Kommentar zur Lebensmittelampel Der Nutri-Score hilft allen, die gern Süsses und Junkfood essen
Perfekt ist sie nicht. Und viel zu wenige Produkte sind mit ihr gekennzeichnet. Doch die Lebensmittelampel ergibt Sinn und sollte gefördert werden.
«Verwirrend», «tückisch», «problematisch»: So lauten Urteile über die Lebensmittelampel Nutri-Score, wie sie in den letzten Wochen in Medien und im Bundesparlament zu vernehmen waren. Man könnte annehmen, dass es sich bei der Ampel um ein derart komplexes System handelt, dass es kaum anwendbar wäre. Das ist Unsinn.
Konsultieren Sie jeweils die Nährwerttabelle auf der Verpackung eines Produktes, bevor Sie es zum ersten Mal ins Chörbli legen? So erfährt man nämlich: Da steckt zu viel Zucker und wenig Eiweiss drin, dort ein Haufen gesättigter Fette und viel Salz.
Der Kontrollblick auf die Verpackung ist bei verarbeiteten Produkten empfehlenswert – insbesondere bei allen Artikeln, die uns dazu verführen, zu viel von ihnen zu essen, zum Beispiel Chips und Guetsli. Das verlängert zwar die Zeit beim Einkaufen, kann aber auch helfen, sich gesünder zu ernähren.
Dennoch ist es verständlich, wenn die meisten Konsumentinnen und Konsumenten diesen Aufwand nicht auf sich nehmen. Denn der Blick auf Zutaten und Fettanteile kann einem die Lust am Essen verderben. Und sie macht uns bockig, weil die Ernährungswissenschaft zum Richter über Essen oder Nicht-Essen wird.
Hier kommt der Nutri-Score ins Spiel. Die Lebensmittelampel aus Frankreich lässt auf einen Blick erkennen, welche Artikel innerhalb einer Produktkategorie gesünder sind. Gerade wer dem Convenience- und dem Junkfood frönt, kann vom Nutri-Score profitieren. Statt sich mit Nährwerttabellen herumzuschlagen, erhält man auf einen Blick eine Gesundheitsbewertung. Was kann man dagegen haben?
Natürlich ist der Nutri-Score nicht perfekt. Im Gegenteil. Aber er funktioniert, wenn man ihn richtig anwendet. Und natürlich mögen wir es nicht, wenn uns Wissenschaftlerinnen sagen, was wir essen sollen. Aber gleichzeitig lassen wir uns von Marketingstrategen einwickeln, die genau wissen, wie sie uns herumkriegen. Ungesunde Produkte sind übrigens ihre Spezialität. Der Nutri-Score hilft auch, sich gegen sie zu wappnen.
Die Lebensmittelampel richtet sich weniger an Gesundheitsapostel, die sich hauptsächlich von Lebensmitteln ernähren, die frisch vom Acker kommen. Die Ampel ist eine Hilfe für Menschen, die oft zu hoch verarbeiteten Produkten greifen. Sie kann sie dabei unterstützen, das Essen im Alltag wenigstens teilweise gesünder zu gestalten. Das ist nicht Bevormundung, sondern guter Rat.
Die Kritik am Nutri-Score wirkt mitunter arrogant und realitätsfern. Die Haltung dahinter: «Ich weiss doch am besten, was mir guttut.» Schön wärs. Die Herstellung von Lebensmitteln ist heute eine Wissenschaft. Dieser Komplexität eine einfache Ampel gegenüberzustellen, ist geradezu genial.
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