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Wechsel an der Spitze
Ausgebremst und ausgebrannt: Darum hat der Post-Chef den Bettel hingeworfen

Roberto Cirillo im Anzug in der Schalterhalle der Sihlpost, vor einem Hintergrund mit Zürich-Motiv und ’Helvetia100’ Schriftzug.
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In Kürze:
  • Roberto Cirillo tritt als Post-Chef Ende März zurück.
  • Cirillo war frustriert wegen fehlender politischer Unterstützung für seinen Kurs.
  • Die Post investierte rund 4 Milliarden Franken in neue Geschäftsfelder.
  • Während die Bürgerlichen wegen der Zukäufe unzufrieden waren, kritisierte die Linke den Sparkurs beim Personal und die Schliessung Hunderter Poststellen.

Bei seinem Antritt vor sechs Jahren sprach Roberto Cirillo vom Leuchten in seinen Augen, als er sich um den Job beworben habe. Die Begeisterung war gross und die Aufgabe schwierig. Er trat an, um die Lage bei der vom Postautoskandal erschütterten Post zu beruhigen. Wegen der Affäre hatte seine Vorgängerin Susanne Ruoff 2018 abtreten müssen. Damals kam ans Licht, dass für den Bereich Postauto rund 200 Millionen Franken ungerechtfertigte Subventionen erschlichen worden waren.

Der heute 53-jährige Cirillo sollte es wieder aufbauen. Er hatte zuvor in der Privatwirtschaft gearbeitet, unter anderem beim Beratungsunternehmen McKinsey. So trat er seine Stelle als politisch unbelasteter Manager an.

Ein weiteres Ziel war, neue Standbeine ausserhalb der angestammten Geschäftsfelder der Post aufzubauen. Das Briefvolumen ist seit Jahren rückläufig, der Betrieb vieler Poststellen lohnt sich nicht mehr, und die einst ertragreiche Postfinance steckte zumindest zwischenzeitlich in der Krise. «Ich werde bei allen Fragen Klartext sprechen», sagte Cirillo bei seinem Antritt.

Kritik von links bis rechts

Seine Rolle scheint sich nach sechs Jahren abgenutzt zu haben. Am Freitagnachmittag hat die Post mitgeteilt, dass Cirillo seinen Posten Ende März abgibt. Wer sich in Bern umhört, spürt, dass Cirillo zunehmend frustriert über die fehlende politische Unterstützung für seinen Kurs war. Er habe in den Parlamentskommissionen und an Veranstaltungen auf Kritik oft genervt und emotional reagiert, heisst es.

Jürg Grossen, Präsident der Grünliberalen, sagt: «Cirillo hatte einen extrem schwierigen Job. Es ist schwierig, wenn ein so unternehmerischer Mensch aus der Privatwirtschaft zu einem Staatsbetrieb mit vielen Fesseln und Leitplanken stösst.» Dafür brauche es einen sehr integrativen Typ Mensch. Das sei Cirillo zu wenig gewesen. «Aber er hat sich bis zum Schluss mit aller Kraft für seine Überzeugungen ins Zeug gelegt», sagt Grossen.

Die Post hat in den letzten Jahren zahlreiche Firmen aufgekauft, die wenig mit dem Kerngeschäft zu tun haben. Diese neuen Geschäftsfelder zu erschliessen, liess sie sich viel kosten. Die Post schreibt in ihrem Geschäftsbericht, dass sie bis Ende des letzten Jahres im Rahmen der Strategie «Post von morgen» rund vier Milliarden Franken investiert habe. Rund 400 Millionen davon für Software- und IT-Unternehmen.

Doch die Zukäufe in den Bereichen Logistik und Kommunikation verärgerten viele. Die Firmen Abacus Research und Goldbach Neo wehren sich gegen die Einkaufsstrategie der Post. Die Post bewegt sich ihrer Ansicht nach ausserhalb ihres verfassungsrechtlichen Auftrags. Auch ist offen, ob die Zukäufe werthaltig sind oder es dereinst zu Abschreibern auf den zugekauften Firmen kommen wird.

SVP-Nationalrat Lars Guggisberg kritisiert: «Die Strategie der Post, viele Firmen im Digitalbereich zu übernehmen, ist falsch. Sie dringt damit in Geschäftsbereiche vor, die nicht ihrem Auftrag entsprechen, und konkurrenziert damit viele Firmen im freien Markt.» Das sei aber nicht Cirillos Schuld. «Er nutzt nur das Gesetz so weit wie möglich aus. Stattdessen muss die Politik jetzt so schnell wie möglich das Gesetz anpassen», so Guggisberg. Während die Bürgerlichen wegen der Zukäufe unzufrieden waren, kritisierte die Linke den Sparkurs beim Personal und die Schliessung Hunderter Poststellen.

Schon erste Forderungen an den Nachfolger

Ab April übernimmt Post-Finanzchef Alex Glanzmann den Konzern interimistisch. Wer auf ihn folgt, ist nicht klar. Das Experiment mit einer Person aus der Privatwirtschaft sei gescheitert, sagt ein Gesprächspartner. Jetzt sei die Zeit wieder reif für jemanden mit einem politischen Rucksack, der mit dem engen Handlungsspielraum besser umgehen könne.

Sicher ist: Die Aufgabe wird für Cirillos Nachfolgerin oder Nachfolger nicht einfacher. Denn die Suche hat noch nicht begonnen, da liegen schon die ersten Forderungen auf dem Tisch. Greta Gysin, Präsidentin der Gewerkschaft Transfair und Nationalrätin, sagt: «Der oder die neue CEO der Post muss dem Wohlergehen der Mitarbeitenden und dem Erhalt des Service public höchste Priorität beimessen.» Schon jetzt ist klar, es wird kaum möglich sein, es allen recht zu machen.

Cirillo spricht heute gegenüber dieser Zeitung auch nicht mehr vom Leuchten in den Augen. Vielmehr sagt er: «Ja, es gab sicher auch Abnutzungserscheinungen.»