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Mamablog: Schlafen statt feiern
Mamas Schlafmangel-Phobie

Die erste Zeit mit Baby? Ein schwarzes Loch! Eltern tun sich schwer mit dem babybedingten Schlafentzug.
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Es war vor ein paar Wochen an meinem Geburtstag, nachts um zehn, als mir mein eigenes Grinsen signalisierte: Es ist vorbei! Eben waren noch spontan zwei Nachbarn mit den Worten «Da müemer aso astosse!» zu uns unters Regendach geschlüpft und entkorkten eine weitere Flasche Wein. Und obwohl ich wusste, dass ich am nächsten Tag um sechs aufstehen und die Kinder versorgen musste, während bereits ein strenger Bürotag auf mich warten würde, dachte ich beim Blick auf die Uhr schlicht entspannt: «Ach, das bisschen Müdigkeit packe ich morgen bestimmt locker weg!»

Bevor Sie nun diese Beschreibung von so viel Normalität eindösen lässt, muss ich wohl klarstellen, dass mir genau diese Normalität die letzten Jahre über komplett abhandengekommen ist. Denn mich hatte ein eigenartiges Symptom im Griff: Die Angst, nicht genug Schlaf zu bekommen und dadurch den Anforderungen des nächsten Tages nicht gewachsen zu sein. Absolut verständlich, wenn man bedenkt, was für grottenschlechte Schläfer meine Zwerge einst waren. Doch dummerweise hielt mich diese Furcht auch noch in ihren Klauen, als die Kinder längst zu nächtlichen Murmeltieren gediehen waren.

Kein Fingerhut an Kraft

Drehen wir also die Zeit zurück: Ab Geburt brüllte Kind 1 alle zwei Stunden los. Dass er dies im zweiten Jahr auf drei Stunden ausdehnte, machte mathematisch Sinn, denn nun kam Kind 2 zur Welt. Dieses war zwar nicht ganz so schreihälsig unterwegs, verlangte dafür aber nachts nach dem Stillen hartnäckig nach der Babyhängematte, was mir und meinem Mann endlose Stunden auf einem harten Stuhl bescherte. Klar hätte man ihr das abgewöhnen sollen. Aber für solch einen Masterplan waren wir Eltern zu stark in unserer Erschöpfung gefangen.

Neues Familienmitglied, neuer Schlafrhythmus: Kinder stellen den Schlafhaushalt der ganzen Familie auf den Kopf.

Die Wachphasen der Kinder waren natürlich auch nicht synchron getaktet, sodass wir aus dem Tiefschlaf gerissen wurden, hellwach mit Kind 1 waren, und gerade wieder eindösten, wenn Kind 2 dann losbrüllte. Ich empfand den Schlafentzug als Tortur und wenn ich an die Nächte der ersten Jahre zurückdenke, taucht ein grosses, schwarzes Loch vor mir auf.

Dieses bewirkte leider auch, dass ich meine Babys oft nicht in der Art geniessen konnte, wie ich das gerne getan hätte. Wie oft stand ich morgens unter der Dusche und hatte keine Ahnung, wie ich einen Tag mit diesen kleinen Kindern überstehen sollte, die ein Arsenal an Kraft forderten, von dem ich kaum einen halbgefüllten Fingerhut besass. Und während ich das erste Kind wickelte, den ersten Schoppen zubereitete und auf den ersten Stilleinsatz wartete, rechnete ich bereits aus, wie lange es noch dauern würde, bis ich zu einer Kappe Schlaf kam.

Überlebensstrategie, bitte!

Nach x erfolglosen Versuchen, die Kinder zu besseren Schläfern zu machen (hier finden Sie weitere Anekdoten dazu), beschloss ich zwei Dinge:

  1. Ich nehme ihr Schlafverhalten an.

  2. Ich muss mich darauf konzentrieren, wie ich zu dem fehlenden Lebenselixier des Schlafes komme.

Und in Schritt 2 wurde ich richtig, richtig gut. Mein ganzer Fokus folgte dieser Intention. Wenn ich mich zu jener Zeit verabredete, dann besonders früh, am liebsten kurz nach Sonnenaufgang. Gerne schlief ich abends gleich mit den Kindern ein und selbst die rauschendste Party verliess ich jeweils um neun, mit einem nervösen Blick auf die Uhr.

Unser Leben wird also genau durch das beschränkt, was uns einst gerettet hat.

Diese Schlaffürsorge hat mich gerettet und den Babygenuss schliesslich doch noch möglich gemacht. Bloss – sie war eine reine Überlebensstrategie, die eigentlich längst hätte abgelegt sein müssen, als kein Tiger mehr brüllte. Doch das Merkmal von Überlebensstrategien ist, dass sie uns zwar in der Situation retten, aber weiterhin ihre Fürsorglichkeit über uns ausbreiten, wenn die Gefahr schon längst gebannt ist. Unser Leben wird also genau durch das beschränkt, was uns einst gerettet hat.

Meine starke Sehnsucht nach Schlaf hatten meinem Hirn so sehr signalisiert, den Fokus auf seine Erreichbarkeit zu legen, dass es mir – noch Jahre nach dem schwarzen Loch – energisch die entsprechenden Kommandos gab. Fortan litt ich also nicht mehr an Schlafmangel, sondern an meiner Überlebensstrategie, was mich zu einem ziemlich asozialen Menschen machte. Und dieser Zustand dauert so lange an, bis immer mehr Ausschlaferfahrungen meine alte Gehirn-Autobahn überschrieben hatten.

Zurück im sozialen Leben

Oh ja, es hat gedauert, fragen sie mal meine Freunde. Heute ist Schlaf zwar immer noch etwas Erstrebenswertes, aber auch etwas, das durchaus mal ein «bizzeli» weniger dominant sein darf.

Darum, liebe Nachbarn – lasst uns auch ohne Geburtstag wieder mal zusammen feiern! Ganz ohne nervösen Blick auf die Uhr. Ich trage sowieso keine mehr.