Kryptowährung im HochSchweizer Banken lassen Kunden mit Bitcoin handeln – ist das sicher?
Postfinance und Kantonalbanken bemühen das Argument «Sicherheit» im Handel mit Kryptowährungen. Die Risiken von Wertverlusten tragen Kundinnen und Kunden aber immer selbst.
«Krypto? Aber sicher.» Mit diesem Slogan wirbt die Zuger Kantonalbank seit dem Oktober für ihr Angebot zum Handel mit Kryptowährungen, das sich an Privatkundinnen und -kunden richtet. «Kryptowährungen handeln in sicherer Umgebung», klingt es bei der Posttochter Postfinance, die Anfang März in den Handel mit Bitcoins und anderen Kryptowährungen eingestiegen ist und in Onlinemedien gerade intensiv dafür wirbt.
Der niederschwellige Einstieg in den Kryptohandel, wie ihn diese beiden und weitere Finanzinstitute anbieten, macht es auch wenig informierten Kundinnen und Kunden möglich, ohne grossen eigenen Aufwand und mit kleinem Geld auf den Krypto-Zug aufzuspringen.
Doch inwieweit sind die neuen Krypto-Angebote der staatlichen Bankinstitute «sicher» – oder zumindest «sicherer» als der direkte Kauf und Verkauf von Kryptogeldern?
Bei der von Banken beworbenen Sicherheit geht es um die Abwicklung von Transaktionen und die Aufbewahrung der Kryptogelder. In der Ankündigung des neuen Angebots liess Postfinance im Juni 2023 verlauten: «Wer seine kryptobasierten Vermögenswerte eigenständig hält, ist seine eigene Bank.»
Alle Schutz- und Sicherheitsmassnahmen, die im Normalfall vom Finanzdienstleister übernommen würden, müssten «selbst getroffen und eingehalten werden». Bei ihrem Angebot «Krypto» hingegen würden «Expertinnen und Experten den effizienten Handel und die sichere Verwahrung» sicherstellen.
Besser geschützt vor Hackern und staatlichen Eingriffen
Gegen einen Kurs- und Wertverlust hingegen sind sie genauso wenig gefeit wie Kryptomünzen, die sich Anlegerinnen und Anleger selbst zulegen – etwa über Kryptobörsen. Und Kurseinbrüche können einschneidend sein: Zwischen November 2021 und Dezember 2022 sank der Wert eines Bitcoins zum Beispiel von fast 70’000 auf knapp über 20’000 Dollar.
Kritiker wie die Marktanalysten Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf von der Europäischen Zentralbank halten einen solchen Wertverlust jederzeit für wiederholbar.
Auf diese Gefahren aufmerksam machen die Anbieter auf ihren Onlineseiten, im Kleingedruckten und den Verträgen. Postfinance führt auf ihrer Website alle Risikofelder auf und hält fest, dass «der Handel mit Kryptowährungen trotz aller Vorsichtsmassnahmen immer mit Risiken verbunden ist». Investiert werden sollte nur so viel Geld, «wie Sie theoretisch bereit wären zu verlieren».
Heute sind es neben Postfinance drei Kantonalbanken, die Bankengruppe Valiant sowie die Digitalbank Swissquote und deren – mit Postfinance gemeinsam – betriebene Banking-App Yuh, die ihre Privatkundschaft mit Kryptowährungen handeln lassen.
So unterscheiden sich die Angebote der Banken:
Postfinance
Postfinance bietet seit kurzem in Zusammenarbeit mit der Kryptobank Sygnum unter dem Namen «Krypto» den Kauf, Verkauf und die Lagerung von Kryptowerten an. Vorausgesetzt werden ein bestehendes Konto und der Zugang zum Onlinebanking.
Im Angebot sind zehn Kryptowährungen, unter ihnen die bekanntesten: Bitcoin und Ethereum. Gehandelt werden kann rund um die Uhr über E-Banking und die Smartphone-App.
Um gegen allzu grosse Verluste gefeit zu sein, kennt «Krypto» eine Funktion namens «Limitorders». Dabei wird eine Kryptoposition verkauft, wenn deren Kurs einen bestimmten Wert unterschreitet, der von der Kundin oder dem Kunden definiert wurde.
Zuger Kantonalbank
Das namenlose Angebot der Zuger Kantonalbank gibt es seit Oktober und setzt ein hauseigenes Konto und Depot voraus (Ausnahme: das gebührenfreie, rein digitale «Konto-Set fix»).
Gehandelt werden kann über E-Banking, die App, per Telefon und auch auf den Geschäftsstellen. Der Onlinehandel ist von Montag bis Freitag zwischen 1.30 Uhr und 22 Uhr möglich. Die Zuger Kantonalbank arbeitet dabei ebenfalls mit der Kryptobank Sygnum zusammen.
