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Reaktion auf Ukraine-Krieg
Zürich eröffnet Empfangsstelle für Flüchtlinge

Was machen die Behörden? Von links: Jörg Kündig (Verband Gemeindepräsidien), Regierungsrat Mario Fehr, Andrea Lübberstedt (kantonales Sozialamt) und Nicolas Galladé (Stadtrat Winterthur).
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Der Sozial- und Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) informierte am Montagnachmittag zusammen mit seinen höchsten Amtschefs und Vertretern aus Städten und Gemeinden über die Ukraine-Hilfe im Kanton Zürich. Als Erstes wird in der alten Militärkaserne beim Zürcher Hauptbahnhof eine Empfangsstelle eingerichtet, sie steht ab morgen Dienstag zur Verfügung.

In den Räumen der ehemaligen Polizeischule sollen die Flüchtlinge alle Hilfe bekommen, die sie benötigen. Informationen, Unterkunftsadressen, Soforthilfe wie Tickets, Kleider oder auch Bargeld. Dazu wird der Transport zu den Unterkünften sichergestellt: «Wir wollen den Menschen unkompliziert helfen», sagte Fehr. Man wolle die Flüchtlinge vor einem «Schaltermarathon» durch die Ämter bewahren und alles am gleichen Ort anbieten.

Die Chefin des kantonalen Sozialamts, Andrea Lübberstedt, betonte, man bereite sich auch auf die Ankunft von traumatisierten Menschen vor. Unter anderem ist die Kantonsärztin für medizinische Hilfe im Empfangszentrum eingebunden. Falls nötig würden auch Seelsorger aufgeboten, so Lübberstedt. Sie betonte aber, dass die Menschen solche Hilfe tendenziell nicht schon in den ersten Stunden nach der Ankunft brauchten.

«Wir wollen die Flüchtlinge vor einem Schaltermarathon durch die Ämter bewahren.»

Mario Fehr, Sicherheitsdirektor Kanton Zürich

Am Zürcher Hauptbahnhof und am Flughafen steht die Polizei bereit und führt die ankommenden Personen zur Empfangsstelle. Bereits am Montagnachmittag um 15.20 Uhr, als der direkte Schnellzug aus Wien eintraf, standen auf dem Perron am Gleis 10 viele Polizisten und Helferinnen in Leuchtwesten, um Flüchtlinge in Empfang zu nehmen. Allerdings waren es nur Vereinzelte, die die Hilfe in Anspruch nahmen.

Bisher sind im Kanton Zürich noch nicht sehr viele Flüchtlinge angekommen. Wie der Bund am Montagnachmittag an einer Medienorientierung mitteilte, wurden in der ganzen Schweiz bisher 847 Flüchtlinge registriert.

Die Behörden gehen aber davon aus, dass viele privat eingereist sind und vorläufig bei Verwandten, Bekannten und Freunden unterkommen. Im Kanton Zürich haben 1410 Ukrainerinnen und Ukrainer ihren festen Wohnsitz. Die Ankunft ohne Registration ist möglich, da die Menschen aus der Ukraine ohne Visum in die Schweiz einreisen und 90 Tage hier bleiben können.

Zur Friedensdemo am Samstag kamen Tausende auf den Sechseläutenplatz. 

Sicherheitsdirektor Mario Fehr betonte, man wisse derzeit nicht, wie gross der Ansturm werde. Die Flüchtlingshilfe gehe derzeit von rund 20’000 Flüchtlingen aus.

Der Zürcher Regierungsrat sprach schon vergangene Woche eine Soforthilfe für Ukraine-Flüchtlinge in Höhe von einer Million Franken aus dem Lotteriefonds. Das Geld geht ans Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Dieses ist mit seinen Partnerorganisationen in der Ukraine im Einsatz und leistet dort lebensrettende Hilfe, soweit das im Kriegsgebiet möglich ist.

Über 700 Anrufe

Weiter hat die Sicherheitsdirektion eine Anlaufstelle (043 259 24 41) für Personen geschaffen, die gerne helfen würden. Dort können zum Beispiel Angebote für Privatunterbringung gemeldet werden. Eine Ukraine-Hotline hat auch die Asyl-Organisation der Stadt Zürich (044 415 60 10) eingerichtet. Bisher sind in der ganzen Schweiz rund 30’000 Privatbetten zur Verfügung gestellt worden.

Gemäss Andrea Lübberstedt sind bei der kantonalen Anlaufstelle schon über 700 Anrufe und rund 700 Mails von Personen eingegangen, die Hilfeleistungen anbieten. Viele offerierten Unterkünfte, aber auch Rechtsberatungen, Übersetzungsdienstleistungen oder Transportmöglichkeiten. «Die Solidarität ist mit Händen greifbar», sagte Mario Fehr. Er fühle sich an seine Kindheit erinnert, als die Sowjets 1968 in der Tschechoslowakei den Prager Frühling niederschlugen und eine Flüchtlingswelle auslösten.

Grosse Solidarität mit den Flüchtlingen gibt es laut Fehr auch bei den Zürcher Stadt- und Gemeindebehörden. «Noch nie habe ich bei ihnen so viel Hilfsbereitschaft gespürt.»

Jörg Kündig (FDP), Gemeindepräsident von Gossau und Präsident des Gemeindepräsidentenverbands, bestätigte, dass in den Gemeinden alle Vorkehrungen getroffen würden, um Flüchtlinge aufzunehmen und deren Kinder in den Schulen zu integrieren. Man werde auch prüfen, ob sich die privat angebotenen Unterkünfte eigneten.

Zudem stünden in den Zürcher Gemeinden (ohne die grossen Städte) derzeit rund 2000 Betten in offiziellen Flüchtlingsunterkünften zur Verfügung. Die Gemeinden sind verpflichtet, eine bestimmte Zahl von Unterkünften stets bereitzuhalten. Derzeit beträgt die Quote 0,5 Prozent der Einwohnerzahl. Für ein Dorf mit 1000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind das 5 Betten – eine Quote, die derzeit bei weitem nicht ausgeschöpft wird.

Winterthur fordert Integrationspauschale

Nicolas Galladé (SP), Sozialvorsteher der Stadt Winterthur, lobte speziell den Bund für die Einführung des Schutzstatus S. Er ermögliche den Flüchtlingen nicht nur einen sicheren Aufenthalt, es sei auch sofort erlaubt, eine bezahlte Arbeit aufzunehmen. Allerdings habe der Schutzstatus eine Schwäche. Er tue nichts für die Integration der Menschen in der Schweiz.

Galladé rechnet damit, dass ein Grossteil der Ukraine-Flüchtlinge einst nicht mehr nach Hause zurückkehren wird. Man müsse deshalb in die Integration dieser Menschen investieren. Darum forderte Galladé vom Bund eine Integrationspauschale für jeden Flüchtling mit Status S. Diese Forderung unterstützte auch Sicherheitsdirektor Mario Fehr.