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Meinung

Gastbeitrag zum Klimagipfel
Warum die Schweiz zu Recht aus der Klima-Koalition aussteigt

Activists demonstrate against the use of fossil fuels at the COP28 U.N. Climate Summit, Wednesday, Dec. 13, 2023, in Dubai, United Arab Emirates. (AP Photo/Peter Dejong)
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Die Aufregung einiger Exponenten war gross, als Bundesrat Albert Rösti anlässlich des Klimagipfels COP in Dubai bestätigte, dass die Schweiz fortan nicht mehr bei der Koalition der hoch ambitionierten Länder dabei sei. Der Klimastreik verstieg sich sogar zur Aussage, unser Umweltminister begehe damit «klimapolitischen Hochverrat»

Neben der Tatsache, dass nicht Bundesrat Rösti, sondern seine als «Umwelt-Turbo» bekannte Vorgängerin Sommaruga diesen Entscheid in die Wege geleitet hatte, drängen sich auch inhaltliche Fragezeichen an dieser Kritik auf. Laut dem Departement war nämlich der zunehmende Fokus der Koalition auf «Finanzierungsfragen» ausschlaggebend für den Austritt der Schweiz. Es lohnt sich, diese Finanzierungsfragen genauer unter die Lupe zu nehmen. 

Ein Hauptthema der internationalen Klimadebatte ist der Umgang mit sogenannten «losses and damages», also wer für die durch den Klimawandel verursachten Schäden geradestehen muss. Die Grundproblematik ist, dass diejenigen Länder, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind (zum Beispiel die vom wortwörtlichen Untergang bedrohten Inselstaaten), nicht diejenigen sind, die historisch am meisten Treibhausgase ausgestossen haben. Durch einen Finanzierungsfonds, der von Industrienationen geäufnet wird, sollen solche Schäden zum Teil ausgeglichen werden. 

In der Theorie ist es klar, wie so ein Fonds finanziert werden müsste: Nach dem Verursacherprinzip müsste jedes Land nach Massgabe seiner kumulierten, historischen Emissionen einzahlen. Aktuell müssten die USA circa  25 und die EU 22 Prozent der Kosten schultern, aber auch China stünde mit 13, Russland mit 6 oder Indien mit 3 Prozent in der Pflicht. Das Verhältnis verschiebt sich jedoch: Aufgrund des schnellen Aufholens der Schwellenländer wäre wohl bereits 2030 beispielsweise China zu höheren Beiträgen verpflichtet als die EU und sogar fast als die USA. 

Nationale Interessen dominieren

In der Praxis passiert jedoch, was bereits zu oft in der multilateralen Klimapolitik passiert ist: Nationale Eigeninteressen nehmen die Sachpolitik in Geiselhaft. Der Kampf gegen den Klimawandel hat das Nachsehen. Konkret weigern sich hoch emittierende Entwicklungsländer, in den Fonds einzuzahlen. Das ist aus drei Gründen problematisch. 

Erstens ist ein Fonds auf diese Weise nicht mehrheitsfähig. Statt einen griffigen Haftpflichtmechanismus zu etablieren, sammelt der Fonds darum nur Almosen. Die vulnerabelsten Länder bleiben auf ihren Schäden sitzen. 

Zweitens geht wertvolle Zeit verloren. Statt darauf zu fokussieren, den Klimawandel durch Innovation und Vermeidung möglichst gering zu halten, nimmt die Finanzierungsfrage fast den ganzen Raum ein. 

Drittens wird der Ausstoss von Treibhausgasen implizit als «Aufholrecht» legitimiert. Dass der Ausstieg aus den fossilen Energien es so nicht in den Abschlusstext des COP schaffte, überrascht kaum. 

Bildlich gesprochen, steigt uns das Wasser bis zum Hals, aber anstatt den Hahn zuzudrehen, streiten wir uns vor allem darum, wer den Wasserschaden zahlt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur verständlich, sondern richtig, dass die Schweiz ihren Schwerpunkt dort legt, wo sie etwas bewegen kann. Ihr Bekenntnis zum Ausstieg aus den fossilen Energien, das sie in Dubai geleistet hat, ist viel mehr wert als die Teilnahme in einer Koalition, die in eine Sackgasse führt.

Alexander Keberle ist Leiter Umwelt, Energie und Infrastruktur beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse.