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Auto fahren, heizen und fliegen
Was Sie über das neue CO₂-Gesetz wissen sollten

Ein Stau auf der Autobahn A1 vor Wallisellen in Richtung Zuerich, aufgenommen waehrend des Abendverkehrs am Dienstag, 6. Februar 2024 in Wallisellen. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Es war ein knapper Entscheid: Mit 52 Prozent lehnte das Stimmvolk im Sommer 2021 die erste Version des revidierten CO₂-Gesetzes ab. Die SVP hatte das Referendum ergriffen, weil die Massnahmen das Autofahren, Fliegen und Heizen verteuert hätten.

Ein halbes Jahr später legte die damalige Umweltministerin Simonetta Sommaruga eine neue Version vor. Diesmal setzte der Bundesrat auf Anreize, um den Ausstoss von Treibhausgasen zu senken.

2023 sprach sich das Stimmvolk grundsätzlich dafür aus, die Emissionen zu senken: Es hiess das Klimaschutzgesetz gut, das vor allem Ziele festlegt. Die Massnahmen im CO₂-Gesetz blieben dagegen umstritten: National- und Ständerat rangen lange um die einzelnen Bestimmungen. Am Donnerstag haben sie sich nun geeinigt. Obwohl die linken Parteien mit dem Resultat unzufrieden sind, dürfte das Gesetz in der Schlussabstimmung vom Freitag eine Mehrheit finden.

Was ist das Ziel des revidierten CO₂-Gesetzes?

Die Schweiz hat sich international dazu verpflichtet, den CO₂-Ausstoss bis 2050 auf netto null zu senken. Dazu hat auch das Stimmvolk Ja gesagt. Das CO₂-Gesetz enthält Etappenziele und Massnahmen. Bis 2030 soll die Schweiz die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 halbieren.

Wie stark senkt die Schweiz die CO₂-Emissionen im Inland?

Das gehörte zu den umstrittensten Fragen im Parlament. Der Nationalrat wollte ins Gesetz schreiben, dass mindestens 75 Prozent der Reduktion im Inland erfolgen. Als Kompromiss schlug er später 70 Prozent vor. Doch der Ständerat war gegen eine gesetzliche Quote – und hat sich am Ende durchgesetzt. Nun soll der Bundesrat über den Inlandanteil entscheiden. SVP-Umweltminister Albert Rösti kündigte an, er werde eine Quote von 66 Prozent beantragen. Das sei mit den beschlossenen Massnahmen realistisch. Die restliche Reduktion soll durch die Finanzierung von Klimaprojekten im Ausland erfolgen.

Warum ist die Kompensation im Ausland umstritten?

Die Befürworter argumentieren, es spiele keine Rolle, ob die Treibhausgase in der Schweiz oder im Ausland gesenkt würden. Im Ausland könnten gute Projekte zu tieferen Kosten umgesetzt werden. Die Gegner weisen auf Studien hin, die den Nutzen von manchen Projekten infrage stellen. Sie sprechen von «Ablasshandel». Irgendwann werde es keine billigen Projekte im Ausland mehr geben, warnen sie. Ausserdem verliere die Schweiz bei neuen Technologien den Anschluss, wenn sie weiterhin stark auf Projekte im Ausland setze.

Welches sind die wichtigsten Massnahmen im Inland?

Im Wesentlichen bewirkt die Gesetzesrevision, dass bisherige Massnahmen nach 2025 weitergeführt werden können. Dazu zählen das Programm von Bund und Kantonen zur Gebäudesanierung, die Förderung erneuerbarer Energien sowie Vorgaben für Autoimporteure.

Werden Heizen und Autofahren nun teurer?

Nein. Die CO₂-Abgabe auf Heizöl bleibt bei 120 Franken pro Tonne CO₂. Das Parlament will aber die Einnahmen aus der Abgabe anders verwenden: Bis zu ein Drittel soll in die Programme zur Gebäudesanierung, zur Förderung von erneuerbaren Energien und von Technologien zur Verminderung von Treibhausgasen fliessen. Der Bundesrat wollte in der ersten Etappe bis 2030 bis zu 49 Prozent der Mittel dafür einsetzen, damit fossile Heizungen rasch ersetzt werden können. Das lehnte das Parlament aber ab. Auf Treibstoffen gibt es weiterhin keine Abgabe. Eine Massnahme, die das Benzin leicht verteuert hätte, hat das Parlament gestrichen.

