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Prozess gegen Epstein-Vertraute
Ghislaine Maxwell muss 20 Jahre ins Gefängnis

Kupplerin für einen Sexualverbrecher: Ghislaine Maxwell, Tochter des verstorbenen britischen Medienmoguls Robert Maxwell. (Archivbild)
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Ein Gericht in New York hat die Epstein-Vertraute Ghislaine Maxwell wegen Sexualverbrechen zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Die 60-Jährige müsse unter anderem wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken 20 Jahre ins Gefängnis, teilte Richterin Alison Nathan am Dienstag mit.

Epsteins Verbrechen seien «entsetzlich» und «abscheulich», sagte Nathan. «Miss Maxwell wird nicht anstelle von Epstein bestraft», betonte die Richterin. «Miss Maxwell wird für die Rolle, die sie gespielt hat, bestraft.»

Zum ersten Mal «Mitgefühl» für die Opfer

Der Schmerz der Opfer tue ihr leid, sagte Maxwell, in ein graues Oberteil gekleidet, dem Gericht. Dass sie Jeffrey Epstein getroffen habe, bereue sie mehr als alles Andere.

Wenig Mitleid mit Maxwell zeigte hingegen eines ihrer Opfer. Sie solle im Gefängnis sterben, sagte Sarah Ransome vor dem Gerichtsgebäude. «Ich habe 17 Jahre in meinem eigenen Gefängnis verbracht wegen all der Dinge, die Maxwell, Epstein und ihre Komplizen mir angetan haben», sagte die junge Frau, die in dem Prozess nicht als Nebenklägerin aufgetreten war.

«Mit dem heutigen Urteil wird Ghislaine Maxwell für ihre abscheulichen Verbrechen an Kindern zur Rechenschaft gezogen», sagte Bezirksstaatsanwalt Damian Williams. Das Urteil zeige, «dass niemand über dem Gesetz steht und dass es für Gerechtigkeit nie zu spät ist». Die Verteidigung der 60-Jährigen hatte zuletzt für eine deutlich mildere Haftstrafe von weniger als zehn Jahren plädiert. Die US-Staatsanwaltschaft hatte 30 Jahre bis 55 Jahre Haft gefordert.

«Raffinierte Sexualstraftäterin»

Maxwell war im Dezember von einer Jury in New York unter anderem wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken schuldig gesprochen worden. Maxwell galt als rechte Hand des bis in höchste Kreise vernetzten Geschäftsmanns Jeffrey Epstein und spielte eine zentrale Rolle beim Aufbau eines Rings zum sexuellen Missbrauch von Mädchen. Die Anklage bezeichnete sie als eine «raffinierte Sexualstraftäterin, die genau wusste, was sie tat». Sie habe zudem nie Reue gezeigt. Maxwell hatte angekündigt, in Berufung zu gehen.

Die Gerichtsverhandlung hatte weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie für viele nach dem Tod Epsteins als Stellvertreterprozess gesehen wurde. Dieser hatte sich offiziellen Angaben zufolge im Sommer 2019 in seiner Gefängniszelle umgebracht.

Jahrzehntelang soll der Missbrauch zahlreicher Minderjähriger auf Epsteins Anwesen in New York, Florida, Santa Fe und auf den Virgin Islands stattgefunden haben. Der Fall schlug in den USA auch deshalb hohe Wellen, weil der Unternehmer mit Prominenten wie den Ex-Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump, Milliardär Bill Gates und dem britischen Prinzen Andrew bekannt war. Eine frühere Anklage gegen ihn mündete in einem für Epstein sehr vorteilhaften Deal. Spätestens dadurch wurde er zum Symbol einer gesellschaftlichen Elite, die selbst mit Verbrechen durchkommt.

Maxwells Aufgabe beim systematischen Missbrauch durch Epstein war es der Anklage zufolge, das Vertrauen von Mädchen zu gewinnen und sie ihrem ehemaligen Partner – oft für sogenannte Massagen – zuzuführen. Einige Male sei Maxwell bei Übergriffen sogar anwesend gewesen. Auch habe sie eine «Kultur des Schweigens» aufgebaut, um die Taten geheim zu halten. Sie hatte dies der Anklage zufolge deshalb gemacht, um ihr eigenes Luxusleben bei Epstein aufrecht zu erhalten.

Chronologie

Maxwell ist die Tochter des legendären britischen Verlegers Robert Maxwell (1923-1991) und war Anfang der 1990er Jahre nach New York gekommen. Dort traf sie den US-Milliardär Epstein auf einer der zahlreichen Promi-Partys und war zeitweise mit ihm liiert. Epsteins Umfeld beschrieb ihre Rolle in seinem Leben als eine Mischung aus Angestellter und bester Freundin.

