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Geschäftsführer von Campax
Er organisiert in Rekordzeit Tausende von Betten für Flüchtlinge

Andreas Freimüller hat die Kampagnenorganisation Campax 2017 gegründet und ist heute deren Geschäftsführer.
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Kürzlich sah man Andreas Freimüller unter der Dusche, Shampoo im Haar, Handy in der Hand. Der 52-Jährige filmte sich, wie er Wladimir Putin nahelegte, dass seine Zeit abgelaufen sei. Freimüller stellte das Video auf Twitter. Für einen Mann, der viel von Impact spricht, hielt sich die Wirkung in Grenzen, ein Like holte er ab.

Viel wirkungsvoller ist in diesen Tagen seine Organisation Campax. Innert einer Woche hat sie über 40’000 Betten für Flüchtlinge organisiert. Schweizerinnen und Schweizer wollen helfen, Freimüller holt diese Solidarität ab. Das Ausmass hat ihn überrascht. Zurzeit ist er daran, mit dem Staatssekretariat für Migration (SEM) die Verteilung zu besprechen und seine eigene Organisation an die neuen Aufgaben anzupassen. 

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So spontan das Engagement startete, so schnell wuchs die Arbeitslast. Am Sonntag vor einer Woche entschied er mit seinem Team, Betten für ukrainische Flüchtlinge zu organisieren. Nun muss er Leute einstellen, die IT aufrüsten und viele Fragen beantworten. Die 20’000 privaten Gastgeber wollen Informationen. Was muss ich bieten? Bekommen wir Geld? Muss ich für die Gäste kochen? «Es ist schon streng, es gibt kaum Planungszeiten, doch wir machen einfach», sagt der dreifache Familienvater. 

Der Gebirgsgrenadier geht zu Greenpeace

Freimüller ist in Amden oberhalb des Walensees aufgewachsen, die Rekrutenschule macht ihn zum Gebirgsgrenadier, er bricht sein Studium ab und geht als 20-Jähriger zu Greenpeace. Die Umweltorganisation sucht für ihre Aktionen jemanden, der klettern kann. 

Als Aktivist klettert er auf das heutige WTO-Gebäude in Genf, er diskutiert im Iran mit Mullahs über Umweltfragen, er kapert einen ausrangierten, asbestverseuchten französischen Flugzeugträger, und er will 1992 auf einem Schiff in der Karasee versenkten Atommüll dokumentieren. Die russische Küstenwache schiesst mit Kanonen vor den Bug, Freimüller kommt zwei Wochen lang in Murmansk in russische Untersuchungshaft. Ihn stört dort am meisten, dass er kein Wort Russisch versteht und daher nicht handeln kann. Die Folge: Er verbringt zwei Winter in Moskau und lernt Sprache und Leute kennen. Noch heute ist er mit ihnen in Kontakt.

Anfang des Jahrtausends verabschiedet er sich vom Aktivistenleben. Freimüller wird Campaigner und verlegt seinen Aktivismus ins Internet. Besonders erfolgreich ist er 2011, als ihn aufregt, dass die Bergsportmarke Mammut zusammen mit Economiesuisse das CO₂-Gesetz bekämpft. Freimüller setzt auf Facebook zum orchestrierten Shitstorm an. Am Ende zieht sich Mammut zurück und Economiesuisse beendet die Kampagne vorzeitig. 

Er erreicht eine halbe Million Menschen

Mit diesen Erfahrungen gründet er 2017 Campax. Im Hinterkopf hat er die SVP und deren Politik. «Ich habe gelitten wie ein Hund, dass die progressiven Kräfte immer wieder verloren haben.» Er will darum die progressiven Kräfte bündeln. Mit Campax bekämpft er Trumps Auftritt am WEF in Davos, er setzt sich gegen Waffenexporte ein, er fordert tiefere Mehrwertsteuern für Tampons, er sammelt Geld für verurteilte Klimaaktivisten.

Mit jedem Kampf, mit jeder Online-Petition wird sein Rückhalt grösser. Heute hat er 1,4 Millionen Adressen im System, eine halbe Million Menschen darf er per E-Mail anschreiben. «Wir sind mittlerweile die grösste Bürgerinnen-Bewegung der Schweiz», sagt er und meint mit Blick auf die Hilfe für die Flüchtlinge: «Weil wir es können, müssen wir es auch machen.» 

Wer so viele Menschen erreicht, hat auch politischen Einfluss. Freimüller verneint das gar nicht erst. Er will ihn bewusst einsetzen bei ökologischen und sozialen Anliegen. So warb er im Juni vergeblich für die Revision des CO₂-Gesetzes. «Unsere Mobilisierungsfähigkeit reicht noch nicht aus, um bei Volksabstimmungen einen Hebel zu haben.»

Auf die Frage nach seinem grössten Erfolg als Campaigner antwortet Freimüller. «Wenn man etwas gründet, dann ist das nichts anderes, als herauszufinden, ob die Idee etwas wert ist.» Er meint: Campax hat gerade viel Wert.