Kommentar zum Steuer-AlleingangDer Egoismus gewisser Kantone ist gefährlich
Die Stimmbevölkerung hat die OECD-Mindeststeuer deutlich angenommen im Glauben, es gebe einen Kompromiss zwischen Bund und Kantonen. Dieser muss jetzt eingehalten werden.
Das muss man zuerst einmal schaffen: Die SP hat in ihrem einsamen Kampf für ein Nein zur OECD-Steuervorlage mehr SVP-Wähler (33 Prozent) überzeugt als SP-Wähler (30 Prozent), wie die Abstimmungsnachbefragung von Tamedia und «20 Minuten» zeigt. So weit hat selten eine Partei an ihrer Basis vorbeipolitisiert. (Hier gehts zu allen Abstimmungsresultaten)
Lag es am Glauben, man müsse es in Steuerfragen zwingend mit dem Rest der Schweiz aufnehmen? Nur weil das in den letzten Jahren mehrmals erfolgreich gewesen war? Obwohl die eigene Position – als Linke gegen eine Steuererhöhung! – kaum jemandem zu vermitteln gewesen war. Das hat die Partei im Wahlkampf Ressourcen gekostet und ihr Profil verwässert.
Die Übereinkunft über die Verteilung der zusätzlichen Einnahmen zwischen den Kantonen und dem Bund, die zuerst das Parlament und jetzt die Stimmbevölkerung angenommen hat, ist nämlich in Ordnung.
Erstens ist sie ordnungspolitisch richtig: Die Kantone sind für die Unternehmensbesteuerung zuständig und sollen das Geld entsprechend ausgeben können. Und zweitens bremst die jetzige Lösung den teilweise überbordenden Standortwettbewerb zwischen den Kantonen dank des Bundesanteils von einem Viertel immerhin ein bisschen. Ein Kompromiss eben.
Heinz Tännler hat recht, wenn er das Ausscheren gewisser Kantone als «demokratiepolitisch sehr fragwürdig» bezeichnet.
Umso schändlicher ist es jetzt, dass Kantone wie Genf, möglicherweise aber auch andere mit derzeit noch tiefen Unternehmenssteuern, diese auf eigene Faust erhöhen wollen. Der Zweck ist sonnenklar: Geld, das gemäss dem Kompromiss an den Bund gehen sollte, bei sich zu behalten.
Selbst wenn niemand zuvor geschworen hat, die Steuern nicht zu erhöhen: Diese Kantone hatten den Kompromiss offiziell unterstützt und damit den Eindruck erweckt, solidarisch sein zu wollen.
Das Parlament und das Volk haben ihren Entscheid darauf basierend getroffen. Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler hat darum recht, wenn er das Ausscheren gewisser Kantone als «demokratiepolitisch sehr fragwürdig» bezeichnet.
Es scheint darum möglich, dass in der fernen Nachbetrachtung dieser Abstimmung nicht die SP als grosse Verliererin dasteht; sie wird das Malheur verkraften. Sondern der Zusammenhalt im Land, den die Vorlage eigentlich hätte stärken sollen.
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