Wird das Fliegen teurer?

Nein. Zur Diskussion stand im Parlament eine Abgabe für Flüge mit Business- und Privatjets. Dafür fand sich keine Mehrheit. Wer fliegt, soll aber erfahren, wie viele Emissionen er oder sie damit verursacht: Auf Flugtickets sollen künftig die Emissionen für den jeweiligen Flug vermerkt werden. Das Parlament hat zudem beschlossen, dass dem Kerosin, das in der Schweiz getankt wird, erneuerbare Treibstoffe beigemischt werden müssen – wie in der EU.

Was ist im Strassenverkehr geplant?

Autoimporteure müssen mehr umweltfreundlichere Modelle anbieten: Die Ziele werden weiterhin verschärft, in Anlehnung an die EU. Ab 2030 dürfen neue Personenwagen höchstens 49,5 Gramm CO₂ pro Kilometer ausstossen, neue Lieferwagen und leichte Sattelschlepper noch maximal 90,6 Gramm. Jährliche Zwischenziele hat das Parlament abgelehnt. Die Importeure fossiler Treibstoffe müssen weiterhin einen bestimmten Prozentsatz der CO₂-Emissionen aus dem Verkehr kompensieren. Der Bundesrat wollte ausserdem Elektroautos fördern – mit Geldern für Ladestationen in Mehrparteienhäusern und Betrieben. Dafür wollte er jährlich bis zu 30 Millionen Franken aus der Mineralölsteuer einsetzen. Doch im Parlament setzte sich der Ständerat durch, der diese Massnahme ablehnte.

Gibt es künftig mehr Nachtzüge?

Das Parlament will das internationale Zugangebot verbessern, vor allem bei den Nachtzügen. Dafür stehen jährlich 30 Millionen Franken bereit. Zudem unterstützt der Bund die Umstellung von Bussen und Schiffen auf Elektro- oder Wasserstoffantrieb. Zu diesem Zweck wird ein Fehlanreiz beseitigt, der mit der Rückerstattung der Mineralölsteuer für konzessionierte Verkehrsbetriebe besteht. Für Ortsbusse soll die Rückerstattung ab Anfang 2026 wegfallen, auf dem Land ab 2030 – es sei denn, es sei aus topografischen Gründen eine Ausnahme nötig.

Was bedeuten die Entscheide für Unternehmen?

Der Emissionshandel soll parallel zu den Regeln in der EU weiterentwickelt werden. Künftig können sich alle Unternehmen von der CO₂-Abgabe befreien lassen, wenn sie eine Verpflichtung zur Verminderung ihres CO₂-Ausstosses eingehen. Heute ist das nur in bestimmten Branchen möglich. Die Verpflichtungen sind bis 2040 befristet. Neu stehen auch zusätzliche Mittel für die Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung. Die Finanzmarktaufsicht und die Nationalbank müssen regelmässig Bericht erstatten über die Prüfung von klimabedingten finanziellen Risiken und allfällige Massnahmen.

Was sagen Umweltverbände zum Resultat?

Sie sind unzufrieden. Der WWF schreibt, das Parlament habe das CO₂-Gesetz noch einmal abgeschwächt und lege die Schweizer Klimapolitik damit «auf schmelzendes Eis». Das Gesetz sei derart schwach ausgestaltet, dass die Schweiz in den kommenden Jahren viele Zertifikate im Ausland kaufen müsse, um die hohen Schweizer Emissionen zu kompensieren. Im Inland könne sie das Ziel mit den beschlossenen Massnahmen nicht erreichen, denn die Emissionen dürften bis 2030 um lediglich 30 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden können. Auch Klimaforscher Reto Knutti sagt, mit den Beschlüssen des Parlaments sei die Schweiz beim Klimaschutz nicht auf Kurs.