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Neuer Finma-Chef
Ein «lautloser Jäger» aus Deutschland soll über die UBS wachen

Er geniesst in Fachkreisen einen sehr guten Ruf: Stefan Walter, neuer Chef der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht.
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Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma hat einen Nachfolger für Urban Angehrn gefunden, der letzten September inmitten der Wirren nach dem Ende der Credit Suisse aus gesundheitlichen Gründen als Direktor zurückgetreten war. Der Neue heisst Stefan Walter, ist Deutscher und arbeitet im Moment noch bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt.

Walter tritt die Position im April an und hat gegenüber seinem Vorgänger einen Vorteil: Er kennt sich schon gut mit Banken aus, bevor er die Stelle antritt. Angehrn war Ende 2021 als Versicherungsexperte zur Finma gestossen, zuvor hatte er beim Versicherer Zurich gearbeitet.

Zwar ist die Finma auch für die Aufsicht über Versicherungen zuständig. Aber die grossen Herausforderungen der Behörde liegen in der Bankenaufsicht. Dort steht sie in der Kritik, weil sie den Untergang der Credit Suisse nicht hat verhindern können.

Zu welchem Grad man ihr das Ende der CS vorwerfen kann, wird gerade durch verschiedene Gremien abgeklärt. In Zukunft wird ein wichtiger Teil ihrer Arbeit sein, die UBS zu kontrollieren, deren Grösse nach Übernahme der Credit Suisse ein existenzielles Risiko für die Schweizer Volkswirtschaft darstellt.

Er weiss, «was bei Banken schiefgehen kann»

Anders als Angehrn hat Stefan Walter jahrzehntelange Erfahrung in der Bankenregulierung. Nach 15 Jahren in verschiedenen Positionen bei der New Yorker Zweigstelle der amerikanischen Zentralbank arbeitete er ab 2006 bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Dort koordinierte er nach der Finanzkrise die Verhandlungen über die sogenannten Basel-III-Richtlinien, die die Banken für den Fall einer nächsten Krise widerstandsfähiger machen sollten. 

Walter habe dabei auch gegen den Widerstand gewisser Mitglieder harte Massnahmen durchgesetzt, sagt Daniel Zuberbühler, der die Richtlinien damals mit Walter erarbeitete und gleichzeitig Vizepräsident der Finma war.

«In diesen Jahren wurden entscheidende Reformen für das Finanzsystem in die Wege geleitet», sagt er und ergänzt: «In seiner langjährigen Tätigkeit in europäischen und amerikanischen Aufsichtsbehörden hat er alles gesehen, was bei Banken schiefgehen kann. Ich bin begeistert von seiner Wahl.»

2014 wechselte Walter zur EZB und nahm eine tragende Rolle ein, als diese als Folge der Finanzkrise die Aufsicht über die damals 120 wichtigsten Banken im Euroraum übernahm. Ab 2020 führte er eine Sparte, die sicherstellen soll, dass bei allen beaufsichtigten Banken die gleichen Prozeduren und Standards angewandt werden. Damit arbeitete er direkt unter dem hauptverantwortlichen Aufsichtsgremium.

Sein Name ist nicht geläufig

Vergangenen Sommer kündigte er seine Stelle auf Ende 2023. «Jetzt ist eine gute Zeit, um neue Möglichkeiten anzugehen, wie ich mich einbringen kann», schrieb er damals auf der Karriereplattform Linkedin. Die Finma hat Walter also nicht von der EZB abgeworben; im Moment arbeitet er dort noch in beratender Funktion seinen Nachfolger ein.

Selbst Personen, die sich beruflich mit der europäischen Bankenaufsicht beschäftigen, war der Name Stefan Walter bisher nicht geläufig. Kaum je ist er öffentlich in Erscheinung getreten, und wenn, dann wurde sein leiser Auftritt betont. Über sein Privatleben ist nur bekannt, dass er grosse Teile seiner Jugend in den USA verbracht hat, verheiratet ist und drei erwachsene Kinder hat. Er und seine Frau werden für seine neue Anstellung in die Schweiz ziehen.

Walter meide die Öffentlichkeit und halte selten Reden, porträtierte ihn die deutsche «Wirtschaftswoche» 2014 in einem seltenen Artikel nach dem Amtsantritt in Frankfurt. Bei dem Absolventen der Eliteuniversität Berkeley hätten es die Banker «mit einem lautlosen Jäger und akribischen Aufseher zu tun, der sich Zeit nimmt, genauestens in die Geschäftsbücher zu schauen, um dann in der Sache umso unerbittlicher argumentieren zu können».

Ein hochrangiger Schweizer Banker, der Walter dagegen schon vor dessen Ernennung auf dem Radar hatte und anonym bleiben will, bezeichnet ihn als «anerkannten Aufseher und gut vernetzt». Leute mit seinem Werdegang, die auch noch Deutsch sprächen, seien selten.

Wie wird er mit Präsidentin Amstad zusammenarbeiten?

Walters Wahl könne der Finma nach den Turbulenzen in den letzten Monaten Glaubwürdigkeit zurückgeben, sagt der Banker. Die grosse Frage sei, wie er mit Präsidentin Marlene Amstad zusammenarbeiten werde. In den letzten Monaten wurde ihr dominanter Führungsstil als Problem an der Spitze der Behörde wahrgenommen. Im Herbst kam es auch aus diesem Grund zu einer Häufung von Kündigungen in der Behörde. Auch beim Abgang von Mark Branson, einem seiner Vorgänger, dürften die Spannungen eine Rolle gespielt haben.

Allerdings zeichnet sich ab, dass Walter einen grösseren Gestaltungsspielraum haben dürfte als Angehrn. Amstad kündigte vergangenes Wochenende gegenüber Radio SRF an, dass sie in die zweite Reihe zurücktreten wolle, sobald ein neuer Direktor seine Stelle angetreten habe. 

Zudem dürfte das Instrumentarium der Finma nach dem CS-Desaster erweitert werden. Es ist wahrscheinlich, dass ihr die Politik die Kompetenz zuspricht, Bussen an Institute zu verteilen und verantwortliche Manager zu sanktionieren. Weniger gute Chancen haben dagegen andere Massnahmen zur Bankenregulierung, wie eine Erhöhung der Eigenkapitalquote oder ein Boni-Verbot.

Da bis zur Einführung der neuen Instrumente noch Jahre vergehen werden, stellt sich die Frage, wie lange Walter noch damit hantieren darf: Er ist 59-jährig, das Pensionsalter bei der Finma liegt bei 65. In Ausnahmefällen ist allerdings eine Beschäftigung bis 70 möglich.

Ein ehemals hochrangiger Mitarbeiter der Finma, der ebenfalls nicht genannt werden will, sieht Walters Alter als Vorteil: So sei dieser genug unabhängig, um gegenüber den Banken durchzugreifen. Er brauche seine Stelle nicht als Sprungbrett für andere Aufgaben bei den beaufsichtigten Instituten oder bei einer ausländischen Behörde. Er kann sich also intensiv, wenn auch nicht ausschliesslich der UBS widmen.