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Aktuelle Klimadaten
Das CO₂-Budget ist schneller aufgebraucht als gedacht

Der Rhonegletscher ist mit Tuechern gegen die Sonne geschuetzt, am Freitag, 25. August 2023, oberhalb von Gletsch im Kanton Wallis. Der Klimawandel setzt den Gletschern zu und sie ziehen sich zurueck. (KEYSTONE/Peter Schneider)
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Es ist wohl eine der wichtigsten Fragen im Klimaschutz: Wie viel CO₂ darf der Mensch noch produzieren, damit es global nicht wärmer wird als 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit? Das Pariser Klimaabkommen hält fest, dass alles unternommen werden soll, damit dieses Ziel erreicht wird.

Nun zeigen aktualisierte Daten der Global Climate Change Initiative: Das CO₂-Budget nimmt schneller ab als gedacht. Der Mensch darf noch etwa 200 Milliarden Tonnen CO₂ produzieren, ansonsten wird das Pariser Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent nicht erreicht.

Konkret heisst das: Bei den derzeitigen aktuellen globalen Emissionen von rund 40 Milliarden Tonnen wird das CO₂-Budget 2029 aufgebraucht sein. Will man «deutlich unter 2 Grad Erwärmung» verbleiben, zu dem das Pariser Abkommen verpflichtet, bleibt mehr Zeit: Das CO₂-Budget reicht dann bis 2051.

Diese Zahlen sind zwar mit Unsicherheiten behaftet und sind die sogenannten besten Werte der aktuellen Klimamodelle. Doch sie geben wichtige Anhaltspunkte. Im letzten grossen Klimabericht des Weltklimarates (IPCC) vor drei Jahren betrug der beste Wert des CO₂-Budgets (berechnet für Anfang 2020) noch 500 Milliarden Tonnen. «Diese Erkenntnis gehört zu den wichtigsten Botschaften der neuen Daten», sagt Sonia Seneviratne, Klimaforscherin an der ETH Zürich und Vizevorsteherin beim IPCC. 

Informationslücke des IPCC

Die internationale Forschungsgruppe Global Climate Change Initiative (IGCC) sieht ihre jährlich aktualisierten Daten als Ergänzung zu den Klimazustandsberichten des IPCC. Zwischen den einzelnen Publikationen des Weltklimarates gäbe es eine Informationslücke, schreiben die Forschenden im Fachmagazin «Earth System Science Data». Die Klimaveränderungen seien schnell und die politischen Massnahmen in diesem Jahrzehnt wichtig.

Der Weltklimarat ist die unangefochtene wissenschaftliche Instanz für die internationalen Klimaverhandlungen. Das Manko ist nur: Die umfassenden Berichte über den Klimazustand der Erde, die Folgen des Klimawandels und die Kosten der Erderwärmung erfolgen nur alle sechs bis sieben Jahre. Die nächsten Berichte sollen frühestens 2028 oder später folgen. «An der nächsten IPCC-Sitzung Ende Juli wird über einen Vorschlag verhandelt, wann die folgenden drei Sachstandsberichte des IPCC fertig sein sollen», sagt Sonia Seneviratne, ETH-Klimaforscherin und Vizevorsitzende beim IPCC.

Die ETH-Forscherin gehört zusammen mit Dominik Schumacher und Matthias Hauser von der ETH Zürich zum Forschungsteam des IGCC, bei dem 50 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen (darunter erfahrene IPCC-Autoren und -Autorinnen) und 20 internationale Organisationen beteiligt sind.

Das Besondere dieser neuen Daten: Sie basieren auf den Methoden, die der letzte IPCC-Bericht verwendet hat und die damit eine Referenz darstellen. Mit dem Unterschied, dass die Forschenden bei der Aktualisierung der Daten die Fortschritte der Messmethoden und Modelle berücksichtigen und die Differenzen der verschiedenen und unabhängigen Klimadatensätze überprüfen.

«Diese aktualisierten Klimadaten sind umfangreicher als diejenigen, die von der Weltwetterorganisation (WMO) und vom europäischen Klimadienst Copernicus veröffentlicht werden», sagt Sonia Seneviratne. Sie hätten einen klaren Fokus auf langzeitige Trends und seien keine Momentaufnahmen wie die einzelnen monatlichen Rekordmessungen, die von meteorologischen Zentren veröffentlicht werden. 

CO₂-Emissionen sollten vor 2025 sinken

So ist etwa bei den aktuellen Budgetberechnungen der Anteil der menschlichen CO₂-Produktion an der globalen Erwärmung der letzten zehn Jahre berücksichtigt worden. Dieser hat sich im Vergleich zum letzten IPCC-Bericht seit 2021 erhöht. Zudem gehen die Forschenden in ihren Berechnungen davon aus, dass andere Treibhausgase wie das stark klimawirksame Methan aus der fossilen Verbrennung und der Landwirtschaft bis 2050 um 50 Prozent gesunken sein werden. Momentan nimmt die Methankonzentration allerdings immer noch deutlich zu. «Entscheidend ist aber, dass nun die CO₂-Emissionen massiv sinken», sagt Klimaforscherin Sonia Seneviratne.  

Der IPCC sieht nur eine Chance, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen: Die Treibhausgasemissionen sollten noch vor 2025 abnehmen. Andererseits ist aus den aktualisierten Daten ersichtlich, dass etwa Substanzen wie Schwefeldioxid in den letzten Jahren gesunken sind. Diese haben eine abkühlende Wirkung und bremsen möglicherweise den Erfolg des Klimaschutzes, auch wenn die Emissionen in den nächsten Jahren deutlich zurückgehen. Allerdings bleibt dieser Kühlungseffekt im Vergleich zur vom Menschen verursachten Erwärmung relativ klein. 

Es ist in den neuen Daten auch eine positive Entwicklung ersichtlich: Der jährliche Anstieg der CO₂-Emissionen ist in den letzten Jahren abgeflacht. Forschende des internationalen Klimainstituts Climate Analytics sind deshalb optimistisch. Sie sehen wegen des starken globalen Ausbaus der erneuerbaren Energien und der wachsenden Elektrifizierung Anzeichen, dass die globalen Emissionen der Treibhausgase in diesem Jahr zu sinken beginnen. Für ETH-Forscher Reto Knutti sind das ermutigende Zeichen. Aber er relativiert auch: «Wir haben uns bildhaft gesprochen die Muskeln antrainiert und die technischen Möglichkeiten geschaffen, aber wir stehen erst am Start und müssen nun von einem Rekordhöchststand der Emissionen auf null, ins Ziel.»