Die Verurteilung von Maxwell zu 20 Jahren Haft ist ein weiteres Kapitel in dem Missbrauchsskandal um Jeffrey Epstein. Seine Aufarbeitung beschäftigt Justiz und Öffentlichkeit bereits seit Jahren:

Epsteins Festnahme

Epstein wird am 6. Juli 2019 in den USA festgenommen. Dem 66-jährigen Finanzinvestor werden sexueller Missbrauch von Minderjährigen und Zusammenschluss zu einer kriminellen Vereinigung zur Last gelegt – dafür drohen ihm insgesamt 45 Jahre Haft. Mindestens von 2002 bis 2005 soll Epstein Teenagerinnen in seine Anwesen in Manhattan und Palm Beach bestellt haben, um sie zu missbrauchen.

Bereits 2008 war Epstein verurteilt worden, weil er die Dienste von Dutzenden minderjährigen Prostituierten in Anspruch genommen hatte. Wegen eines umstrittenen Deals mit der Staatsanwaltschaft lautete die Strafe damals aber nur 18 Monate Gefängnis.

Tod in der Gefängniszelle

Am 10. August 2019 wird Epstein erhängt in seiner New Yorker Gefängniszelle gefunden. Der Tod des ehemals gut vernetzten Milliardärs löst Verschwörungstheorien aus. Das FBI und das Justizministerium leiten eine Untersuchung ein. Eine Autopsie bestätigt Tod durch Suizid.

Das Verfahren ist damit eingestellt. Die Staatsanwaltschaft kündigt aber an, Epsteins Verbrechen weiter zu untersuchen und mögliche Komplizen zur Rechenschaft zu ziehen.

Vorwürfe gegen Prinz Andrew

Prinz Andrew, der früher enge Kontakte zu Epstein hatte, weist am 17. November 2019 in einem Interview im britischen Fernsehen «kategorisch» den Vorwurf zurück, er habe die US-Bürgerin Viriginia Giuffre als Minderjährige sexuell missbraucht. Das Interview wird zum Fiasko für den Sohn der britischen Königin Elizabeth II.. Er kündigt am 20. November an, seine öffentlichen Verpflichtungen als Mitglied des Königshauses ruhen zu lassen.

Festnahme von Ghislaine Maxwell

Wegen des Vorwurfs, sie habe wiederholt Opfer für Epstein rekrutiert, wird dessen Vertraute Ghislaine Maxwell am 2. Juli 2020 in den USA festgenommen. Wegen Sexhandels mit Minderjährigen kommt die Britin in Untersuchungshaft.

Kompromittierende Kontakte

Das US-Private-Equity-Unternehmen Apollo Global Management verkündet im März 2021 das Ausscheiden seines Chefs Leon Black, der geschäftliche Beziehungen zu Epstein unterhielt.

Im August 2021 bezeichnet Microsoft-Gründer Bill Gates seine Treffen mit Epstein zum Eintreiben von Spenden für wohltätige Zwecke als «riesigen Fehler».

Die britische Barclays-Bank kündigt im November das Ausscheiden seines Chefs Jes Staley an, den die Finanzbehörden wegen seiner Verbindungen zu Epstein im Visier haben.

Klage gegen Prinz Andrew

Im August 2021 reicht Giuffre in New York in einem Zivilverfahren Klage gegen Prinz Andrew ein. Die britische Polizei teilt im Oktober nach einer erneuten Prüfung der Missbrauchsvorwürfe mit, dass sie keine weiteren Schritte gegen den Royal ergreife.

Schuldspruch gegen Maxwell

Nach einem einmonatigen Prozess spricht ein New Yorker Geschworenengericht Maxwell am 29. Dezember wegen Sexualverbrechen schuldig, darunter Sexhandel mit Minderjährigen. Ihre Anwälte kündigen Berufung an und fordern wegen der erst im Nachhinein bekannt gewordenen Missbrauchserfahrungen von einem der Geschworenen einen neuen Prozess. Die Forderung wird Anfang April zurückgewiesen. Am 15. Juni bitten Maxwells Anwälte um eine milde Strafe von unter 20 Jahren Haft.

Aussergerichtliche Einigung von Giuffre und Prinz Andrew

Am 12. Januar 2022 weist die US-Justiz die Forderung nach Einstellung des Zivilverfahrens gegen Prinz Andrew zurück. Drei Tage später verkünden Giuffres Anwälte eine aussergerichtliche Einigung mit dem Royal. Die Entschädigungssumme wird nicht öffentlich gemacht, britischen Medien zufolge sind es umgerechnet mehr als 14 Millionen Euro.

Verkündung des Strafmasses für Maxwell

In New York wird am 28. Juni 2022 das Strafmass für Maxwell verkündet. Die 60-Jährige muss demnach für 20 Jahre hinter Gittern. Für Maxwell bedeutet es voraussichtlich dennoch, dass sie den Rest ihres Lebens grösstenteils oder sogar komplett hinter Gittern verbringen muss.


sda/afp