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Das war 2021
Jenseits von Corona – Highlights aus dem Forschungsjahr

Einer der Höhepunkte des Jahres folgte fast am Schluss: der Start des James-Webb-Teleskops am 25. Dezember.
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Blinde lernen wieder sehen

Dank einer neuartigen Methode kann ein Patient, der jahrzehntelang komplett blind war, wieder Konturen erkennen und Gegenstände wahrnehmen. Diesen Durchbruch in der Augenheilkunde stellten Forscherinnen und Forscher im Mai vor. Das Verfahren hat ein Team um den Mediziner Botond Roska vom Institut für molekulare und klinische Ophthalmologie Basel (IOB) entwickelt.

Der Patient ist wegen einer Retinitis pigmentosa erblindet. Bei dieser Erbkrankheit gehen die Zellen in der Netzhaut des Auges kaputt, die für das Sehen entscheidend sind. Die Wissenschaftler schleusten dem Patienten mit einer Injektion ein Gen für einen Lichtrezeptor ins Auge. Um mit diesen neu gebildeten Rezeptoren Lichtsignale wahrnehmen zu können, benötigt der Patient eine Spezialbrille.

Das Team hat zunächst gezeigt, dass das Verfahren grundsätzlich funktioniert – eine Sensation. Nun sind die Expertinnen und Experten dabei, weitere Gene einzuschleusen, die Spezialbrillen zu verkleinern und die Software zu verbessern. Weitere Erfolge sind also zu erwarten. (afo)

Hin und Her um neues Alzheimer-Medikament

Im Juni wurde erstmals seit 19 Jahren ein Mittel gegen die Alzheimerkrankheit zugelassen – in den USA. Das Medikament, Aduhelm, ist in der Schweiz von der Firma Neurimmune in Schlieren entwickelt worden, Lizenznehmerin ist die US-Firma Biogen.

Die Genehmigung durch die US-Arzneimittelbehörde FDA ist höchst umstritten. Im März 2019 waren zwei Zulassungsstudien gestoppt worden, als bei einer Zwischenauswertung kein eindeutiger Nutzen für die Behandelten herauskam. Erst weitere, später erhobene Daten zeigten – zumindest in einer der beiden Studien – positive Effekte. In den USA wird die Behandlung nun aber kaum verschrieben, was die schlechten Verkaufszahlen von Biogen zeigten. Ein Grund könnte der Preis sein. Den werde Biogen ab dem ersten Januar reduzieren, kündigte die Firma am 20. Dezember an – auf rund 28’000 Dollar pro Patientin oder Patient im Jahr.

Auch in der EU sieht es nicht gut aus für Aduhelm. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA sprach sich am 16. Dezember gegen eine Zulassung aus. Allerdings hat die Firma Biogen die Möglichkeit, um eine erneute Prüfung zu bitten. Das hat sie getan. Der Ball liegt nun wieder beim Beratungsgremium der EMA. Es wird innerhalb von 60 Tagen die Daten zu Aduhelm neu beurteilen. (afo)

Teilchenphysiker sind einer neuen Naturkraft auf der Spur

Der Large Hadron Collider (LHC) im Cern in Genf.

Alle bekannten Phänomene der Mikrowelt werden perfekt durch das Standardmodell der Teilchenphysik beschrieben. Dabei ist schon lange klar, dass dieses Modell nicht das letzte Wort sein kann. So steigt die Spannung, wenn Forschende Hinweise auf Phänomene jenseits der bekannten Physik finden.

Im März war das der Fall. Am Teilchenforschungszentrum Cern bei Genf hatten Forschende beim Zerfall gewisser Teilchen – sogenannter B-Mesonen – Hinweise auf eine bisher nur theoretisch vorhergesagte fünfte fundamentale Naturkraft erhascht. Von einer Entdeckung wollte das Cern nicht sprechen. Aber sollten sich die Hinweise erhärten, wäre dies eine Sensation.

Neben dem Experiment am Cern gibt es noch vier weitere, die ebenfalls Hinweise auf einen Bruch im Standardmodell gefunden haben, wie das Fachmagazin «Science» kürzlich berichtet hat. Noch reicht deren Evidenz nicht ganz aus, um neue Physik zu proklamieren. Aber sollten sich die Hinweise erhärten, wäre die fünfte Naturkraft ein Anknüpfungspunkt, um die langersehnte fundamentale Theorie der Teilchenphysik zu finden. (jol)

Startschuss für den privaten Weltraumtourismus

Der erste Tourist im Weltall war 2001 der US-amerikanische Unternehmer Dennis Tito. Ihn hatte die staatliche russische Raumfahrtbehörde Roskosmos zur Internationalen Raumstation ISS befördert. Weitere Weltraumtouristen folgten.

