Abfahrt der Frauen in KvitfjellDie Schweizerinnen wirken ratlos – und es stellt sich eine wichtige Frage
Die Österreicherin Cornelia Hütter gewinnt vor einer verblüffenden Deutschen, die Schweizerinnen Lara Gut-Behrami und Corinne Suter enttäuschen. Swiss-Ski droht ein Ziel zu verpassen.

Lara Gut-Behrami schüttelt nur den Kopf. Corinne Suter schaut mit starrem Blick und ziemlich ungläubig auf die Anzeigetafel. Malorie Blanc streckt im Ziel die Zunge raus. Und Priska Ming-Nufer wirkt nach dem Rennen vor allem eines: ratlos.
Es reicht ein Blick ins Gesicht der Schweizerinnen respektive das Deuten ihrer Gesten, und sofort ist klar – diese Abfahrt ist überhaupt nicht nach ihrem Geschmack verlaufen. Im Gegenteil: Gut-Behrami ist als Zwölfte noch die Beste, auf Siegerin Cornelia Hütter büsst sie 1,10 Sekunden ein. Suter folgt auf Rang 14, Delia Durrer wird 20. Es ist das schwächste Teamergebnis seit dem Saisonauftakt in Sölden, wobei da Gut-Behrami auf den Start verzichtet hatte.
Bonjour Tristesse also im helvetischen Speedteam? Nun, einige Probleme sind definitiv vorhanden. Nur Gut-Behrami und Suter sind in der Lage, mit der Weltspitze mitzuhalten, Suter aber mangelt es in ihrer Comeback-Saison nach auskurierter Knieverletzung verständlicherweise an Konstanz, die Tessinerin wiederum tut sich auf gewissen Strecken schon fast traditionsgemäss schwer. In Kvitfjell ist das abermals augenfällig: Im mittleren, technischen Sektor realisiert sie Bestzeit, in den Gleiterabschnitten jedoch fährt sie der Konkurrenz hinterher. Schon beim ersten Tor habe die Linie nicht gepasst, resümiert Gut-Behrami, sie sei zu ungeduldig gewesen und im unteren Teil auch noch zu weit gesprungen. «Da gibt es sonst nicht mehr viel zu analysieren.»
Brignone baut Führung im Gesamtweltcup aus
Fakt ist: Liefert Gut-Behrami nicht und wächst auch Suter nicht über sich hinaus, hat die Swiss-Ski-Belegschaft in den Speeddisziplinen derzeit nichts zu melden. Michelle Gisin befindet sich im grössten Tief ihrer Karriere, Joana Hählen kämpft mit ihren lädierten Knien, bei Durrer ist die Entwicklung arg ins Stocken geraten, vorab die technischen Defizite sind schwer erklärbar. Talent Blanc ihrerseits befindet sich in ihrer Debütsaison im Weltcup und wird noch viel Zeit benötigen.
Ändert sich nicht schnell etwas, müssen sich die Verantwortlichen etwas Sorgen machen hinsichtlich des übernächsten Winters, der dann ohne Gut-Behrami vonstatten gehen wird, die im Frühling 2026 aufhören will. Es ist die Masterfrage im Skiverband, wie jener Rücktritt zumindest im Ansatz kompensiert werden kann.
Bleibt aus Schweizer Sicht zu hoffen, dass Talente wie Stefanie Grob und Jasmin Mathis, die am Donnerstag mit Gold und Silber an der WM der Juniorinnen glänzten, rasch Fortschritte erzielen werden. Im Nationenklassement jedenfalls drohen die Schweizerinnen ihre Führung noch zu verspielen, die Italienerinnen liegen nur noch 210 Punkte zurück. Auch die Österreicherinnen könnten theoretisch noch vorbeiziehen.
Apropos Österreich: Während die Männer von Ski Austria nach wie vor auf den ersten Saisonsieg im Weltcup warten, glänzt Cornelia Hütter mit dem neunten Erfolg in ihrer Karriere. Sie siegt 15 Hundertstel vor Emma Aicher, die ihren ersten Podestplatz realisiert. Die Deutsche bestreitet als Einzige alle Disziplinen, ihr Auftritt mit der ungünstigen Nummer 27 ist verblüffend.
Auf Platz 3 fährt Weltmeisterin Breezy Johnson, sie bestätigt ihren Coup von Saalbach bei erster Gelegenheit. Fünfte wird derweil Federica Brignone, die ihre Führung im Gesamtweltcup ausbaut: Sie liegt nun 213 Zähler vor Gut-Behrami. Vorsprung und Formkurve sprechen im Kugelkampf klar für die Italienerin.
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Startnummer 11 – Kajsa Lie
2023 gewann sie in Kvitfjell die Abfahrt – es ist bis heute ihr einziger Weltcupsieg geblieben. Schon mit 11 fuhr sie auf dieser Piste ein Skirennen, sie trainiert auch oft auf dem «Olympiabakken». Das nützt alles nichts. Rang 7 ist eine grosse Enttäuschung für Lie.
Startnummer 10 – Laura Pirovano
Im ersten Training überzeugte sie als Dritte. Die Form stimmt, Pirovano hat sich dank konstanten Ergebnissen einen Platz in den Top 10 der Abfahrts-Weltrangliste ergattert. Sie fährt auf Zwischenrang 3, ganz knapp hinter Teamkollegin Brignone.
