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«Tages-Anzeiger»-Podium
«Die ganze Regulierung funktioniert einfach nicht»

TA-Podium zum Ende der Credit Suisse (v. l. n. r): Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann, Finanzmarktexperte Reto Schiltknecht, Raphaela Birrer (Chefredaktorin «Tages-Anzeiger»), Wirtschaftsredaktorin Beatrice Boesiger (TA) und Thomas Matter, Nationalrat SVP/ZH, Banker.
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In einem Punkt waren sich die Teilnehmer am «Tages-Anzeiger»-Podium zum CS-Kollaps einig: Eine gründliche Aufarbeitung der Affäre ist dringend notwendig. Und dafür ist das schärfste Instrument gerade gut genug – eine Untersuchungskommission des Parlaments, eine PUK.

Welche Lehren sich aber schon vorab aus der notrechtlichen Rettungsaktion für den Bankenplatz ziehen lassen, darüber waren die Ansichten durchaus unterschiedlich.

Der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann jedenfalls hat kein Vertrauen in mehr Gesetze für den Bankenplatz: «Wir müssen uns einfach eingestehen, die ganze Regulierung funktioniert einfach nicht.»

Für den Professor ist klar, dass das Handeln einzelner Personen viel entscheidender war als alle Regelwerke. «Warum hat niemand die Reissleine gezogen, als im letzten Oktober klar wurde, wie es um die Credit Suisse wirklich steht?»

Ueli Maurers Rolle

Beatrice Bösiger, Bankenjournalistin beim «Tages-Anzeiger», pflichtete Straumann bei: «Finanzminister Ueli Maurer hätte schon damals mit einer klaren Ansage eingreifen müssen: Wir tun alles, um eine solche Krise zu verhindern.»

Der Banker und SVP-Nationalrat Thomas Matter kam «seinem» Bundesrat verbal zu Hilfe: «So einfach ist es nicht: Ueli Maurer kann das ohne ein Einverständnis des Gesamtbundesrats nicht einfach sagen – alle sieben stehen in der Verantwortung.» Matter glaubt, dass bei einer gründlichen Untersuchung die Finanzmarktaufsicht Finma nicht gut wegkommen werde: «Es war sie, die früher hätte eingreifen und Maurer besser hätte informieren müssen.»

«In den USA haben Banken schon Dutzende von Milliarden an Bussen bezahlt – genützt hat es nichts.»

Thomas Matter, Banker und SVP-Nationalrat

Das war das Stichwort für Reto Schiltknecht, Finanzmarktexperte und ehemaliges Kadermitglied der Finma: «Es ist nicht so wahnsinnig simpel, wie immer wieder behauptet wird.» Die Finma habe in den letzten Jahren immer wieder Verfahren gegen die Credit Suisse angestrengt, mehr, als öffentlich bekannt seien.

Selbstkritisch hielt Schiltknecht aber auch fest, niemand habe letztlich die Reissleine gezogen. «Warum hat man nicht die Führung ausgewechselt?» Selbst Urs Rohner, der langjährige Verwaltungsratspräsident, sei nicht wegen seines Versagens ausgeschieden, sondern wegen der Amtszeitbeschränkung.

Hätten Bussen gegen die Bank und ihre Verantwortlichen geholfen?, fragte die Gesprächsleiterin, «Tages-Anzeiger»-Chefredaktorin Raphaela Birrer. Für Thomas Matter ist das kein Thema: «In den USA haben Banken schon Dutzende von Milliarden an Bussen bezahlt – genützt hat es nichts.»

Ohne Staat geht es nicht

Gemäss Wirtschaftshistoriker Straumann, der kein Vertrauen in mehr Regulierung hat, gibt es eine Alternative: dem Volk reinen Wein einschenken. «Wenn wir einen grossen Bankenplatz haben wollen, dann müssen wir uns einfach bewusst sein, dass früher oder später wieder der Staat als Retter eingreifen muss.»

Finanzmarktexperte Reto Schiltknecht hat für dieses Problem der indirekten Staatsgarantie eine Lösung: Die Banken sollen dafür bezahlen. «Ich könnte mir vorstellen, dass die Banken eine Art vorgezogene Entsorgungsabgabe bezahlen, die dann im Notfall ihre eigene Abwicklung finanziert.»

Von Raphaela Birrer auf die Grundursache der Krise angesprochen, waren sich wieder die Podiumsteilnehmer einig: die Selbstüberschätzung der Schweizer Banker im Bemühen, mit den Investmentbanken an der Wallstreet gleichzuziehen. Es sei ein Kulturproblem, das vor allem mit den hohen Boni zu tun habe.