Im Juli 2021 brach jedoch ein neues Kapitel des Weltraumtourismus an: Erstmals beförderten private Raumfahrtunternehmen Touristen bis an den Rand des Weltalls oder gar in den Erdorbit. Am 11. Juli startete der Milliardär Richard Branson mit dem Space Ship Two seiner eigenen Weltraumfirma Virgin Galactic. Am 20. Juli folgte mit Jeff Bezos der nächste Milliardär. Er reiste mit anderen Touristen in der Crew Capsule seiner Firma Blue Origin. Im September schliesslich erreichten Touristen an Bord einer Rakete des von Elon Musk geführten Raumfahrtunternehmens Spacex den Erdorbit.

In Anbetracht der verheerenden Klimabilanz des Weltraumtourismus wirken diese Aktionen wie eine sinnlose Ressourcenverschwendung. Einen Nutzen könnten sie dennoch haben: Der Weltraumtourismus verschafft der Wissenschaft einen erleichterten Zugang zur Schwerelosigkeit. (jol)

Mord unter Menschenaffen – warum Schimpansen Gorillas töten

Am 6. Februar 2019 passierte etwas, was vorher so noch kein Mensch je beobachtet hatte. Im Loango-Nationalpark an der Atlantikküste von Gabun traf eine 27-köpfige Gruppe von Schimpansen bei einer Patrouille entlang der Grenze ihres Territoriums auf eine kleine Gruppe von etwa fünf Gorillas. Die Schimpansen attackierten die eigentlich grösseren und stärkeren Gorillas sofort, packten ein Jungtier und drückten und schlugen dieses zu Tode. Zehn Monate später wiederholte sich das grausame Spektakel an einem anderen Ort in dem Park. Wieder töteten die Schimpansen ein Gorillakind.

Die beiden Attacken geschahen vor den Augen eines Teams von deutschen Verhaltensbiologen, wie sie in der Fachzeitschrift «Scientific Reports» berichteten. Sie seien nicht nur überrascht, sondern entsetzt gewesen, gaben die Forschenden nachher zu Protokoll. Zwar sei schon länger bekannt, dass sich Schimpansen gegenseitig umbringen könnten, aber dass sie auch andere Menschenaffen attackieren würden, damit habe man nicht gerechnet.

Bleibt die Frage nach dem Motiv. Jagdverhalten schliessen die Forschenden aus, vielmehr glauben sie, dass Nahrungskonkurrenz den Konflikt ausgelöst habe. Es könne sich allerdings auch um einen Ausbund der «xenophoben Natur» der Schimpansen handeln. Welche der beiden Thesen stimmt, sollen weitere Feldforschungen zeigen. (nw)

Zu viel Säureblocker und andere Therapien

Jährlich nimmt hierzulande jeder vierte Erwachsene Protonenpumpenhemmer, auch Säureblocker genannt. Seit bald 30 Jahren helfen sie gegen Sodbrennen und werden oft als Magenschutz zusätzlich zur Behandlung mit Schmerzmitteln verwendet. Kostenpunkt: 170 Millionen Franken pro Jahr. Im Mai zeigte nun eine Studie, dass die Medikamente viel zu oft geschluckt werden. Mindestens jeder vierte Patient nimmt sie unnötig lange oder zu hoch dosiert. In fünf Jahren stiegen zudem die Verschreibungen von Säureblockern um 10 Prozent, die Fehlverschreibungen sogar um 30 Prozent.

Die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) empfiehlt Zurückhaltung beim Verschreiben von Magenschutzmedikamenten. So steht es bereits seit 2014 auf einer Liste mit fünf medizinischen Interventionen, die vermieden werden sollten. Sie ist Teil der Schweizer Initiative «Smarter Medicine». Die medizinischen Fachgesellschaften wollen damit Über- und Fehlversorgung von Patientinnen und Patienten vermindern. 2021 hat nun die SGAIM ihre Negativ-Liste mit fünf weiteren Behandlungen ergänzt. Auch die Pädiaterinnen und Pädiater haben erstmals entsprechende Empfehlungen veröffentlicht. (fes)

18-monatiges Kind mit hartnäckigem Husten: Kinderärztinnen und -ärzte empfehlen schon länger keine Hustenmittel mehr.

Wenn der Beruf der Mutter den Sohn unfruchtbar macht

Schwangere, die bei der Arbeit Pestiziden, Weichmachern oder Schwermetallen ausgesetzt sind, haben häufiger Söhne mit Fruchtbarkeitsproblemen. Dies ist der Befund einer Studie mit 3000 Stellungspflichtigen, die Genfer Forschende vor der Abstimmung über die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative im Juni veröffentlichten. Bei Bäuerinnen, Kosmetikerinnen, Coiffeusen oder Reinigungskräften, die während der Schwangerschaft von Berufs wegen Risikosubstanzen ausgesetzt waren, fand das Forschungsteam eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit für eine ungenügende Spermienqualität bei den Söhnen.

Seit den 1970er-Jahren hat sich die Spermienkonzentration bei Männern halbiert.

