It-Boy erobert Hollywood«Ich will ein warmer Lichtstrahl sein»
Schauspieler Jacob Elordi gilt als künftiger Megastar. Es gibt nur eine Sache, an der er scheitern könnte. Zeit, ihm ein paar Fragen zu stellen.
Was ist es nur, was diese Männer haben, die alle paar Jahre neu die Bildschirme und Leinwände überstrahlen – als Epiphanie für alles, was gerade begehrenswert ist?
Gerade war es noch Timothée Chalamet, davor kamen Tom Holland und Robert Pattinson. Die illustre Ahnenreihe ist lang, sie reicht zurück über Leonardo DiCaprio und Brad Pitt bis hin zu Paul Newman und James Dean. Der neueste Anwärter auf den Thron des ultimativen IT-Boys ist ein Australier, der bisher all seine Karten richtig spielt: Jacob Elordi.
«Ich werde immer ein zwölfjähriger Junge sein, der nicht glauben kann, dass er in Filmen auftritt», sagt Jacob Elordi (26). Er sitzt vor einem Laptop in Sydney in Australien, ein kurzer Zoom-Call ist noch drin mit ihm, mehr aber auch nicht. Im kleinen Videofenster geht unter, was für eine ungewöhnliche Erscheinung er ist: fast zwei Meter gross, braune, melancholische Schneewittchen-Augen unter ernsten geraden Brauen. Präsenter ist seine Stimme: tief, warm, mit einem kleinen Vibrato, ungewöhnlich für einen so jungen Mann. Die Grundlagen, um Fans jeglichen Geschlechts den Schlaf zu rauben, bringt Elordi zweifellos mit.
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Aber das ist natürlich nicht alles. Dass er das Potenzial zum Megastar hat, zeigt sich an den Rollen, die ihm gerade in Hollywood anvertraut werden: Charaktere, für die man Charisma in destillierter Form braucht. In Emerald Fennells neuem Film, der bemerkenswerten Thriller-Komödie «Saltburn», spielt er etwa den blaublütigen Felix Catton; ein junger Mann, der für nichts Geringeres als unsere Obsession mit Schönheit und Perfektion steht. Spürt man da nicht einen grossen Druck, glaubhaft unwiderstehlich zu sein?
Elordi wischt die Frage gelassen beiseite und erzählt von seiner klaren Idee, wie er Felix porträtieren wollte. «Ich habe mir einfach immer wieder gesagt: Ich will ein warmer Lichtstrahl sein.» Ach so. Wenns weiter nichts ist.
Auch sonst gibt der Australier nicht leichtfertig viel preis. Ein aufsteigender Star, dem die Menschen verfallen, der einen Mann spielt, dem die Menschen verfallen – ob er sich selbst denn in Felix wiedererkenne? Fast beleidigt klingt Elordi, als er verneint. Ihn und diese Figur verbinde nichts, er leihe ihr nur sein Gesicht.
Mit Blick auf seinen Lebenslauf lässt sich das verstehen. Während Felix Catton aus reichstem englischem Hause kommt, ist Jacob Elordi recht gewöhnlich im australischen Brisbane aufgewachsen. Sein Vater, beruflich Maler – aber nicht so einer, der Leinwände füllt, sondern einer, der Hauswände streicht –, kam als Kind aus dem Baskenland. Keine besonderen Privilegien also – ausser jene halt, die perfekte Gene so mit sich bringen.
«Mir gefällt der Gedanke, dass Kunst wichtig ist»
Die wiederum prädestinierten Elordi für seine nächste grosse Rolle. Für Sofia Coppola übernahm er die Aufgabe, den King of Rock ’n’ Roll, Elvis Presley, zu verkörpern, dem er tatsächlich etwas ähnlich sieht – in dem neuen Film «Priscilla», der diese Woche ins Kino kommt. Im ersten Teil bringt Coppola noch den vollen Elordi-Charme in Stellung – beim Werben um seine noch minderjährige künftige Braut Priscilla Beaulieu ist der Mann unfassbar ritterlich und verführerisch. Erst später enthüllen sich dann dunklere Seiten, Wutausbrüche, kleinliche Ticks und Obsessionen, für Priscilla wird es die Geschichte eines Ausbruchs. Elordi aber gelingt, was Sofia Coppola sich von ihm erhofft hat – er hält beide Seiten der Figur so gekonnt in der Schwebe, dass man nicht zu einfachen Urteilen kommt.
