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Mamablog: Schlaf Kindlein, schlaf…
Hört auf mit euren Einschlaftipps!

Mama und Papa wollen schlaaafen: Die erste Zeit mit Baby kann ziemlich kräfteraubend sein.
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Als ich zum ersten Mal Mutter wurde, gab es nebst meinem Gatten einen weiteren wichtigen Mann in meinem Leben: den Kinderarzt, zu dessen Praxis ich allerdings meist mehr kroch als ging. Denn mein Neugeborenes schenkte mir zwar viel Schönes, aber leider nur dermassen kleine Fetzen Schlaf, dass ich manchmal zu meinem Spiegelbild sagte, es solle verschwinden, bevor ich erkannte, dass das Gespenst auf Glas ich selber war.

Müde Mutterseele

In dieser erschöpfenden Phase war ein Besuch beim Kinderarzt stets wie eine Energiedusche. Nicht nur, weil der nette Doktor meinen Jungen so fachmännisch und ohne Befürchtungen, das winzige Ding könnte auseinanderfallen, untersuchte. Nein, seine Fürsorge tat auch mir gut, wenn er Sätze sagte wie «Es ist furchtbar, nicht mehr zu schlafen, gälled Sie?». Worauf ich jeweils am liebsten losgeheult und mich auf seinen Schragen gehauen hätte, während er ruhig noch ein, zwei, drei Stündchen mit dem Sohnemann hätte Reflexe testen können.

Natürlich nahm auch mein Ehemann Anteil an meiner abgrundtiefen Müdigkeit. Doch erstens war er ähnlich müde, und zweitens hätte bestimmt bereits das Wort «ähnlich» eine unfreundliche Keiferei zwischen uns ausgelöst. Der Kinderarzt aber hatte im Gegensatz zu uns nichts zu verteidigen und schenkte mir einzig sein Verständnis, was eine Wohltat für meine müde, unsichere Mutterseele war.

Das vermeintliche Zauberbuch

Als mein Sohn dann etwa drei Monate alt war, prüfte des Doktors Blick mal wieder mein fahles Gesicht und sagte: «Chunt dä Chli immer no alli zwei Stund?». Ich nickte, soweit meine nachlassende Nackenmuskulatur das noch zuliess, worauf er bestimmend das Buch «Jedes Kind kann schlafen lernen!» über den Tisch schob. «Mached sie das Programm. Dänn wirds besser.»

Wie gesagt, er war mein persönlicher Babyflüsterer. Und hätte er mir bei akutem Milchstau empfohlen, mir zu dessen Auflösung drei temperierte Quitschenten auf die Brust zu legen und dazu zehnmal «My Bonnie is Over the Ocean» zu singen, hätte ich diesen Tipp wohl durchaus befolgt. Deshalb besorgte ich mir besagtes Werk noch auf dem Nachhauseweg und vertiefte mich im Tram in den angeblichen Zauberweg, der Babys zum alleine Ein- und Durchschlafen bringen soll.

Der müde Weg ins Glück

Zusammengefasst geht es in dem Programm darum, das Kind wach ins Bett zu legen, rauszugehen, wenn es weint, eine Minute zu warten, dann nach ihm zu schauen, ein paar beruhigende Worte zu sagen – jedoch ohne es zu berühren. Dann geht man wieder raus und erhöht die Pause um eine Minute. Dieses Vorgehen gilt es zu wiederholen, die Wartezeiten auszudehnen, bis das Kind schliesslich alleine eingeschlafen ist.

Am Abend beschlossen der müde Mann und die müde Frau den Weg ins Glück gleich auszuprobieren. Statt mich also wie üblich zu meinem Sohn hinzulegen, legte ich das Kind ins Bett, gab ihm einen Gutenachtkuss und verliess das Zimmer, worauf der prompt lautstark zu schreien begann. Jeder meiner Instinkte zog mich zu ihm hin, doch ich durfte ihnen ja erst nach einer Minute nachgeben.

Quälend langsam bewegte sich der Sekundenzeiger, meine Anspannung wuchs mit jedem Ticken, bis ich nach einer Minute dann endlich zu ihm rein «durfte». Dann wieder raus, er schrie, ich stellte die Uhr auf nun
zwei Minuten und mein Mann und ich starrten dem Sekundenzeiger gemeinsam nach, während das Schreien durch unser Mark und Bein ging. Als wir das Spiel zum vierten Mal wiederholten, heulte nicht nur das Kind, sondern mittlerweile auch ich. Eine Stunde später war es ruhig.

Erfolgreich konsequent?

Der Preis dieser Ruhe war ein Kind, das sich in den Schlaf geschrien hatte und verstörte Eltern, die keinerlei Lust verspürten, mit einem Schluck Stilltee auf den Erfolg ihrer Konsequenz anzustossen. Und obwohl uns beiden klar war, dass es wahrscheinlich wirklich irgendwann besser würde, beschlossen wir, das Buch in den Mülleimer zu werfen und unser Kind wieder wie zuvor mit Nähe in den Schlaf zu begleiten. Denn bis anhin hatten wir nie an der Richtigkeit gezweifelt, unserem Sohn Schutz und Geborgenheit während dem Einschlafen zukommen zu lassen.

Und trotzdem hatten wir unsere Intuition weggesperrt. Das fühlte sich falsch an. Das Baby den ganzen Tag zu schützen, um ihn dann ausgerechnet in jener herausfordernden Situation, dem Wechsel vom Tag zur Nacht, alleine zu lassen? Uns alle der wohltuenden Erfahrung von Nähe und Vertrauen zu berauben, um ihn zu konditionieren? Jahrtausende lang hat kein Mensch alleine geschlafen. Die Idee, Babys müssten alleine schlafen, entspringt Glaubenssätzen wie jenen, dass ein Kind durch zu viel Nähe und Liebe verwöhnt würde und uns Erwachsene mit seinen fordernden Mätzchen manipuliere. Doch das ist erwiesenermassen falsch. Babys sind einfach und gehen ihren Impulsen nach. Manipulation kann ihr winziges Gehirn noch gar nicht leisten.

«Und häts gwürkt?»

Solche Annahmen sind nicht nur falsch, sondern gefährden auch das Urvertrauen eines Kindes. Denn ja, das Buch hat recht: Säuglinge hören tatsächlich auf zu schreien, wenn man sie genug lange lässt. Aber nicht, weil sie etwa den Workshop ihrer Eltern kapiert hätten, sondern weil sie schlicht aufgeben. Weil sie verstanden haben, dass es nichts bringt, sich für die eigenen Bedürfnisse einzusetzen. Auf diesem verdeckten Hintergrund bauen solche Programme auf. Das mag einem zwar letztlich durchaus ein schlafendes Kind bescheren. Doch hinter dem Preis, den dies für das Leben unseres Sohnes bedeutet hätte, konnten wir nicht stehen.

«Und häts gwürkt?», fragte mich der nette Kinderarzt bei unserem nächsten Besuch. «Ja, wunderbar sogar. Vielen Dank für diesen Buchtipp!», antwortete ich. «Mein Mann und ich haben nun etwas Wichtiges begriffen.». «Ach ja? Was denn?», fragte mich der nette Doktor interessiert. «Dass wir in Zukunft wieder auf unsern Bauch hören werden!», erwiderte ich. Und als ich diesen Satz sagte, verspürte ich plötzlich wieder meine abhanden gekommene Kraft.

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