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Schadenersatz bei Mängeln
Das Töffli war schon kurz nach dem Kauf kaputt

Mofafans unternehmen auf ihren Gefährten gelegentlich auch grössere Touren wie bei dieser Fahrt über den San-Bernardino-Pass.
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Die Freude des Enkelsohns ist gross, doch leider nur von kurzer Dauer. Die Grosseltern bezahlten 2700 Franken für das orangefarbene Puch Maxi S. Ein Töffli, das nicht mehr hergestellt wird, aber bei manchen Kultstatus geniesst. 

Auf einer Internetplattform hat der Verkäufer das Fahrzeug als «revidiert», «überholt» und in «Top-Zustand» angepriesen. Mit «Aufsitzen, fahren und Spass haben» bewarb er das Mofa, das er neben weiteren im Angebot hatte. Nach der Besichtigung war klar: Für den Enkelsohn kam kein anderes Töffli mehr infrage.

«Wie gesehen, ab Platz, ohne Garantie»

So wurde man sich rasch handelseinig. Im handschriftlich aufgesetzten Kaufvertrag steht unter den Fahrzeugangaben und dem Preis folgender Hinweis: «Wie gesehen und gefahren. Ab Platz. Keine Garantie.»

Wie sich zeigen sollte, gab es für diesen Hinweis triftige Gründe: Der Enkelsohn schafft es zwar noch mit dem Töffli bis nach Hause, doch danach geht bei praktisch jeder Fahrt etwas kaputt. Zuerst bricht das Pedal ab, dann ist der Ständer nicht mehr brauchbar. Kurz darauf kann der Enkelsohn das Mofa nicht einmal mehr starten. 

Nach der Reparatur gibt es weitere Probleme: Das Mofa hat kaum noch Zugkraft, und der Benzintank ist nicht mehr dicht. In der Werkstatt stellt ein Mechaniker fest, dass Kabel falsch angelötet sind und eine wichtige Schraube zur Stabilisation fehlt. So kommen Reparaturkosten von insgesamt 1320.25 Franken zusammen – die Hälfte des Kaufpreises. 

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Schon unmittelbar nach dem Kauf kontaktiert der Grossvater den Verkäufer und weist ihn auf Mängel hin. Seine Frau schreibt zudem einen Brief, in dem sie eine Übernahme der Reparaturkosten verlangt. Doch der Verkäufer bleibt hart. Er verweist auf den Kaufvertrag, in dem ausdrücklich «keine Garantie» vereinbart worden ist. 

Tatsächlich verwenden Verkäufer beim Handel mit Occasionsfahrzeugen oft Formulierungen, mit denen sie sich von der Haftung für allfällige Mängel oder Schäden entbinden. Fachleute nennen das eine «Freizeichnung». Neben dem Garantieausschluss sind das wie im vorliegenden Fall Begriffe wie «ab Platz» oder «wie gesehen und ausprobiert».

Doch damit können sich Verkäufer nicht immer aus der Verantwortung stehlen. Auch nicht im vorliegenden Beispiel. «Die Käufer können in diesem Fall Ansprüche geltend machen – insbesondere eine Preisreduktion ist angezeigt», sagt Arnold Rusch, Professor für Privatrecht und Wirtschaftsrecht an der Universität St. Gallen. 

Manche Puch Maxi haben in gewissen Kreisen Kultstatus.

Problematisch ist, dass der Verkäufer im Inserat geschrieben hat, das Puch Maxi S sei in «Top-Zustand», «revidiert» und «überholt». Denn ein Garantieausschluss hat keine Folgen für Zusicherungen, die ein Verkäufer abgibt. Das Inserat enthält in diesem Fall solche Zusicherungen – es deutet auf eine umfassende Instandstellung hin. «Ein Mofa, das schon bei den ersten Fahrten auseinanderfällt, wird dieser Beschreibung aber nicht gerecht», erläutert Rusch. Und: «Die Mängel lassen die angebliche Revision und Überholung als zweifelhaft erscheinen.» 

Der Rechtsexperte verweist zudem auf die Mängelrüge, die in solchen Fällen ebenfalls bedeutend ist. Nach Obligationenrecht muss sie rasch erfolgen. «Sofern dies innert sieben Tagen nach dem Kauf geschehen ist, sollte es kein Problem darstellen», sagt Arnold Rusch. 

Auch diese Bedingung ist beim Kauf des Puch Maxi S erfüllt: Der Grossvater hat den Händler schon kurz nach dem Kauf auf erste Schäden hingewiesen. 

Kaufpreisreduktion oder Rückgabe

Aufgrund dieser Ausgangslage folgert Arnold Rusch: «Für die vorliegenden Mängel wäre eine Minderung des Kaufpreises oder die Wandlung der Kaufsache möglich.» Mit anderen Worten: Die Käufer haben das Recht auf eine Entschädigung oder eine Rückabwicklung des Kaufs. Weil das Mofa bereits geflickt worden ist, hält Rusch eine Rückerstattung in der Höhe der Reparaturkosten für angebracht: «Das Bundesgericht hat eine Praxis anerkannt, wonach die Reparaturkosten den Minderwert einer Sache erfassen.» 

Auf Nachfrage dieser Zeitung hin zeigt sich der Verkäufer gesprächsbereit: Er sei offen für eine konstruktive Lösung mit einer Rückerstattung, die noch zu vereinbaren sei. 

Das Recht gilt selbstverständlich nicht nur für Mofas, sondern generell für den Handel mit Occasionsfahrzeugen oder auch anderen Geräten. Neben der Zusicherung, die nicht eingehalten wird, kann auch eine «arglistige Verschweigung» von Mängeln eine Rolle spielen. Kommt es dazu, kann sich der Verkäufer ebenfalls nicht mit Formulierungen wie «keine Garantie» von seiner Verantwortung entbinden. Dieser Tatbestand wäre erfüllt, wenn die Käufer im vorliegenden Fallbeispiel nachweisen können, dass das Mofa vor der Vertragsunterzeichnung gar nicht überholt oder revidiert worden ist. 

Wichtig: Schriftliche Belege sammeln

Eines der grössten Probleme bei solchen Streitfällen für Konsumentinnen und Konsumenten: Da vieles mündlich besprochen oder sogar per Handschlag vereinbart wird, hapert es oft an der Beweisbarkeit. Manch ein Verkäufer verspricht im Gespräch das Blaue vom Himmel. Kommt es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, ist ein Nachweis nicht möglich. Wenn in einem Inserat Zusicherungen wie «revidiert», «überholt» oder «Top-Zustand» gemacht werden, sollten deshalb Käuferinnen oder Käufer diesen Beleg aufbewahren.

Wenn es keinen solchen Beleg gibt, können sie darauf beharren, dass entsprechende mündliche Zusicherungen im Kaufvertrag festgehalten werden. Dabei ist entscheidend, dass es um kaufrechtlich relevante Zusicherungen geht. Anpreisungen wie «Aufsitzen, fahren und Spass haben» sind in dieser Hinsicht irrelevant.

Auch bei der erwähnten Mängelrüge kann die Beweiskraft entscheidend sein. Deshalb sollten Konsumentinnen und Konsumenten Mängel nach dem Kauf nicht telefonisch beanstanden, sondern schriftlich – am besten mit einem eingeschriebenen Brief. Und das wie erwähnt innerhalb von sieben Tagen nach dem Kauf oder bei versteckten Mängeln, sobald sie festgestellt worden sind.