Medienkonferenz des EDAZwölf Schweizer bisher aus dem Sudan evakuiert
Die Botschaft in Khartum wurde am Sonntag geschlossen, das Personal evakuiert. Nun berichtete das Krisenmanagement des Aussendepartements über weitere Massnahmen.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Zwölf Schweizerinnen und Schweizer sind bisher aus dem Sudan evakuiert worden. Zehn Personen konnten das Land mit Hilfe Frankreichs verlassen und zwei mit Hilfe des IKRK. In der Schweiz zurück sind sie noch nicht.
Es handele sich um diplomatisches Personal und Angehörige dieser Personen, sagte Serge Bavaud, Chef des Krisenmanagement-Zentrums des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), am Montag in Bern vor den Medien. Die Schweiz organisiere keine eigenen Evakuierungsflüge, arbeite aber mit Drittstaaten zusammen. (Lesen Sie hier mehr zur Operation raus aus Khartum)
Die zehn Personen, die das Land mit Hilfe Frankreichs hätten verlassen können, befänden sich in Sudans Nachbarland Dschibouti, sagte Bavaud. Sie würden am Dienstag in der Schweiz erwartet. Die mit der Hilfe des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Evakuierten hielten sich zurzeit in Äthiopien auf.
Die Schweizer Botschaft in Khartum ist aus Sicherheitsgründen geschlossen. Die lokalen Angestellten der Botschaft blieben vor Ort, sagte Bavaud auf eine Journalistenfrage. Von verletzten Botschaftsangehörigen habe das EDA bisher keine Kenntnis. An Gebäuden habe es Schäden gegeben.
Rund 30 Schweizer Staatsangehörige wollen ausreisen
Weitere Schweizerinnen und Schweizer können voraussichtlich am Montagabend mit einem Flug der deutschen Bundeswehr aus dem Sudan ausreisen. In der Frage, ob die Durchführung des Fluges gewiss sei, wollte sich Bavaud nicht festlegen. Unklar blieb auch, wie viele Plätze für Schweizer Staatsangehörige zur Verfügung stehen werden.
Zum Zielort des deutschen Evakuierungsflugs machte Bavaud keine Angaben. Er berief sich dabei auf Sicherheitsgründe. Ebensowenig äusserte er sich dazu, ob Angehörige des Aufklärungsdetachements 10 (AAD 10) der Schweizer Armee im Sudan oder in einem Nachbarstaat des Kriegslandes im Einsatz sind.
Bisher haben laut EDA rund dreissig Schweizer Staatsangehörige Interessen an einer organisierten Ausreise aus dem Sudan bekundet. Insgesamt sind beim Bund rund hundert Schweizerinnen und Schweizer als in Sudan lebend registriert.
Kämpfe zwischen zwei Generälen
Im Sudan waren am Samstag vor einer Woche Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021.
De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Die Gefechte dauerten auch am Wochenende an.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verloren seit Beginn der Kämpfe mindestens 413 Menschen ihr Leben, mehr als 3500 wurden verletzt. Die tatsächliche Opferzahl ist vermutlich weitaus höher. (Lesen Sie auch unsere Analyse zum Machtkampf im Sudan: Die Menschen sind den Generälen egal)
Die humanitäre Lage in Sudan ist vielerorts katastrophal. In Khartum sitzen viele Menschen in Khartum ohne Wasser, Lebensmittel oder Strom in ihren Wohnungen fest. Nur 35 Krankenhäuser und Kliniken seien in dem Land mit 46 Millionen Einwohnern noch funktionstüchtig, berichtete das sudanesische Ärztekomitee.
Eine Gefahr für die gesamte Region
Die Kämpfe im Sudan sind nicht nur verheerend für das nordostafrikanische Land. Beobachter befürchten, dass sich der Konflikt ausweiten und auf die gesamte ohnehin instabile Region übergreifen könnte.
