Spionage-Affäre um Maximilian KrahDer Dandy, der selbst der AfD zu gefährlich ist
Er reiht Eklat an Eklat, macht die AfD zu einer «Partei von Landesverrätern» und wird jetzt im Wahlkampf versteckt. Wer ist der Mann, den sie «Schampus-Max» nennen?
Ausgerechnet! Als Maximilian Krah im vergangenen Sommer die AfD mit einer Rede begeisterte und zum Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl gewählt wurde, rauften sich Leute, die ihn etwas besser kannten, schon die Haare. Ausgerechnet Krah! Der Mann sei für die Partei ein Risiko, wurde geraunt, eine tickende Zeitbombe – niemand könne wissen, was noch alles zum Vorschein komme.
Die angesagte Katastrophe ist mittlerweile eingetroffen. Kürzlich wurde ein Deutsch-Chinese, der für Krah im EU-Parlament arbeitete, wegen Verdachts auf Spionage in einem «besonders schweren Fall» verhaftet. Jian G. soll geheime Unterlagen an China weitergegeben und Oppositionelle im Exil ausgespäht haben. Dass der Mann ein Spion war, vermutete der deutsche Verfassungsschutz seit Jahren. Seit mehr als einem Jahr schrieben Medien über den Verdacht. Nur Krah wollte davon partout nichts wissen.
Der Skandal schlug selbst für AfD-Verhältnisse hohe Wellen: Medien in ganz Europa nannten die deutschen Superpatrioten nun eine Partei von «Landesverrätern». Da die AfD Krah als Spitzenkandidaten für die Europa-Wahl nicht mehr auswechseln konnte, beschloss sie, ihn im Wahlkampf wenigstens so gut wie möglich zu verstecken: Der Auftakt fand ohne ihn statt, es gibt von ihm kein offizielles Video und auch kein Plakat mehr. Nur Krah selbst sagt unbeirrt: «Ich bin und bleibe Spitzenkandidat.»
Der AfD-Mann wurde zweimal suspendiert
Seit sein Name in aller Munde ist, kommen alte Geschichten wieder ans Tageslicht. Etwa, dass Krah von seiner eigenen Fraktion im EU-Parlament, der neben der AfD die FPÖ und Marine Le Pens Partei angehören, im letzten und vorletzten Jahr zweimal mehrere Monate lang suspendiert wurde. Einmal hatte er im Wahlkampf den Rechtsextremisten Éric Zemmour unterstützt statt Le Pen, ein andermal stand er unter Verdacht, eine Ausschreibung manipuliert zu haben.
Krahs AfD-Kollegen in Brüssel schrieben darauf einen Warnbrief an die Parteispitze in Berlin: Politiker mit Krahs «Persönlichkeitsstruktur» seien «ungeeignet, irgendein politisches Amt zu bekleiden». Als Krah dennoch Spitzenkandidat wurde, nannte Nicolaus Fest, Chef der AfD im EU-Parlament, den Entscheid ein «Zeichen politischer Debilität».
Seit langem bekannt ist, dass der in der DDR aufgewachsene und in Dresden lebende Krah ein Faible für autoritäre Regimes hat, insbesondere für Russland und China. Medien wie «Global Times» oder «Russia Today» gab er gerne Interviews – und klang dabei stets genau wie die Pekinger oder Moskauer Propaganda: China lobte er für dessen Unterdrückungspolitik in Tibet und Xinjiang, Russland dafür, dass es den Amerikanern die Stirn biete.
Beide Länder bereiste Krah häufig. Er suchte dabei die Nähe von Oligarchen, Staatskonzernen und KP-Leuten, liess sich auch immer wieder bezahlen: in China, geführt von Jian G., etwa vom Kommunikationsriesen Huawei. Zurück in Deutschland, versuchte er, seine Partei davon zu überzeugen, dass Huawei-Produkte auch in der kritischen Infrastruktur keinerlei Sicherheitsrisiken mit sich brächten.
