem britischen Premier Keir Starmer wirft er Versagen im Kampf gegen Kindesmissbrauch in Grossbritannien vor.
- Musk fordert den Rücktritt der Kinderschutzministerin.
So schnell kann man bei Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt, in Ungnade fallen: Wenige Wochen nach einem angeblich «grossartigen» Treffen in Florida hat sich US-Unternehmer Elon Musk gegen den britischen Rechtspopulisten Nigel Farage, Vorsitzender der Partei Reform UK, ausgesprochen.
Die Partei brauche einen neuen Chef, schrieb der Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump auf seiner Onlineplattform X, auf der er sich seit Monaten an der britischen Politik abarbeitet. «Farage hat nicht das, was es dazu braucht», findet Musk.
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Die Abkehr Musks kommt einerseits überraschend, war der Multimilliardär doch bereits als möglicher Grossspender von Farages Partei im Gespräch.
Andererseits mag Farage die politischen Positionen des Tycoons nicht eins zu eins übernehmen und spricht Differenzen an. Dabei dürfte er Musk bei dessen verbalen Angriffen gegen europäische Regierungen in die Quere gekommen sein: Griff der Tesla-Chef noch vor wenigen Wochen den deutschen Bundeskanzler frontal an, ist nun die britische Labour-Regierung von Keir Starmer das Ziel seiner Tiraden.
In welchem Punkt sind sich Musk und Farage uneins?
Letzte Woche hatte Musk die Freilassung des britischen rechtsradikalen Aktivisten Tommy Robinson gefordert. Darauf erklärte Farage, Robinson pflege das Narrativ, ein «politischer Häftling» zu sein, was aber «nicht ganz richtig» sei. Farage hat sich wiederholt positiv zu Ansichten von Musk geäussert, sich von denjenigen Robinsons allerdings klar distanziert.
Auch jetzt, da sich Musk von ihm abgewendet, hält Farage an seiner Position fest. «Nun, das ist eine Überraschung!», schrieb er zum jüngsten X-Beitrag des Multimilliardärs. «Elon ist eine beeindruckende Person, aber in diesem Punkt bin ich leider anderer Meinung.» Er sei der Ansicht, dass Robinson jedenfalls nicht der richtige Mann für die Partei wäre.
Ob die Differenzen bezüglich der Person Tommy Robinson ausschlaggebend für die Abkehr Musks waren, ist nicht gesichert, aber aufgrund der vorangegangenen Diskussion naheliegend.
Warum setzt sich Musk für Tommy Robinson ein?
Tommy Robinson, mit bürgerlichem Namen Stephen Yaxley-Lennon, ist einer der bekanntesten Rechtsextremisten Grossbritanniens. Der Islamkritiker wurde im Herbst wegen Missachtung des Gerichts zu 18 Monaten Haft verurteilt. Hintergrund war eine Verleumdungsklage aus dem Jahr 2021, nachdem er fälschlicherweise behauptet hatte, ein syrischer Junge sei ein Gewalttäter.
Robinson sieht sich selbst als Märtyrer der Meinungsfreiheit und wird in rechten Kreisen entsprechend gefeiert. Er nutzt Straftaten, die die Öffentlichkeit bewegen, um gegen Ausländer zu hetzen und zur Selbstjustiz aufzurufen – etwa im Zusammenhang mit den bandenmässigen Kindesmissbrauchsfällen in englischen Städten, die Grossbritannien bis heute beschäftigen. Zudem gilt Robinson als einer der Drahtzieher der rassistischen Krawalle des vergangenen Sommers.
Nigel Farage trat 2018 aus der Ukip-Partei, die er einst führte, zurück und begründete seinen Rücktritt unter anderem mit der «Besessenheit» von Ukip mit Robinson.
Elon Musk hingegen hat Anfang dieses Jahres seine Unterstützung für Robinson öffentlich gemacht: Der Tesla-Chef teilte auf X unter anderem den Post eines Robinson-Unterstützers und kommentierte ihn mit «Free Tommy».
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Was wirft Musk dem britischen Premier vor?
Musk unterstützt Robinson und setzt derweil seine Tiraden gegen den britischen Premier Starmer fort: Ihm warf er jüngst in einem Post vor, während seiner Zeit als Leiter der britischen Strafverfolgungsbehörde CPS nicht entschlossen genug gegen bandenmässige Vergewaltigungen vorgegangen zu sein. Starmer sei «mitschuldig an der Vergewaltigung Grossbritanniens» und müsse sich dafür verantworten.
Vor mehr als zehn Jahren war bekannt geworden, dass in Nordengland über Jahrzehnte hinweg mehr als 1500 Mädchen und junge Frauen vergewaltigt worden waren. In mehreren Gerichtsprozessen wurden Dutzende Männer vor allem aus muslimischen Ländern in Südasien verurteilt. Berichte legten später ein Versagen von Polizei und Sozialarbeitern offen. Diesen war es – aus Angst, rassistisch zu erscheinen – in vielen Fällen nicht gelungen, dem Missbrauch Einhalt zu gebieten.
Musk nimmt bei dem Thema nicht nur Starmer ins Visier – er fordert auch den Rücktritt der Staatssekretärin Jess Phillips, zuständig für Massnahmen gegen Frauen- und Mädchengewalt. Sie müsse «ins Gefängnis», so Musk, weil sie eine staatliche Untersuchung zu Missbrauchsfällen in Oldham abgelehnt habe.
Phillips entgegnete, dass die Prüfung auf lokaler Ebene durch die Stadt Oldham durchgeführt werden sollte – eine Position, die bereits 2022 von der damals konservativen Regierung unterstützt worden war. Das hält konservative Politiker in England aber nicht davon ab, jetzt ebenfalls eine nationale Untersuchung zu fordern.
Was sagt Starmer?
Keir Starmer reagierte am Montag scharf auf die Vorwürfe: Er habe das «absolut abscheuliche Verbrechen» damals als CPS-Leiter «direkt angegangen», wird der Premier von britischen Medien zitiert. Er beklagte die «Verbreitung von Lügen und Fehlinformationen», ohne Musk beim Namen zu nennen.
Als Generalstaatsanwalt führte Starmer einen Sonderermittler für Kindesmissbrauch und sexuelle Ausbeutung ein, um Verurteilungen gegen sogenannte Grooming-Gangs zu überwachen, wie die BBC berichtet.
Er hat laut BBC ausserdem die Richtlinien der Staatsanwaltschaft angepasst, um die Polizei dazu zu ermutigen, Verdächtige in komplexen Fällen von sexuellem Missbrauch aufzuspüren. Und schliesslich habe er eine Gerichtsreform umgesetzt mit dem Ziel, den Prozess für die Opfer weniger traumatisch zu gestalten.
Mit Material von DPA und AFP.
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