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Homosexuelle Eltern 
Eine Mamma will kein Vater sein

Das Gericht in Rom macht aus Vater und Mutter «Elternteil 1» und «Elternteil 2»: Ein lesbisches Paar mit seinem Kind. 
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Eine Mutter ist immer eine Frau, ein Vater immer ein Mann, darüber herrscht auch in Italien breiter Konsens – eigentlich. Aber kann eine Frau etwa auch Vater sein?

Ein lesbisches Paar, Eltern einer Tochter, hat sich am römischen Zivilgericht das Recht erstritten, dass auf der Identitätskarte seines Kindes nicht «Vater» und «Mutter» ausgewiesen sind, wie das jetzt der Fall ist, sie sind ja schliesslich beide Frauen. Stattdessen wird die geschlechtlich neutrale Definition «Eltern» verwendet – genauer: «Elternteil 1» und «Elternteil 2».

Im Einwohneramt von Rom muss man nun eine elektronische Identitätskarte für sie ausstellen, wie sie das Informatikprogramm gar nicht vorsieht. Und wer weiss, vielleicht würde es sich lohnen, die Software gleich ganz an die Moderne anzupassen. Es kann nämlich sein, dass dieses Einzelurteil das Zeug zum Präzedenzfall hat.

Italien war schon einmal viel weiter in dieser Frage.

Die leibliche Mutter des Paars hat das Kind durch künstliche Befruchtung bekommen, ihre Partnerin hat es nach langem Gang durch die Ämter adoptiert, die zwei leben in einer eingetragenen Partnerschaft. «Unsere Tochter wächst mit zwei Müttern auf», sagen sie. In einer «famiglia arcobaleno», wie die Italiener sagen, einer Regenbogenfamilie.

Die Richter waren in ihrer Argumentation pragmatisch. Sie befanden, dass ein Reisedokument, das, wie in diesem Fall, einer Partnerin die Rolle des Vaters zuweise, obschon sie eine Frau sei, nun mal offen falsch sei und auch internationales Recht breche.

Das Urteil wirft hohe Wellen, und das hat natürlich vor allem mit Politik und Ideologie zu tun. Die identitäre, katholisch reaktionäre Rechte ist empört, die Linke triumphiert.

«Ich bin sprachlos»: Matteo Salvini, Italiens Vizepremier, nach dem Urteil des römischen Zivilgerichts. 

Italien war schon einmal viel weiter in dieser Frage: 2015 führte die damalige progressive Regierung ein, dass auf den Identitätskarten für Kinder die Namen der «Eltern» stehen, der «genitori» also, auch auf Englisch: der «parents». Damit sich Regenbogenfamilien nicht ausgeschlossen fühlten. 2019 fand Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega, der damals Innenminister war, die sogenannte natürliche Familie gehöre verteidigt, und die gründe nun mal auf dem «Verbund eines Mannes und einer Frau». Er erliess ein Gesetzesdekret, auf der ID wurde aus «Eltern» wieder «Vater» und «Mutter». Eine Konterreform.

Nach dem neuen Urteil twitterte Salvini nun: «Vater und Mutter sind die schönsten Wörter der Welt. Die sollen illegal und diskriminierend sein? Ich bin sprachlos, aber wirklich.»

Die Regierung nimmt sich Zeit

Das Amt von Italiens rechter Premier Giorgia Meloni liess unterdessen ausrichten, man werde die Verfügung des Gerichts ganz genau studieren, es gebe da einen Haufen bedenkenswerter bürokratischer und technischer Aspekte. So sei zum Beispiel unklar, was passiere, wenn die Polizei Identitätskontrollen durchführe und aus dem Ausweis nicht direkt ersichtlich sei, wer die Mutter und wer der Vater sei.

Nun ja, manchmal ist die Wirklichkeit wohl einfach etwas komplexer, bunter. Meloni selbst, zweifelsfrei eine Frau vor dem Herrn, besteht ja bekanntlich darauf, dass sie nicht Ministerpräsidentin genannt wird, also La Presidente del Consiglio, sondern männlich: Il Presidente del Consiglio. Ganz offiziell, auf jedem Communiqué und auf jedem Briefkopf steht es so. Wenn da nur die Polizei nie vorbeikommen muss und nach einem Mann sucht.