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Detailhändler macht Politik
Migros sagt Ja zu Albert Röstis Autobahnausbau – was dahintersteckt

Lastwagen und Motorfahrzeuge beim Portal des A4 Faesenstaubtunnels, aufgenommen am Montag, 16. September 2024 in Schaffhausen. (KEYSTONE/Michael Buholzer)
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In Kürze:
  • Albert Rösti wirbt im «Migros-Magazin» für den Ausbau von Autobahn­abschnitten.
  • Die Migros unterstützt die Vorlage.
  • Politische Stellungnahmen gibt es vom Detailhandelsunternehmen regelmässig.
  • Lidl und Aldi äussern sich nicht direkt zur aktuellen Abstimmung.

Albert Rösti auf der Baustelle im Gubristtunnel, in leuchtorangem Anzug, Helm und Gummistiefeln: In dieser speziellen Aufmachung präsentiert sich der Verkehrsminister in der neuen Ausgabe des «Migros-Magazins». Im Interview mit Migros-Kommunikationschef Christian Dorer, dem ehemaligen Chefredaktor der «Blick»-Gruppe, wirbt Rösti für ein Ja zum geplanten Ausbau von sechs Autobahnabschnitten.

Position bezieht nicht nur Rösti, sondern auch die Migros selber. Um ihren Versorgungsauftrag erfüllen zu können, sei sie auf eine «leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur» angewiesen, schreibt die Migros in einer Box zum Interview. Darum sage sie Ja zur Vorlage. Gleichzeitig macht sie klar, dass sie unabhängig vom Ausgang der Abstimmung vom 24. November ihr Engagement für den Warentransport auf der Schiene weiter forcieren werde.

Das Ja zum Autobahnausbau ist nur das jüngste Beispiel in einer langen Reihe politischer Stellungnahmen. Seit je ist die Migros mit einem Lobbyisten im Bundeshaus vertreten, um ihre Interessen im politischen Tagesbetrieb einzubringen.

Markus Neukom, Leiter der Direktion Wirtschaftspolitik im Migros-Genossenschafts-Bund (MGB), versendet fast im Monatsrhythmus das «Infomail MGB» an Politiker, Journalisten und andere interessierte Kreise. Er kommentiert darin Kommissionsentscheide, parlamentarische Beratungen und Vorstösse, welche die Interessen der Migros tangieren.

Migros positionierte sich bereits bei vergangenen Abstimmungen

Im «Migros-Magazin» veröffentlicht der Detailhändler regelmässig Stellungnahmen zu eidgenössischen Volksabstimmungen. Zuletzt unterstützte die Migros das Stromgesetz, das am 9. Juni zur Abstimmung kam.

Im vergangenen Jahr griff gar die Präsidentin des MGB persönlich in die Tasten. «Ich ermutige alle, am 18. Juni ihren Beitrag zu leisten und dem Klimaschutzgesetz zuzustimmen», schrieb Ursula Nold im Editorial des Magazins unter dem Titel «Noch ist es nicht zu spät».

Mario Irminger, Praesident der Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes, links, und Ursula Nold, Verwaltungsratspraesidentin Migros-Genossenschafts-Bund, 2. rechts, sprechen mit Guido Rast, Praesident des Verwaltungsrats Migros Supermarkt AG, rechts, und einem Mitarbeiter der Migros Limmatlatz, vor einer Medienkonferenz zu Neuerungen in den Migros-Supermaerkten, am Montag, 28. Oktober 2024 in Zuerich. (KEYSTONE/Michael Buholzer)

Im Jahr 2021 legte sich die Migros gleich bei drei Abstimmungen ins Zeug. Es sei eine moralische Verpflichtung, sich für das neue CO₂-Gesetz einzusetzen, erklärte der damalige MGB-Chef Fabrice Zumbrunnen im «Migros-Magazin». Gleichzeitig warb die Migros für ein Nein zur Initiative für sauberes Trinkwasser und zur Pestizidinitiative.

2018 stellte sie sich gegen die Fairfood-Initiative, 2017 unterstützte sie die Rentenreform, 2016 wandte sie sich gegen die Initiative «Grüne Wirtschaft» und die Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!».

2014 empfahl sie den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern ein Nein zur Initiative der Gastro Suisse «Schluss mit der Mehrwertsteuer-Diskriminierung des Gastgewerbes». Ganz besonders ins Zeug legte sie sich 2008 für die Zulassung von Parallelimporten.

Die Verquickung von Kommerz und Politik ist keine Besonderheit der Migros, Lobbying von Unternehmen ist Alltag in allen Hauptstädten der Welt. Aber bei der Migros gehört politische Einmischung geradezu zur DNA.

Der Gründer Gottlieb Duttweiler war nicht nur Händler, sondern auch Journalist und Politiker. Er gründete eine Partei – den Landesring der Unabhängigen – und sass im National- und später im Ständerat. Er war ein Populist, bevor der Begriff erfunden wurde. Als das Parlament einen seiner Vorstösse verschleppte, warf er mit Steinen eine Scheibe im Bundeshaus ein.

Andere Händler wie Coop verstecken sich hinter den Verbänden

Verschiedene Medien berichteten in den letzten Tagen über die Stellungnahme der Migros und gaben sich erstaunt. Ob der Aufregung darüber geht vergessen, dass Detailhändler in der Schweiz traditionell nicht nur Zuschauer im Politbetrieb sind. Karl Schweri, der Gründer des Discounters Denner, lancierte zwischen 1968 und 2001 sechs Volksinitiativen gegen Preiskartelle und Monopole sowie vier Referenden. Die Initiativen scheiterten oder wurden zurückgezogen, die Referenden waren erfolgreich.

Unter den grossen Detailhändlern exponiert sich heute jedoch keiner so sehr wie die Migros. Coop etwa nimmt direkt keine Stellung zur Abstimmungsvorlage. «Zu politischen Themen, die uns betreffen, äussern wir uns im Rahmen der IG Detailhandel.» Der Interessenverband, dem neben Coop die Migros und Denner angehören, unterstützt den geplanten Ausbau der Autobahnen. Die Unternehmen der IG Detailhandel seien auf eine funktionierende und leistungsfähige Schienen- und Strasseninfrastruktur angewiesen, sagt Geschäftsführerin Maja Freiermuth: «Wir stehen der Vorlage positiv gegenüber, da der Nationalstrassenausbau den Verkehrsfluss verbessert und den Ausweichverkehr reduziert.»

Auch Lidl und Aldi halten sich zurück. «Obwohl wir uns für gesellschaftliche Entwicklungen interessieren und uns punktuell auch politisch äussern, haben wir zur entsprechenden Abstimmungsvorlage keine Position», schreibt Lidl. Und bei Aldi heisst es: «Wir äussern uns grundsätzlich nicht zu politischen Anliegen.»

Eine klare Haltung hat dagegen die Swiss Retail Federation, der Verband der Detailhandelsunternehmen, dem Aldi und Lidl angehören. Und auch hier ist die Botschaft klar: Ja zum Autobahnausbau. Direktorin Dagmar Jenni sagt: «Wir unterstützen die Vorlage, die unseres Erachtens vorderhand alternativlos ist, wenn man den Verkehr mittelfristig auffangen möchte.»