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Meinung

Papablog
Wenn Familie sich neu erfindet

Von sechsköpfig auf vierköpfig: Gemeinsam neue Wege gehen und den Wandel als Familie aktiv gestalten.
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Dass ich eine mittlerweile erwachsene Tochter habe, werden Sie vielleicht wissen. Sie wird im kommenden Jahr 20, lebt und studiert in Berlin und gehört zu meinen absoluten Lieblingsmenschen. Und ihr etwas jüngerer Bruder wird im Mai 18, macht Abitur und geht dann vielleicht auch nach Berlin – immerhin ist er dort geboren und seine Schwester ist auch schon da. Beide hatten immer einen Bezug zu dieser Stadt. Das lässt ihre beiden jüngeren Geschwister mit meiner Lebenskomplizin und mich als eine Art Rumpffamilie zurück.

Damit meine ich natürlich nicht, dass meine beiden Grossen nicht mehr zur Familie gehören – im Gegenteil. Aber 2025 ist das Jahr, in dem beide Familiensatelliten werden. Familiäre Aussenstellen, zu denen wir von nun an eine Fernbeziehung führen. Das fühlt sich gut und richtig an und zugleich, man kann es nicht anders ausdrücken, befremdlich bis beschissen.

Von Nähe zur Fernbeziehung

Ich vermisse zum Beispiel meine grosse Tochter weniger als Kind, um das ich mich kümmern möchte. Wir telefonieren häufig, wir sehen uns, so oft es geht, und dann koche ich für sie. Wir schwatzen, planen und lachen uns kaputt. Alles gut. Aber es ist merkwürdig, mit einem Herzensmenschen von jetzt auf gleich eine Fernbeziehung zu führen, wenn sein Leben in den 18 Jahren zuvor praktisch mit dem eigenen verschweisst war. Als ich über dieses Phänomen vor ein paar Wochen auf Instagram schrieb, meldeten sich viele Menschen bei mir, denen es genauso geht. Menschen, die die Selbstständigkeit ihrer erwachsenen Kinder feiern und zugleich damit fremdeln, wie anders sich Familie in ihrer Abwesenheit anfühlt. Allerdings betrifft das nicht nur die Eltern.

Meine Kinder gibt es in zwei Paketen. Meine Lebenskomplizin und ich haben ein Paket im Studium gemacht, als wir kaum Ressourcen und schier unendliche Energie hatten. Und ein Paket, als wir beruflich beide auf etwas sichereren Beinen standen mit deutlich mehr Ressourcen, aber auch deutlich weniger Energie. Das fühlt sich nach wie vor richtig an, ich würde mich immer wieder so entscheiden. Das bedeutet aber auch, dass zwischen meiner grossen und meiner kleinen Tochter 11 ganze Jahre liegen. Mehr als ein halbes Kinderleben. Es bedeutet, dass meine beiden Kleinen, die ihr ganzes bisheriges Leben ihre Familie als dauerpräsent sechsköpfig wahrgenommen haben, sich nun einigermassen an Fünfköpfigkeit gewöhnen müssen, bevor wir schliesslich irgendwann 2025 nur noch zu viert sind. Das wird anders und auf jeden Fall nicht einfach.

Meine Lebenskomplizin und ich haben beschlossen, das nicht einfach auszusitzen, sondern wir versuchen das aktiv zu gestalten. Dafür brauchen wir Zeit und Erlebnisse zu viert. Im Sinne von: Wir vier machen das jetzt. Wir machen eine Radtour, wir machen den Wochenendeinkauf, wir machen Frühstück, wir machen Ferien. Nicht als Entschärfung einer Notlage, sondern weil es wichtig ist, uns für das kommende Jahrzehnt gut aufzustellen. Ich will nicht, dass wir zu einer Art Restfamilie werden, die ihre gemeinsame Zeit miteinander bis zum Auszug der Jüngsten absitzt und beseufzt, dass es leider nicht mehr so sein kann wie früher. Ich will lieber Veränderung gestalten und etwas Neues anfangen. Deshalb werden wir vier uns Ende 2025 auch vier Monate rausziehen und miteinander unterwegs sein. Der Organisationsaufwand ist riesig, die Kosten gewaltig. Aber es ist ein Preis, den ich gerne bereit bin zu zahlen. Nächsten Silvester werden wir ganz genau wissen, wie wir uns zu viert anfühlen. Und ich werde Ihnen von irgendwo auf der Welt ein frohes neues Jahr wünschen, wo es warm und freundlich ist.