Fehlende SoldatenAufgerieben in einem halben Jahr? Britische Armee steht offenbar schlecht da
Nach der Meinung hochrangiger Politiker steht es um das Militär auf der Insel schlecht. Unterdessen behauptet Kremlchef Putin, es sei Russlands Recht, britische Militäranlagen anzugreifen.
- Die britische Armee wäre in einem Kriegsfall wohl rasch erschöpft.
- Grossbritannien hat derzeit 71’000 Berufssoldaten und will mehr Reservisten.
- Ausserdem sind laut Verteidigungsminister Healey mehr Mittel im Militärbereich geplant.
- Ein britischer Admiral sieht die Welt im dritten nuklearen Zeitalter.
Würde die britische Armee in einen Krieg wie den zwischen Russland und der Ukraine verwickelt, wäre sie mit Sicherheit binnen sechs bis zwölf Monaten am Ende, das hat in London jetzt der fürs Militärpersonal zuständige Staatssekretär für Verteidigung Alistair Carns verkündet. Carns, seines Zeichens Oberst a. D. der Royal Marines, glaubt nicht, dass es viel länger als ein halbes Jahr dauern würde, bis die Streitkräfte seines Landes «aufgerieben» wären bei einer derartigen militärischen Konfrontation.
Die Labour-Regierung hat in diesem Zusammenhang die im Juli abgelösten britischen Konservativen erneut beschuldigt, in den vergangenen 14 Jahren den Umfang der Truppen des Vereinigten Königreichs stetig reduziert zu haben. Inzwischen verfügt Grossbritannien gerade noch über 71’000 ausgebildete Berufssoldaten – weniger denn je seit der Ära Napoleons.
Mehr Geld fürs britische Militär – nur wann?
Nach der Ansicht von Carns muss London nun vor allem versuchen, die Zahl der freiwilligen Reservisten von gegenwärtig 26’000 zu erhöhen. In diesem Bereich müsse man gegenüber den Verbündeten dringend aufholen, fügte der Staatssekretär hinzu.
Verteidigungsminister John Healey hat unterdessen generell mehr Gelder im Militärbereich in Aussicht gestellt. Healey will sich aber nicht auf eine Zeitspanne festlegen, in der der Anteil der britischen Verteidigungsausgaben am Nationalprodukt von derzeit 2,3 Prozent auf die bereits versprochenen 2,5 Prozent gesteigert werden soll.
Zugleich hat diese Woche der Stabschef der britischen Streitkräfte, Admiral Sir Tony Radakin, erklärt, die Welt sei nun offenbar «ins dritte nukleare Zeitalter eingetreten». Das erste sei der Kalte Krieg gewesen und das zweite die Periode der Abrüstungsbemühungen in den Jahren danach.
Zwar sei äusserst unwahrscheinlich, dass Russland «einen direkten grösseren Angriff» auf Grossbritannien oder gar «eine Invasion» der Insel wagen würde, meinte Radakin. Wegen der grösseren Zahl an Atommächten und dem «fast totalen Fehlen der früheren Sicherheitsarchitektur» auf der internationalen Bühne sei die Lage aber prekärer denn je. Russlands «wilde Drohungen mit taktischen Atomwaffen», Chinas atomare Aufrüstung, Irans Weigerung, eine nukleare Vereinbarung zu treffen, und Nordkoreas «Unberechenbarkeit» bildeten enorme neue Gefahren für die westliche Welt.
Putin sprach vom «guten Recht» Russlands, nun anzugreifen
Verstärkt hat die Nervosität auf den Britischen Inseln die jüngste Drohung Russlands gegenüber London. Nachdem Premier Keir Starmer der ukrainischen Regierung im November erstmals grünes Licht gegeben hatte für den Einsatz britischer Storm-Shadows-Marschflugkörper gegen Ziele auf russischem Territorium, erklärte Moskau, nun seien die Briten «voll am Krieg beteiligt».
Kremlchef Wladimir Putin hatte es daher als sein «gutes Recht» bezeichnet, von nun an gegen britische ebenso wie gegen US-amerikanische Militäranlagen vorzugehen. Er hatte ausserdem gespottet, westliche Luftabwehrsysteme wären ja gar nicht in der Lage, russische Raketen in einem solchen Fall zu stoppen.
In der Folge wurde in der Umgebung des Royal-Air-Force-Stützpunkts Lakenheath nahe Cambridge eine Reihe von Drohnen gesichtet, deren Herkunft unbekannt blieb. In Lakenheath ist die grösste Zahl modernster amerikanischer Fighter-Jets im europäischen Raum stationiert. Dort sollen jetzt erstmals seit 15 Jahren auch wieder US-Atomwaffen gelagert sein.
Als Berichte über die Anlieferung dieser Bomben zu Beginn des Jahres erstmals die Runde machten, schlug die britische Anti-Atomwaffen-Organisation CND (Campaign for Nuclear Disarmament) Alarm: «Nun rücken wir alle hier erneut in die Frontlinie eines Atomkriegs.» Der damalige Tory-Verteidigungsminister Grant Shapps bekundete, die Nachkriegszeit sei nun endgültig vorüber. Grossbritannien befinde sich «in einer neuen Vorkriegswelt».
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