EnergieversorgungKommt es zu einem Gasstopp aus Deutschland?
In Deutschland steigt die Nervosität wegen der verminderten Gaslieferungen aus Russland. Was heisst es, wenn Deutschland zu wenig Gas hat für die Schweiz? Die Hoffnungen liegen auf einem Abkommen, das es noch nicht gibt.
Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck rief die zweite von drei Stufen im Notfallplan für die Versorgung mit Gas aus. «Es liegt eine Störung der Gasversorgung vor, daher ist dieser Schritt erforderlich», sagte er. «Wir sind in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut.»
Er rief gleichzeitig zum Sparen von Gas auf – betonte aber auch, dass die Versorgung gewährleistet sei. Die erforderlichen Gasmengen können derzeit auch von anderen Produzenten bezogen werden. Momentan werden gar noch die Gasspeicher in Europa gefüllt. Derzeit sind die Gasspeicher zu rund 55 Prozent gefüllt.
Doch das Problem ist: Mit der Drosselung der Mengen aus Russland funktioniert das nicht so schnell, wie man sich das gewünscht hat. Deshalb steigt die Gefahr, dass es im Winter im schlimmsten Fall zu einer Gasmangellage kommen könnte.
Über Deutschland fliesst ein Teil des Gases auch in die Schweiz. Entsprechende Auswirkungen hätte es, wenn in Deutschland das Gas knapp würde. Die Schweiz beschafft laut Thomas Hegglin vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie ihr Gas auf den Märkten in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien. «Wenn in diesen Ländern zu wenig Gas vorhanden ist, könnte das auch in der Schweiz zu Versorgungsengpässen führen», sagt Hegglin.
Hoffnung auf Solidaritätsabkommen
Deshalb hofft die Branche darauf, dass der Bund mit Deutschland ein Solidaritätsabkommen aufgleist, damit sich die Länder bei einer Gasmangellage gegenseitig unterstützen. Daran arbeitet man derzeit in Bundesbern fieberhaft. Im Frühling vereinbarten Simonetta Sommaruga und Guy Parmelin mit Habeck, dass die Schweiz und Deutschland ein Solidaritätsabkommen für Gaslieferungen im Notfall aushandeln.
Noch ist dieses aber nicht unter Dach und Fach. Entsprechend in der Schwebe ist, wie sich Deutschland im Fall der Fälle verhält und ob es weiterhin Gas in die Schweiz liefert.
«Deutschland ist gegenüber der Schweiz nicht zur Solidarität verpflichtet.»
Die Branche hofft darauf, dass noch mehr solcher Abkommen dereinst abgeschlossen würden. Denn: «Ohne Solidaritätsabkommen besteht die Gefahr, dass Deutschland in einer schweren Mangellage kein Gas mehr in die Schweiz liefert», sagt Hegglin.
Klare Worte dazu sind aus Deutschland zu hören. Eine Sprecherin der zuständigen Bundesnetzagentur sagt kurz und knapp: «Deutschland ist gegenüber der Schweiz nicht zur Solidarität verpflichtet.»
In die Schweiz gelangt Gas nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Frankreich. Da die Schweiz selber keine bedeutenden Gasspeicher hat, hat sich die Branche in französischen Lagern eingekauft.
Die Schweiz hat in der Frage, ob sie noch Gas erhält oder nicht, zudem sozusagen ein Verhandlungspfand in der Hand. Denn die Schweiz hat eine strategisch wichtige Position im europäischen Gasverbund. Eine Transitgasleitung führt direkt durch die Schweiz in Richtung Italien.
Derweil arbeiten Europa und die Schweiz fieberhaft daran, Putins Gas zu ersetzen. Abhilfe schaffen soll Flüssiggas etwa aus den USA oder Katar. Denn eines ist klar: Von heute auf morgen ist Gas als Energieträger nicht zu ersetzen.
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