FPÖ vor MachtübernahmeÖsterreichs Rechtspopulisten zündeln auf dem Balkan
Eine FPÖ-geführte Regierung in Wien könnte auch für den Balkan unangenehme Folgen haben. Die Populisten pflegen enge Beziehungen zu dortigen Autokraten und stellen die Nachkriegsordnung infrage.
- Aleksandar Vucic gratuliert Herbert Kickl zur Bildung einer neuen Regierung.
- Die FPÖ wirft der EU Erpressungsmethoden gegen Serbien vor.
- Internationale Beobachtende kritisieren Unregelmässigkeiten bei Serbiens Wahlen 2023.
- Belgrad freut sich über die FPÖ-Ablehnung der Unabhängigkeit Kosovos.
Kaum hatte Herbert Kickl das Mandat zur Bildung einer neuen österreichischen Regierung erhalten, meldete sich der serbische Autokrat Aleksandar Vucic zu Wort. Er gratulierte dem FPÖ-Chef zur «ehrenvollen Aufgabe», sprach von gegenseitigem Respekt und Vertrauen und bot ihm eine enge Zusammenarbeit an.
Mit Kickl als Bundeskanzler dürfte Vucic einen weiteren Fürsprecher in Brüssel haben – neben dem Ungarn Viktor Orban und dem Slowaken Robert Fico. Die beiden gelten als Putins Männer in der EU-Zentrale. Die FPÖ legt keinen besonderen Wert darauf, dass Serbien die Kriterien für einen EU-Beitritt erfüllt. Sie wirft der EU sogar «Erpressungsmethoden» gegen den Balkanstaat vor.
Bündnis zwischen FPÖ und Vucic
Brüssel fordert die Regierung in Belgrad auf, die EU-Sanktionen gegen Russland zu übernehmen, so wie es bereits alle Staaten des westlichen Balkans getan haben. Präsident Vucic müsse nicht die verfehlte Politik der «abgehobenen EU-Elite» mittragen, behaupten FPÖ-Europapolitiker. Von den Balkanstaaten soll gemäss FPÖ nur Serbien der EU beitreten. Eine Mitgliedschaft streben auch Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Kosovo an.
Harald Vilimsky, Chef der FPÖ-Delegation im EU-Parlament, bezeichnete es als «epochales Ereignis», dass er im vergangenen September vom serbischen Staatschef Vucic in Belgrad empfangen wurde. «Wir wollen ein Bündnis schmieden, um die Angriffe von Politikern des linken Spektrums auf Serbien und Ungarn zu stoppen», erklärte Vilimsky gegenüber der Zeitung «Vecernje novosti».
Während internationale Beobachter die grossen Unregelmässigkeiten bei den letzten Parlamentswahlen in Serbien Ende 2023 anprangerten, verteidigten Vertreter der FPÖ diese. Mit dem Einzug von Donald Trump ins Weisse Haus diese Woche wird sich die rechtsgerichtete Internationale in Osteuropa deutlich gestärkt fühlen. (Lesen Sie dazu die Analyse «Trump entfesselt sich – und seine Bewunderer in Europa mit ihm»).
Gegen die Unabhängigkeit Kosovos
Mit Genugtuung reagiert Belgrad auch auf die Ablehnung der Unabhängigkeit Kosovos durch einige Exponenten der FPÖ. Damit fallen die österreichischen Rechtspopulisten den einflussreichsten westlichen Staaten in den Rücken, die Kosovo als Staat akzeptieren. Regierungsfreundliche Medien in Belgrad prophezeien hoffnungsfroh, dass die neue Regierung in Wien unter der Führung von Herbert Kickl sogar die Anerkennung Kosovos zurückziehen werde.
Die FPÖ trat auch für die weitere Isolierung Kosovos ein und bekämpfte erfolglos die Visaliberalisierung für die Bürgerinnen und Bürger des kleinen Balkanstaates, die vor einem Jahr in Kraft trat. Es drohe ein Ansturm von Wirtschaftsmigranten auf die Schengen-Staaten, teilte die FPÖ alarmistisch mit. Doch nichts davon trat ein.
Wien als «drittgrösste serbische Stadt der Welt»
Die FPÖ-Führung pflegt ausserdem enge Beziehungen zum bosnisch-serbischen Separatistenführer Milorad Dodik. Man hilft sich im Wahlkampf und besucht sich gegenseitig. Dodik hat die in Wien lebenden Serben aufgerufen, die FPÖ zu wählen.
Allein in der österreichischen Hauptstadt leben gemäss Schätzungen etwa 200’000 Menschen serbischer Abstammung. Wien wird – nach Belgrad und Novi Sad – die «drittgrösste serbische Stadt der Welt» genannt. FPÖ-Politiker haben sich in der Vergangenheit nicht gescheut, Dodiks Initiativen zur Schwächung des bosnischen Gesamtstaates zu unterstützen.
Herbert Kickl hält die rechtsextreme «Identitäre Bewegung» für ein «interessantes und unterstützungswertes Projekt», eine Art «NGO von rechts». Bei einer Party der Identitären in Wien im vergangenen Sommer wurde der Holocaust als «geil» bezeichnet und ein «Srebrenica 2.0» gefordert. In der ostbosnischen Kleinstadt hatte das bosnisch-serbische Militär 1995 etwa 8000 muslimische Männer ermordet. Das Massenverbrechen wurde von der UNO-Justiz als Völkermord eingestuft.
Als Hauptverantwortliche hat das UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien die politischen und militärischen Führer der bosnischen Serben, unter anderem der Psychiater Radovan Karadzic und General Ratko Mladic, zu lebenslanger Haft verurteilt.
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