In New York wurde Krah vom FBI befragt
Besondere Nähe pflegte Krah zum ukrainisch-russischen Oligarchen Wiktor Medwetschuk. Dessen Putin-Propaganda-Sender Voice of Europe in Prag gab er mehrere Interviews, Parteikollege Petr Bystron – Nummer 2 auf der Europa-Wahlliste – soll dafür laut tschechischem Geheimdienst mindestens 20’000 Euro in bar erhalten haben. Auch Krah wird verdächtigt, verdeckt Geld angenommen zu haben. Anders als bei Bystron scheint es dafür aber keine Belege zu geben.
Bei einer Reise nach New York, wo Krah eine Veranstaltung mit Donald Trump besuchte, wurde er vom FBI zu einer Chatnachricht befragt, die ihm Oleg Woloschin geschickt hatte, ein anderer Bekannter aus Medwetschuks Netzwerk. Darin sprach Woloschin von regelmässigen «Kompensationen» zugunsten von Krah, die nun wieder aufgenommen werden sollten. Als das FBI Krah durchsuchte, hatte er Tausende von Euro dabei. Er habe die Kreditkarte vergessen und sich mit Bargeld helfen müssen, rechtfertigte er sich.
Warum Krah auf China und Russland hofft
Unstrittig ist, dass Krah Russland und China ideologisch nahesteht. Aus seiner Sicht sind deren totalitäre Regimes Bollwerke gegen den woken und degenerierten Westen, wie er etwa in seinem Buch «Politik von rechts» ausführt. Ihre Stärke bestehe darin, dass sie die Autorität von Mann, Familie, Führer, Volk und Nation noch hochhielten.
«Das Europa, das uns vorschwebt», sagte Krah in einem Gespräch, «das sind die Germanen, die Romanen und die Slawen, die nicht von Konstantinopel aus christianisiert wurden.» Einwanderung dagegen schwäche die Völker, die Globalisierung ebenso – US-Investor George Soros dient als Feindbild der heimatlosen Globalisten. Dass Soros Jude ist, ist natürlich reiner Zufall.
Selbst in der AfD gilt Krah als eine der radikalsten Figuren aus der ersten Reihe. Besonders nah steht er Björn Höcke und dessen Mentor Götz Kubitschek. Beide werden vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem beobachtet. Auch Krah kommt in den Berichten des Inlandgeheimdienstes häufig namentlich vor, als Vertreter «völkisch-nationaler», «fremdenfeindlicher», «islamfeindlicher» und «verfassungsfeindlicher» Positionen.
Nicht trotz, sondern wegen seiner Exzesse beliebt
Krah selbst, der als 14-Jähriger einst der Jugendorganisation der CDU beitrat, besteht darauf, nicht konservativ, sondern «rechts» zu sein. Sein Ziel sind nicht Reformen, sondern eine Revolution – ein «anderes Deutschland». Die AfD dürfe sich keinesfalls mässigen wie Le Pen oder Giorgia Meloni, sondern müsse sich noch mehr radikalisieren: «Dafür kriegt man Prozente.» Der «Zeit» sagte er, ihm mache es nichts aus, das Gesicht des Bösen zu sein: «Wer will schon Luke Skywalker sein, wenn er Darth Vader sein kann?»
Bei seinen Anhängern ist Krah nicht trotz, sondern wegen seiner Provokationen und Exzesse beliebt. Der 47-jährige Rechtsanwalt mit Doktortitel ist ein begabter Redner, intelligent und schlagfertig, ein charismatischer Typ: Vater von acht Kindern mit drei Frauen, ein Dandy mit Zigarre, Einstecktuch und gestickten Initialen auf den Hemden. In der Partei ruft man ihn wegen seines barocken Lebensstils «Schampus-Max».
Vor allem unter jungen Männern sind seine radikalen Ansichten und sein schelmisch-schmieriges Grinsen längst Kult. Eine sechseinhalbstündige Debatte mit dem linken Videojournalisten Tilo Jung wurde zuletzt mehr als eine Million Mal aufgerufen. Auf Tiktok machte Krah mit Lebenshilfe Furore: «Lass dir nicht einreden», sprach er junge Männer direkt an, «dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast. Echte Männer sind rechts. Echte Männer sind Patrioten. Dann klappts auch mit der Freundin.»
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