Studienleiter Serge Nef forderte Arbeitgeber und den Bund dazu auf, dafür zu sorgen, dass Schwangere gefährlichen hormonaktiven Stoffen weniger ausgesetzt werden. Zudem sei in der Schweiz ein ernst zu nehmendes Monitoring-Programm für Chemikalien längst überfällig. Bereits vor zwei Jahren zeigte eine grosse Schweizer Studie, dass fast zwei Drittel der 18- bis 22-jährigen Männer die WHO-Normwerte für fruchtbare Männer nicht erfüllen. Insgesamt hat sich in Industrieländern die Spermienkonzentration seit den 1970er-Jahren mehr als halbiert. Die Schweiz gehört im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern. (fes)

Eine neue Spur zu Piratenkapitän Avery

Der Pirat Henry Avery: Auch in der Videospiel-Serie «Uncharted» kommt er vor.

Der Brite Henry Avery gilt als erfolgreichster Seeräuber im Goldenen Zeitalter der Piraterie (1690–1720). Er stahl im Jahr 1695 im Indischen Ozean einen riesengrossen Schatz, heutiger Wert rund 100 Millionen Dollar. Anders als viele andere bekannte Piraten wurde Avery nie gefasst und verschwand spurlos.

Ein neuer Fund brachte dieses Jahr etwas Licht in sein mysteriöses Schicksal. An der Ostküste der USA fand ein Hobbyarchäologe eine Silbermünze, die vermutlich aus Averys Überfall stammt. Forscher halten es für plausibel, dass sich der Brite nach seinem Raub in die neuen Kolonien in Nordamerika absetzte – der Fund bestätigt diese Theorie. (abr)

Klimawandel: Das Zeitfenster schliesst sich

Die verheerenden Überschwemmungen im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz im Juli 2021.

Die Natur hat sich in diesem Jahr von ihrer extremsten Seite gezeigt: Überschwemmung in Deutschland, Hitze in Kanada, Feuer in der Türkei. Dass dies erst der Anfang ist, wenn die Erderwärmung nicht bald gebremst wird, unterstrich Anfang August der 6. Bericht des Weltklimarates IPCC zum aktuellen Zustand des Erdklimas an die politischen Behörden. Das Bild ist seit dem letzten Bericht vor acht Jahren noch schärfer geworden und die Zukunft wenig verheissungsvoll, falls in den nächsten Jahren nicht eine deutliche Trendumkehr bei den Treibhausgasemissionen erreicht wird.

Die neuen Ergebnisse sind ein Reality-Check. Das Zeitfenster, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, geht laut IPCC allmählich zu. Die CO2-Konzentration liegt heute etwa um 50 Prozent höher als in der vorindustriellen Zeit. Die Erdoberfläche hat sich gegenüber der vorindustriellen Zeit im globalen Durchschnitt um knapp 1,1 Grad erwärmt. Ein Ziel des Pariser Abkommens ist, die Erderwärmung um mehr als 1,5 Grad zu verhindern. Sogar beim günstigsten Emissionsszenario wird mit mehr als 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit diese Marke bereits in den 2030er-Jahren erreicht. (lae)

Energie in der Schweiz: Solarenergie alle zehn Jahre verdoppeln

Ausstieg aus der Kernkraft, Abkehr von der fossilen Energie, gleichzeitig muss in Zukunft 30 bis 50 Prozent mehr Strom produziert werden. Die Schweiz steht vor einer der grössten Herausforderungen, wie der erste umfassende Energiebericht des «Schweizer Kompetenzzentrums für Energieforschung – Strombereitstellung» zeigt. Mehr als die Hälfte des künftigen Strombedarfs muss für den Verkehr und das Heizen zur Verfügung gestellt werden. Einen grossen Teil des zusätzlichen Stroms kann man gemäss Bericht potenziell durch Sonnenenergie decken. So muss die Fotovoltaik-Kapazität alle zehn Jahre verdoppelt werden. Je mehr Energie aus verschiedenen nachhaltigen Quellen zur Verfügung steht, desto weniger Strom muss importiert oder durch Gaskraft produziert werden. Die Wissenschaftler rechnen, dass der Anteil an neuen erneuerbaren Energiequellen am gesamten Stromangebot 2050 etwa 45 Prozent beträgt. (lae)

Züchtung von Mini-Organen im All

Eine Spacex-Rakete bringt Ende August menschliche Zellen ins All. In der Schwerelosigkeit wächst Gewebe heran, das dereinst eine kranke Leber oder geschädigte Knorpel ersetzen könnte. Auch die Schweiz ist mit einem eigenen Versuch dabei. Der Weltraum wird zum ersten Mal zu einer Werkstätte, um Produkte für medizinische Zwecke oder für die Forschung herzustellen. Gewebe sind komplexe Wunderwerke, die auch Blutgefässe, Nerven, Stützstrukturen und noch viele weitere Komponenten enthalten.

Deshalb sollen die im All produzierten Organoide nur das Ausgangsmaterial für ganz unterschiedliche Strukturen von Zelltypen liefern. Solche Mini-Gewebe sind auch dafür gedacht, zum Beispiel Teile eines durch Krankheiten angegriffenen Organs wie etwa der Leber oder eines geschädigten Knorpels zu ersetzen. Eine weitere Möglichkeit ist, dass sie bei Medikamententests anstatt Tierversuchen zum Einsatz kommen. (bry)

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