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Krieg in der Ukraine
Die Schweiz rechnet mit 1000 ukrainischen Flüchtlingen pro Woche

Ein Blick ins Bundesasylzentrum Losone. In Zentren wie diesem sollen sich die Flüchtlinge aus der Ukraine registrieren.
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Zinaida Humeniuk steht vor dem Bundesasylzentrum Zürich und hat Tränen in den Augen. Die 43-Jährige ist vor einer Woche mit Tochter und Sohn von Winnyzja in der Nähe von Kiew zu ihrer Schwester in die Schweiz geflüchtet. Den Mann und ihre Eltern hat sie zurückgelassen, gestern hat die sie erfahren, dass ihr Vater gestorben ist, krankheitshalber. Sie verstummt. Die Tränen.

Humeniuk ist am Montag nach Zürich gereist, um sich als Flüchtende registrieren zu lassen. Das war gar nicht so einfach. «Es war schwierig, an Informationen zu kommen», sagt die Englischlehrerin. «Die Telefonnummer hat nicht funktioniert, im Internet fand ich kaum Informationen.»

Drinnen im Bundesasylzentrum hält kurz danach Christine Schraner Burgener eine Medienkonferenz ab und erzählt, wie man Menschen wie Zinaida Humeniuk künftig versorgen will: möglichst unkompliziert. Die Staatssekretärin für Migration sagt: «Wir müssen vorbereitet sein. Und das sind wir.» Ihre Mitarbeiter melden wenig später, dass nun auch die Hotline funktioniert und die Informationen auf der Website des Staatssekretariats für Migration (SEM) zu lesen sind.

80 Prozent der Plätze sind besetzt

Seit Kriegsbeginn haben sich in der Schweiz 874 Flüchtende aus der Ukraine registriert. Schraner Burgener geht davon aus, dass sich aber bereits bedeutend mehr Vertriebene in der Schweiz aufhalten. Dies, weil es keine Pflicht für eine Registrierung gebe. Menschen aus der Ukraine können sich visumfrei während drei Monaten in der Schweiz aufhalten.

Christine Schraner Burgener, Staatssekretärin für Migration, erwartet vor allem Frauen und Kinder aus der Ukraine. 

Zurzeit sind in den Asylzentren 4000 Betten und damit 80 Prozent der Plätze besetzt. Dieses Angebot will das SEM um 5000 Plätze aufstocken – auch mithilfe der Armee. Schraner Burgener spricht von einer «grossen Zahl» von weiteren Flüchtlingen aus der Ukraine, momentan rechne man mit 1000 Personen pro Woche, die meisten davon Frauen und Kinder. Sie lässt aber durchblicken, dass sie nicht von Anstürmen ausgeht, wie man sie beispielsweise in den Nachbarländern der Ukraine beobachten konnte. 

Einerseits weil erste Erhebungen zeigten, dass 98 Prozent der in die Nachbarstaaten der Ukraine Geflüchteten dort blieben und möglichst bald in ihre Heimat zurückkehren wollten. Andererseits weil die Ukraine-Diaspora in der Schweiz weniger gross sei als zum Beispiel in Polen oder auch in Italien. In Zahlen: 250’000 Ukrainerinnen und Ukrainer leben in Italien, in der Schweiz sind es 11’000, wovon 4000 Doppelbürger sind.

Teil des Plans des SEM ist es auch, dass der Bundesrat am Freitag den S-Status ins Leben ruft. Damit sollen die Menschen möglichst unbürokratisch empfangen werden. Heisst: kurz und einfach. Keine Beweispflicht für eine individuelle Verfolgung, ein Nachweis einer Aufenthaltsbewilligung in der Ukraine reicht. 

Bis zu 30’000 privat angebotene Plätze für Flüchtlinge

In der Praxis bedeutet dies: Flüchtlinge geben ihre Personalien an, hinterlassen Fingerabdrücke und werden kurz befragt, dann erhalten sie den S-Ausweis. Im Hintergrund wird zusätzlich eine Sicherheitsprüfung gemacht. Wer keine Verwandten oder Bekannten in der Schweiz hat oder nicht bei diesen wohnen kann, wird vom SEM mittels Verteilerschlüssel sogleich den Kantonen übergeben. Mit dieser speditiven Registrierung will man einer Überlastung der Bundesasylzentren vorbeugen.  

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) vermittelt schliesslich zusammen mit den Kantonen die Unterkunftsplätze. Schraner Burgener erzählt, wie überwältigt sie von der Solidarität der Schweizerinnen und Schweizer sei. Man wisse von bis zu 30’000 privat angebotenen Plätzen. Diese werden von der SFH vorgängig überprüft. «Solche Platzierungen muss man vorsichtig machen. Nicht dass dann beide Seiten enttäuscht sind», sagt Schraner Burgener. Ob die privaten Gastgeber entschädigt würden, sei noch unklar und Sache der Kantone.

Formelle Voraussetzungen für Gastfamilien gibt es keine. Das SFH empfiehlt ein abschliessbares Zimmer für die Gäste und Verständnis für ihre Situation. «Sie mussten alles hinter sich lassen und sind darum schwer traumatisiert», sagt Miriam Behrens, SFH-Direktorin, dem Schweizer Fernsehen.

Beim SEM gibt man sich zuversichtlich, dass die Schweiz die Situation gut bewältigen kann, trotz vieler Ungewissheiten. Das zeigte sich bereits in den vergangenen Tagen. Für die Beamten war es zum Beispiel völlig neu, dass Flüchtlinge mit dem Auto anreisen. Man musste erst Tickets für Parkplätze in der Nähe des Bundesasylzentrums organisieren. Das hat dann auch reibungslos geklappt.