Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Über 100 Millionen Franken Verlust
Migros klagt gegen die Finma wegen CS-Übernahme

16 Milliarden Franken gingen fast vergessen: CS-Präsident Axel Lehmann (links), UBS-Präsident Colm Kelleher und Finanzministerin Karin Keller-Sutter am 19. März in Bern.

Als am 19. März Finanzministerin Karin Keller-Sutter die Fusion der Credit Suisse und der UBS mit Notrecht bekannt gab, blieb weitgehend unbeachtet, dass gleichzeitig viele Obligationäre ihr Geld verloren. Die Schweizer Finanzaufsicht (Finma) hat die Credit Suisse unter Berufung auf das Notrecht angewiesen, einen Teil der CS-Obligationen, die sogenannten Additional-Tier-1-Anleihen (AT1), abzuschreiben. Total ging es um 16 Milliarden Franken, allein die Migros-Pensionskasse verlor dabei auf einen Schlag 100 Millionen Franken.

Berufung gegen die Finma-Anordnung

Das wollen sich die Betroffenen nicht gefallen lassen, und darum hat am 18. April 2023 die Migros, zusammen mit einer Gruppe von Schweizer und internationalen Investoren, die gemeinsam über 4,5 Milliarden Franken der AT1-Obligationen halten, beim Bundesverwaltungsgericht Berufung gegen die Anordnung der Finma eingelegt. Die Anordnung sei nicht rechtmässig gewesen.

Vertreten werden die Kläger von der angeblich weltweit grössten Wirtschaftskanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan, die für diesen Fall ein Team von Anwälten aus der Schweiz, den USA und Grossbritannien zusammengestellt hat. Der Eingriff der Finma in die Eigentumsrechte der Beschwerdeführerinnen war laut Quinn Emanuel unrechtmässig, weil er gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen habe. Er komme einer Enteignung gleich und müsse darum entschädigt werden. 

Berufung auf das Kleingedruckte

Die Finma berief sich bei ihrer Anweisung auf das Notrecht und auf Anleihenbedingungen, die den Abschreiber im Kleingedruckten unter bestimmten Bedingungen vorsehen (siehe Kasten). Dies etwa dann, wenn ein Konkurs droht oder ein Staatseingriff nötig wird. Zudem habe die teilweise sehr hohe Verzinsung der Anleihen von bis zu 10 Prozent auf die Risiken hingewiesen.

Die beschwerdeführenden AT1-Obligationäre behaupten aber, dass die Abschreibung der Anleihen gar nie erforderlich gewesen sei, da die Credit Suisse jederzeit die regulatorischen Kapitalanforderungen erfüllt habe. Das bestätigte die Finma selbst noch am 15. März explizit. Keller-Sutter und andere Politiker sagten später mehrmals, die CS sei stets solvent gewesen. 

Zudem wären aus Sicht der Gläubiger mildere Alternativen zur Verfügung gestanden, namentlich die Aussetzung von Zinszahlungen. Dies hätte der eigentlich zwingenden Befristung von Notrecht entsprochen. Ebenso hätte eine bloss teilweise Abschreibung geprüft werden können.

Fehlende Rechtssicherheit

Der Schweiz-Chef von Quinn Emanuel, Thomas Werlen, sagt: «Die Entscheidung der Finma untergräbt das internationale Vertrauen in die Rechtssicherheit und die Zuverlässigkeit des Schweizer Finanzplatzes. Wir sind entschlossen, diese Entscheidung zu korrigieren. Das liegt nicht nur im Interesse unserer Kunden, sondern würde auch die Position der Schweiz im globalen Finanzsystem stärken.»

Richard East, Senior Partner von Quinn Emanuel in London, droht bereits mit weiteren rechtlichen Schritten: «Die Einreichung am Dienstag war der erste Schritt in einer Reihe von Massnahmen, die wir ergreifen werden, um Wiedergutmachung für unsere Kunden zu suchen, denen unrechtmässig ihre Eigentumsrechte entzogen wurden.»

Um sicherzustellen, dass öffentlicher Druck entsteht, hat Quinn Emanuel für die Öffentlichkeitsarbeit Ex-Botschafter Thomas Borer engagiert. Die Klage ist zudem nicht die einzige, die in diesem Zusammenhang eingereicht wurde. In der Schweiz sind seit Kurzem noch mindestens drei weitere hängig und auch in Singapur klagten asiatische Gläubiger der CS. Sie berufen sich auf das Investitionsschutzabkommen zwischen der Schweiz und Singapur, das im Falle von Enteignungen eine Entschädigung garantiert. Beim Bund heisst es, man sei auf die Klagen vorbereitet.