Mamablog: Wenn Kinder älter werdenMama – die erste grosse Liebe
Die Jahre, in denen unsere Autorin die grosse Liebe ihrer Jungs war, neigen sich schon bald dem Ende zu. Sie waren streng und doch wird sie sie über alles vermissen.

Als ich zum dritten und letzten Mal in meinem Leben die Frauenpraxis aufsuchte, um zu erfahren, welches Geschlecht mein Baby hat, war ich innerlich vorbereitet. Ich wusste, es war gut möglich, dass ich das einzige Mädchen in der Familie bleiben würde. Das war okay. So verknallt, wie ich in meine zwei Blondschöpfe war, konnte mich der Gedanke an noch einen von der Sorte nur begeistern. Ich wusste auch längst, dass man einfach nur dankbar zu sein hatte, wenn es überhaupt klappte. So war ich auch erstaunt über die eine Träne, die mir über die Wange rollte und ein kaum sichtbares Minipfützchen auf dem Untersuchungsstuhlpolster hinterliess, als ich hörte, es wäre ein Junge. Dann war es auch schon wieder gut. Ich glaube, da habe ich kurz realisiert, dass all die Jungs in meinem Leben mir hin und wieder das Herz brechen werden.
Erste Heartbreak-Phase
In den Kleinkinderjahren war ich oft so müde, dass ich ernsthaft dachte, ich könnte daran sterben. Da hätte ich jedes Mal, wenn ich hörte, wie einer aufsteht oder geschlurft kommt (oder schon nur gluckst), losheulen können. Heute freue ich mich fast schon über nächtliche Besucher und will sie am liebsten für immer dabehalten. Füsse im Gesicht? Egal. Auf der Bettkante schlafen? Voll okay. Diese Fotos, auf denen zerknitterte, mit Augenringen gebrandmarkte Gestalten unter alle Vieren von sich streckenden Körperchen in Bodys und verrutschten Pyjamas begraben liegen und sich nicht trauen, sich zu bewegen! Alle kreuz und quer durcheinander, man sieht nicht, welche Haare zu wem gehören, und irgendwo tropft noch ein Schoppen in die Matratze hinein. Wenn ich jetzt diese Bilder sehe, flenne ich und sehne mich zurück. Dabei habe ich diese Momente manchmal so gehasst. Das ist wohl eine erste Heartbreak-Phase.
Ich merke, wie ich wieder bewusster jede Umarmung, jedes Kopfanlehnen und jedes Händehalten aufsauge wie ein Schwamm.
Jaja – jede Phase hat ihr Schönes und Schweres, bla, bla, bla. Aber stimmt halt eben doch. Die Jahre, in denen ich ihre grosse Liebe war, neigen sich schon bald dem Ende zu. Sie waren so schön und gleichzeitig so streng, dass es unmöglich war, sie gebührend zu geniessen. Damit muss ich Frieden schliessen. Die Söhne werden mir wortwörtlich über den Kopf wachsen. Ich werde sie nicht mehr im Arm wiegen können. Dafür sie mich. Das wird schön sein, aber anders. Sie werden sich in andere verlieben. Das wird anfangs weniger schön sein, aber dann vielleicht doch. Sie orientieren sich zunehmend am Papa, wachsen innerlich und äusserlich zu ihm hin. Das ist wunderbar – aber eben auch Heartbreak.
Aufsaugen wie ein Schwamm
In letzter Zeit merke ich, wie ich wieder bewusster jede Umarmung, jedes Auf-den-Schoss-Sitzen, jedes Kopfanlehnen und jedes Händehalten aufsauge wie ein Schwamm. Ich versuche, Momente, in denen mir das Herz übergeht, in Gedächtnis und Körper zu speichern. Ich frage, ob sie nicht noch zum Kuscheln kommen wollen. Was das Familienbett angeht, würde ich mir wünschen, dass sie nie erwachsen werden. Ich wünschte, ich könnte mich bis an mein Lebensende in ihre wuscheligen Haare graben, wenn mir danach ist. Momentan rieche ich sogar noch gerne ihre vom Fussball überhitzten Kinderschweissköpfe.
Ich liebe es, sie einzushampoonieren oder ihre Füsse zu schrubben, während sie fast vergitzeln. Meine Wange an ihre pfluderweichen zu legen, dort auszuharren und über ihre perfekte Haut zu staunen. Ihre Nasen mit meiner zu berühren und versuchen, gleichzeitig in beide Augen zu schauen. Darüber zu lachen, dass es nicht klappt. Schmetterlingsküsse! Einfach mega. Frischgeduschte Kinder in ein Tuch einpacken. Am Morgen zu dem noch schlafenden Kind – heiss wie ein frisches Weggli – unter die Decke schlüpfen und mich noch kurz vor dem Morgenstress drücken. Mich zu Holderistock und Auskitzeln überreden lassen, obwohl ich schon fünf Mal gute Nacht gesagt habe und genervt bin. Froh sein, dass ich mich überreden liess. Dafür nehme ich das gebrochene Herz gerne in Kauf.
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