In der ersten Woche des Konflikts flohen nach Angaben der Vereinten Nationen zwischen 10’000 und 20’000 Menschen aus dem Sudan in den Tschad, in dem bereits 400’000 sudanesische Flüchtlinge leben. Das Nachbarland sei schon jetzt mit der Versorgung der Geflohenen überlastet, erklärte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Sobald es einen Waffenstillstand gebe, würden «Millionen Menschen versuchen, die Grenzen zu überqueren», sagt Cameron Hudson von der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS).
Der Sudan ist eines der ärmsten Länder der Welt und die UNO rechnete bereits vor Beginn der Kämpfe mit einer wachsenden Zahl Hungernder. «Millionen Zivilisten sind im Kreuzfeuer gefangen und haben bald keine lebensnotwendigen Güter mehr», erklärte unlängst die Nichtregierungsorganisation International Crisis Group.
Ausweitung der Kämpfe
Die Gewalt hat sich bereits jetzt von der Hauptstadt Khartum auf die Nachbarstadt Omdurman sowie mehrere Regionen des Landes, insbesondere Darfur, ausgebreitet. «Die Kämpfe könnten schnell in einen anhaltenden Krieg abgleiten, der über die unruhigen Randgebiete auf die Nachbarländer übergreift», befürchtet die International Crisis Group. (Hören Sie auch unseren «Apropos»-Podcast zum Thema: Weitet sich der Krieg im Sudan jetzt auf die Nachbarländer aus?)
Ziehen sich die Auseinandersetzungen in die Länge, könnten mehr Menschen in der extrem zersplitterten sudanesischen Gesellschaft zu den Waffen greifen, warnt der britische Sudan-Experte Alex de Waal. Derzeit gebe es zwei Protagonisten, sagt er. «Geht der Konflikt weiter, wird die Situation schnell komplexer.» Auch «ethnische Faktoren» könnten bei der Bildung von Allianzen eine Rolle spielen.
Das Soufan-Forschungszentrum in New York rechnet mit einer «Einmischung anderer Staaten, Warlords, bewaffneter Milizen und gewalttätiger nichtstaatlicher Akteure».
Regionale Machtkämpfe
Die Länder der Region fordern öffentlich ein Ende der Gewalt. Experten sind sich jedoch einig, dass Ägypten Al-Burhan und die Vereinigten Arabischen Emirate Daglo unterstützen. Die beiden Generäle versuchten, Waffen und Verstärkung aus den Nachbarländern zu bekommen, sagt Hudson vom CSIS.
De Waal warnt, dass die Kämpfe Akteure anziehen könnten, die sich mit Geld, Waffen und möglicherweise eigenen Truppen an dem Konflikt beteiligen. Libyen, die Zentralafrikanische Republik, der Tschad, Äthiopien und Eritrea spielten wahrscheinlich eine politische, vielleicht auch eine militärische Rolle bei den Auseinandersetzungen.
Die russische Söldnergruppe Wagner ist ebenfalls im Sudan präsent, ihr scheint es jedoch hauptsächlich um die Ausbeutung der Goldreserven zu gehen. Die Kämpfe im Sudan «drohen durch die Verwicklungen Ägyptens, der Vereinigten Arabischen Emirate sowie libyscher Bürgerkriegsparteien die gesamte Region weiter zu destabilisieren», sagte der aussenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Vermittlungen ohne Erfolg
Seit Beginn der Kämpfe versuchen die UNO, die Afrikanische Union, die Golfstaaten und westliche Regierungen, die Kontrahenten an den Verhandlungstisch zu bringen – ohne Erfolg. Ein schnelles militärisches Ende des Konflikts halten Experten angesichts der Stärke und Erfahrung der Kämpfer auf beiden Seiten für unwahrscheinlich.
«Die Instabilität des Sudan ist ein Problem für die ganze Welt, vor allem aber für die Nachbarländer», sagt der Politikwissenschaftler Abdulchalek Abdulla aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und verweist auf die strategische Lage des Landes am Roten Meer.
SDA/AFP/aru/anf
Fehler gefunden?Jetzt melden.