Solche Herausforderungen von grossen Filmkünstlern, sagt Elordi, suche er jetzt. Ein wiederkehrendes Thema seiner Interviews: «Wissen Sie, mir gefällt der Gedanke, dass Kunst wichtig ist.» Ruhm und Karriere?
Glaubt man seinen Beteuerungen, sind das für ihn nachrangige Überlegungen: «Ich diene einfach gerne Filmemachern. Ich liebe Menschen, die eine klare Vision haben und denen es nicht nur ums Geld geht.»
Klingt das nicht allzu musterschülerhaft? Nicht, wenn man dem Mann in die Augen schaut und dabei seinen tiefen Ernst sieht. Und einige seiner Entscheidungen beglaubigen das. Als er zum Beispiel zum Casting als neuer «Superman» geladen wurde – eine Rolle, die immer noch Prestige und Geld bedeutet –, sagte er ab. Und eher nicht mehr anzusprechen traut man sich seinen Karrierestart mit den drei Folgen der Netflix-Romanze «The Kissing Booth», wo er als Herzensbrecher Noah erstmals zum Teenieschwarm wurde.
Elordi verabscheut wohl jede Sekunde in diesem Zusammenhang und machte Schlagzeilen, als er die Reihe im britischen Magazin GQ «eskapistisch« und «lächerlich« nannte. Das sass, und einige seiner Fans nahmen und nehmen ihm das übel. Und dann war die Serie «Euphoria», die als Nächstes kam, schon ein anderes Kaliber.
Was aber Filmemacherinnen wie seine Regisseurin Sofia Coppola und ihr legendärer Kollege Paul Schrader («Taxi Driver», «American Gigolo«) in ihm sehen, ist noch mehr – eine Qualität, die für Schauspieler seiner Generation sehr rar geworden ist. Er sei ein Moviestar der alten Schule, sagen sie. Jene Spezies von Menschen, die einen ganzen Film tragen können, selbst wenn sie schauspielerisch praktisch gar nichts machen.
Was Elordi dann auch von seinen Vorgängern in der It-Boy-Liga unterscheiden würde, dem netten Spider-Man von nebenan, Tom Holland, und dem frechen, androgynen Timothée Chalamet.
Er mag einfach keine Interviews
Und trotzdem, es gibt eine Sache, die Elordi noch im Weg stehen könnte. Er mag einfach keine Interviews und keine öffentliche Selbstdarstellung – etwas, das einem auch recht schnell klar wird, wenn man mit ihm redet. Was man als It-Boy aber offensichtlich doch können muss – auch abseits der Leinwand sympathisch zu wirken.
Robert Pattinson, der in Interviews ganz im Gegensatz zu seinen oft düsteren Charakteren fröhlich-exzentrisch ist; Tom Holland, der durch seine Tanznummer in Stilettos und Lack-Pantys zu Rihannas «Umbrella« Furore machte; Timothée Chalamet, der bei «Saturday Night Live« den miesesten Gen-Z-Rap aller Zeiten hingelegt hat (Yeet Skrt!) – sie alle hatten und haben eine Prise Selbstironie, nehmen sich und vielleicht auch den ganzen Hollywood-Zirkus zumindest offiziell nicht so wichtig. Da mag Medientraining dahinterstecken. Es ist aber auch Zeitgeist.
Und das ist der offensichtliche Nachteil des Image eines oldschool Moviestars – es ist eben oldschool. Mit «gross, mysteriös und stark« wird man im Tiktok-Zeitalter so schnell nicht mehr unsterblich, denn womit soll die Maschine gefüttert werden? Aber wer Elordi in Gesprächen mit Schauspielkollegen sieht (etwa mit seinem «Saltburn»-Co-Star Barry Keoghan), der ahnt, dass hinter dem ganzen Cineasten-Pathos des 26-Jährigen auch ein entspannter Typ stecken könnte, der gerne herumwitzelt. Und wie praktisch – als ob es ein Publicity-Team geplant hätte –, kommt die Chance, diese Seite der Öffentlichkeit zu zeigen, genau jetzt: Am 20. Januar tritt Elordi bei der Sketch-Sendung «Saturday Night Live» auf. Und wenn der Australier den lockeren, authentisch selbstironischen Vibe der Zeit da nicht fühlt? Auch kein Problem. Dann muss er eben wieder den unwiderstehlichen «warmen Lichtstrahl« spielen. Kann er ja.
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