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Neuer Gesamtarbeitsvertrag
Nach Kritik von oberstem Hotelier: Druck auf Gastro Suisse steigt

Blick hinter die Kulissen im Hotel Seedamm Plaza am 31. Maerz 2014.

Ein Zimmermaedchen Bereitet die Betten fuer die neuen Gaeste vor.
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Seit 1998 besteht er schon, der Gesamtarbeitsvertrag der Gastronomie und Hotellerie (L-GAV), und wurde seitdem nie erneuert. Doch in Zeiten von Fachkräftemangel und neuen Anforderungen an attraktive Arbeitsplätze würden die Gewerkschaften und Verbände der Arbeitnehmerseite diesen gerne neu verhandeln. Nur konnte man sich bisher nicht auf die Neuaufnahme von Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite einigen.

Doch nun haben die Gewerkschaften Unterstützung von unerwarteter Seite erhalten. Im Interview mit dieser Redaktion sprach sich der neue Präsident von Hotelleriesuisse Martin von Moos kürzlich deutlich für eine Neuaufnahme von Verhandlungen aus: «Wir von Hotelleriesuisse wollen den Gesamtarbeitsvertrag neu verhandeln, um den Mitarbeitenden zusätzliche Attraktivität zu bieten.» Und er kritisiert den zweiten grossen Arbeitgeberverband bei der Verhandlung, Gastro Suisse und dessen Präsidenten Casimir Platzer.

Gastro Suisse wolle momentan nicht in Verhandlungen eintreten. Herr Platzer – das sei kein Geheimnis – suche eine Nachfolge. «Vielleicht gibt es bald eine Nachfolgeregelung, und es kommt etwas Bewegung ins Thema», so von Moos. Er werde sicher seinen Teil zu einer Lösungsfindung beitragen, um dieses Vertragswerk weiterzubringen.

Kommt bei Gastro Suisse der Neustart im Juni?

Gemeint ist, dass Casimir Platzer, der seit 2014 im Amt ist, an der Delegiertenversammlung diesen Juni nicht erneut antritt. Seine dritte Amtszeit endet, und damit hat er das Maximum bei der Amtszeitbeschränkung erreicht. Für eine vierte könnte er nur antreten, wenn sich eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten daf¨ür aussprechen würde. Doch dies führt er gegenüber der Nachrichtenagentur SDA-Keystone nicht als Grund an. Vielmehr wolle er kein Sesselkleber sein, so Platzer. Wer ihm nachfolgen wird, ist derzeit unbekannt. Eine Findungskommission beschäftigt sich noch bis Ende Januar mit der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten.

Der Verband unter Platzer wirft den Gewerkschaften zusammengefasst vor, die im L-GAV vereinbarten Löhne durch kantonal festgelegte Mindestlöhne aushebeln zu wollen. Gemeint ist der Einsatz der Gewerkschaften für kantonale oder städtische Mindestlöhne. Gastro Suisse will, dass im GAV vereinbarte Löhne davon ausgeschlossen sind. Und setzt die Verhandlungen deshalb seit gut fünf Jahren aus.

Casimir Platzer, Praesident GastroSuisse, spricht waehrend einer Medienkonferenz zu "Aufhebung der Corona-Massnahmen", am Dienstag, 25. Januar 2022 in Bern. Vereinigungen und Vertreter rechter Parteien fordern die sofortige Aufhebung der Gesundheitsmaßnahmen. (KEYSTONE/Anthony Anex)

Dass nun wirklich, wie von Martin von Moos angedeutet, ein Neustart kommen könnte, deutet auch Renato Pedroncelli, Präsident von Gastro Schaffhausen, an. Denn nicht nur Platzer hört auf, sondern wegen der Amtszeitbeschränkung auch drei weitere Mitglieder des neunköpfigen Vorstands. Zudem würden mehrere Präsidenten der regionalen Sektionen des Verbands demnächst aus Altersgründen ihr Amt abgeben oder hätten dies schon getan. Auch Pedroncelli hört demnächst auf. «Die Verbände werden in jüngere Hände weitergegeben, damit die heutigen Herausforderungen aus einer anderen Perspektive gesehen werden.» Pedroncelli erwartet deshalb einen «echten Umbruch».