Startnummer 9 – Cornelia Hütter
Die Österreicherin war im letzten Winter die beste Abfahrerin, nun liegt sie in der Disziplinenwertung hinter Brignone und Sofia Goggia auf Platz 3. Zumindest auf Brignone wird sie den Rückstand verringern, mit über einer halben Sekunde Vorsprung verdrängt sie diese von der Spitze.
Startnummer 8 – Stephanie Venier
Die Super-G-Weltmeisterin war zuletzt krank, sie konnte nur reduziert trainieren. Doch die Nachwirkungen sind zu spüren: Mehrmals kommt Venier von der Ideallinie ab, es reicht der Österreicherin nur für Platz 6.
Startnummer 7 – Ester Ledecka
Die WM-Dritte, die ganz nebenbei noch die weltbeste Alpin-Snowboarderin ist, zeigt ein solides Rennen. Sie verliert weniger als eine halbe Sekunde, aber weil die Abstände vorne sehr gering sind, reicht das für die Tschechin nur für Rang 4.
Startnummer 6 – Federica Brignone
Besser in Form kann man kaum sein: Brignone führt im Gesamt- und im Abfahrtsweltcup, in dieser Saison hat sie ihre ersten zwei Rennen in der Königsdisziplin gewonnen. Und die Italienerin liefert erneut, mit zwei Zehnteln Reserve schwingt als Schnellste ab.
Startnummer 5 – Ilka Stuhec
Einige haben es wohl längst vergessen, aber die Slowenin ist zweifache Abfahrts-Weltmeisterin (2017, 2019). Die Piste in Kvitfjell behagt ihr, und mit 13 Hundertsteln Vorsprung übernimmt die 34-Jährige auch die Spitze.
Startnummer 4 – Marta Bassino
Die Italienerin wurde gestern 29, am Abend gab es einen Kuchen von den Teamkolleginnen. Nur: In diesem Winter hat Bassino noch kaum Grund zum Feiern gehabt. Im Riesenslalom, ihrer Spezial-Disziplin, läuft es überhaupt nicht. Rang 3 mit 1,32 Sekunden Rückstand ist gewiss auch kein Schritt aus der Krise.
Startnummer 3 – Ariane Rädler
Die Österreicherin liegt ganz oben klar zurück, holt im Mittelteil dann viel Zeit auf. Im finalen Gleiterteil aber kann sie wiederum nicht mit Wiles mithalten. Mit 44 Hundertsteln Rückstand fährt sie auf Zwischenrang 2.
Startnummer 2 – Jacqueline Wiles
Als hoffnungsvolles Nachwuchstalent war Wiles in der Saison 2015/16 die erste Stipendiatin der Lindsey-Vonn-Stiftung. Dank der Unterstützung hat es die Amerikanerin immerhin in die erweiterte Weltspitze geschafft. Sie zeigt eine gute Fahrt und ist deutlich schneller als Gauché. Der Vorsprung im Ziel: 1,43 Sekunden.
Startnummer 1 – Laura Gauché
Los geht es in Kvitfjell. Lara Gauché eröffnet das Rennen, die Französin ist in ihrer Karriere einmal auf dem Podest gestanden, vor zwei Jahren wurde sie in Crans-Montana Dritte in der Abfahrt. Mit 1:33:73 setzt sie die erste Richtzeit.
Die Bedingungen
Die Sonne scheint in Norwegen, es ist windstill und die Piste sei in einem sehr guten Zustand, sagen diverse Experten. Besser könnten die Bedingungen also nicht sein. Die Schweizer Mitfavoritinnen Lara Gut-Behrami und Corinne Suter starten mit den Nummern 13 und 14.
Schweizer Erfolge in Kvitfjell
Die Frauen sind noch nicht oft auf der Piste in Norwegen gefahren. 1996 gewann hier Heidi Zurbriggen die Abfahrt, es war ihr erster Weltcupsieg. Lara Gut-Behrami wurde im letzten Winter in den beiden Super-Gs Erste und Zweite.
Die Schweizerinnen
Corinne Suter und Lara Gut-Behrami überzeugten im zweiten Training mit den Rängen 5 und 6. Sie gehören ebenfalls zu den Anwärterinnen auf einen Podestplatz. Mit dabei sind auch Malorie Blanc, Michelle Gisin, Priska-Ming-Nufer, Delia Durrer, Joana Hählen, Janine Schmitt und Livia Rossi. Punkte können sie alle gebrauchen. Es geht darum, sich in die Top 25 des Abfahrts-Weltcups zu hieven, um dann Ende März auch das letzte Saisonrennen in Sun Valley bestreiten zu können.
Die Ausgangslage
Erst vier von acht Abfahrten sind in diesem Winter absolviert worden. In Kvitfjell stehen heute und morgen zwei Rennen in der Königsdisziplin auf dem Programm, der Kreis der Favoritinnen ist einigermassen gross. Zu beachten gilt es die formstarke Gesamtweltcup-Führende Federica Brignone, die auch in der Disiziplinenwertung vorne liegt, sowie deren italienische Landsfrau Sofia Goggia. Weltmeisterin Breezy Johnson glänzte mit der Bestzeit im gestrigen Training, mit den Österreicherinnen Cornelia Hütter und Mirjam Puchner ist ebenfalls zu rechnen. Und «Wintersport-Wunderfrau» Ester Ledecka behagt die Piste in Norwegen sehr gut.
Herzlich willkommen
Bei den Frauen macht der Weltcup im norwegischen Kvitfjell Halt. Um 10.30 Uhr geht es los mit der Abfahrt. Verfolgen Sie das Rennen bei uns im Live-Ticker.
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