Im Angebot sind die Währungen Bitcoin, Ethereum, Ripple, Litecoin, Polygon und Uniswap. Mitte April soll die Kryptowährung Solana dazukommen.
Luzerner Kantonalbank
Das Angebot namens «Kryptowährungen» wurde vor einem Monat lanciert. Vorausgesetzt werden ein Konto bei der Luzerner Kantonalbank und ein Wertschriftendepot mit einem parallelen Konto. Die Kryptowährungen werden im gleichen Depot gehandelt und verwahrt, das die Kundinnen und Kunden für ihre üblichen Anlagen wie Aktien oder Obligationen verwenden.
Gehandelt werden kann mit Bitcoins, Ethereum und USDT-Coin. Für die Verwahrung von und den Handel mit Kryptowährungen hat die Bank eine eigene Lösung aufgebaut, die technisch in das Kernbankensystem und E-Banking integriert sei.
St. Galler Kantonalbank
Die St. Galler Kantonalbank beschränkt sich auf die Verwahrung der beiden Währungen Bitcoin und Ethereum. Sie arbeitet dazu mit der Amina Bank AG zusammen.
Das Angebot richtet sich ausschliesslich an externe Vermögensverwalter und vermögende Privatkunden mit Wohnsitz in der Schweiz und einem «Direct»- oder «Execution only»-Anlagepaket. Laut der Bank treffen die Kunden «alle Anlageentscheide selbst und wünschen keine Anlageberatung».
Swissquote
Voraussetzung für den Handel mit Kryptowährungen ist ein digitales Konto bei Swissquote. Kaufen und verkaufen können Kundinnen und Kunden rund um die Uhr über E-Banking und die Smartphone-App, aber auch per Telefon von Montag bis Freitag, 8 bis 22 Uhr.
Zur Wahl stehen über dreissig Kryptowährungen, darunter die umsatzstarken Bitcoin, Ethereum, Ripple und Solana. Die Kundinnen und Kunden haben die Möglichkeit, automatisierte Warnungen («Price und News Alerts») zu aktivieren oder die Auftragsart «Stop Limit» (definierte Preisschwelle) zu wählen, um sich abzusichern.
Valiant
Halter eines Valiant-Kontos können die Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum an Werktagen von 8 Uhr bis 17.30 Uhr auf allen Kanälen handeln, per E-Banking und Smartphone-App, telefonisch und in den Filialen. Valiant nutzt für den Währungshandel im Kryptobereich über den Finanzdienstleister Entris Banking die Krypto-Anlage- und Handelsangebote der Zürcher Incore Bank.
Fürs Risikomanagement steht im Börseninformations-Tool von Valiant eine Benachrichtigungsoption für Kursveränderungen bei Wertschriften zur Verfügung.
Yuh (betrieben von Swissquote und Postfinance)
Über die von Swissquote und Postfinance betriebene Finanz-App lassen sich 32 Kryptowährungen handeln. Die Käufe und Verkäufe werden über Swissquote aufgeführt. Deshalb gleichen sich die Angebote von Yuh und Swissquote hinsichtlich der Wahl aus mehr als dreissig Währungen und der Handelszeiten (rund um die Uhr).
Yuh vertreibt auch eine eigene Kryptomünze, den Swissqoin, der auf der Ethereum-Blockchain fusst.
Die aktuellen Kurse der gehandelten Währungen werden in der App angezeigt. Für die Zukunft arbeitet Yuh laut eigenen Angaben an «konkreten, hilfreichen Hinweisen» für die Kundinnen und Kunden, um rascher auf Kursentwicklungen reagieren zu können.
Viele Banken setzen noch nicht auf Handel mit Bitcoin und Co.
Die Kantonalbanken in Zürich, Bern, Basel-Stadt, Baselland, Graubünden und Aargau, die alle unter den Top-20 der Schweizer Banken aufgeführt sind, planen laut eigenen Angaben vorerst keinen Handel mit Kryptowährungen für Privatkunden.
«Anlagen in Kryptowährungen haben aus unserer Sicht aus verschiedenen Gründen einen stark spekulativen Charakter und sind daher mit hohen Risiken verbunden», begründet etwa Patrick Riedo, Kommunikationschef bei der Basler Kantonalbank, die Zurückhaltung. Neben der teilweise hohen Kursvolatilität nennt er «insbesondere rechtliche und regulatorische Risiken».
Raiffeisen – die Nummer 2 im Bankensektor – ist ebenfalls der Ansicht, bei Kryptoanlagen seien «immer noch zu viele Fragen unbeantwortet». Auch der hohe Energiebedarf beim «Schürfen von digitalen Assets» sei fragwürdig. «Zudem beobachtet Raiffeisen sehr viel Spekulation im Kryptosegment, was zu hohen Schwankungen beiträgt», sagt Sprecher Jan Söntgerath.
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