Gewerkschaften wittern Morgenluft

Die klaren Worte vom Präsidenten von Hotelleriesuisse Martin von Moos freuen derweil die Gewerkschaften. Sie hoffen nun auf noch mehr Rückenwind von der Arbeitgeberseite. «Wir unterstützen die Aussagen von Herrn von Moos und finden es gut, dass Hotelleriesuisse Farbe bekennt», sagt etwa Roger Lang, Leiter Recht – Sozialpolitik – Kampagnen bei der Hotel & Gastro Union.

Erst kürzlich hat der Personalverband eine Petition mit über 20’000 Unterschriften aus der Branche an Gastro Suisse übergeben, mit der zu Vertragsverhandlungen aufgerufen wird und vier konkrete Verbesserungen zur Behebung des Arbeitskräftemangels gefordert werden. Darunter bessere Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit durch attraktivere Arbeitszeiteinteilungen und verlässliche Dienstpläne sowie eine generelle Lohnerhöhung auf allen Stufen.

Als kleiner Erfolg konnte nun verbucht werden, das Gastro Suisse anlässlich ihrer Vorstandssitzung im Februar die Personalvertretung eingeladen hat, die Anliegen detaillierter zu erklären. Um die Forderungen mit konkreten Zahlen zu unterfüttern, hat die Hotel & Gastro Union zudem vor einer Woche eine Onlineumfrage zu den Arbeitsbedingungen in der Gastro- und Hotelbranche gestartet mit bereits über 2000 Teilnehmenden.

Positiv überrascht zeigt sich ebenfalls die Gewerkschaft Syna. «Bis jetzt gingen wir von einer totalen Blockadehaltung der Arbeitgeber aus. Nun zeigt sich ein differenziertes Bild», sagt Guido Schluep, Branchenleiter Gastro. Die Wand des Widerstands bröckle nun. «Wir sind bereit, die Verhandlungen sofort wieder aufzunehmen», so Schluep weiter. Der Gewerkschafter verteidigt zudem grundsätzlich ihren Einsatz bei regionalen Abstimmungen über Mindestlöhne. «Denn in den Verhandlungen mit den Arbeitgebern wird es immer schwieriger, substanzielle Lohnerhöhungen zu vereinbaren.»

Kritik auch innerhalb von Gastro Suisse

Und wie reagiert Casimir Platzer auf die Kritik von seinem Präsidentenkollegen von Hotelleriesuisse? Der Präsident von Gastro Suisse will sich dazu nicht äussern und verweist auf ein Statement, das er am Wochenende zum Thema gegeben hatte: Darin verweist Platzer auf die Resolution von Gastro Suisse aus dem Jahr 2019 zum L-GAV. Vor bald fünf Jahren habe Gastro Suisse beschlossen, «die Verhandlungen für einen neuen L-GAV so lange auszusetzen, bis die Gewerkschaften aufhören würden, wichtige Punkte des GAV mit gesetzlichen Bestimmungen zu übersteuern». Er zeigt sich darin jedoch offen für Vorschläge zur Attraktivierung der Arbeitsbedingungen in der Branche. «Das können wir in unseren Betrieben selber machen und müssen deshalb nicht den GAV neu erfinden», so Platzer.

Doch auch innerhalb von Gastro Suisse sind längst nicht mehr alle mit der Blockadehaltung des Verbands einverstanden. So sagt beispielsweise Nicolas Kern, Präsident von Gastro Zürich: «Ich betrachte den GAV als fundamental wichtig für ein gutes Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Angestellten. Es ist deshalb für mich völlig klar, dass wir die Verhandlungen wieder aufnehmen müssen, um den GAV zeitgemäss ausgestalten zu können.»