Leserinnen und Leser fragenDarf mir die Firma wegen Corona Minusstunden verordnen?
Sind kürzere Arbeitszeiten aufgrund eines Auftragsrückgangs erlaubt? Und darf eine ältere Frau jemandem für den Verkauf einer Liegenschaft eine Vollmacht erteilen? Hier gibt es Antworten auf diese Fragen.
Darf mich der Arbeitgeber wegen der Pandemie zu Minusstunden verpflichten?
Ich arbeite in einer Abteilung, in der die Aufträge seit Juli 2021 stark zurückgehen. Weil wir die Überzeit und sogar schon einen grossen Teil unserer Ferien bezogen haben, will der Arbeitgeber uns nun zu Minusstunden verpflichten, die wir später nachholen müssen. Darf er das?
Ob das erlaubt ist, hängt vom Arbeitsvertrag ab. Bei Jahresarbeitszeit – allenfalls mit saisonalen Schwankungen – wäre das durchaus erlaubt. Wenn jedoch im Arbeitsvertrag eine 42-Stunden-Woche vereinbart worden ist, darf das Unternehmen grundsätzlich keine Minusstunden verordnen. «In diesem Fall ist es Pflicht des Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass genügend Arbeit vorhanden ist, der Arbeitgeber trägt das sogenannte Betriebsrisiko», sagt Andrea Halbeisen, Fachanwältin Arbeitsrecht in Basel. Unter Umständen könnte der Arbeitgeber zwar auch mit der Ausnahmesituation durch die Corona-Pandemie argumentieren – doch solche Ausfälle könnte er mit staatlicher Unterstützung durch Kurzarbeit kompensieren, was in Ihrem Fall nicht geschieht.
Laut Halbeisen ist es wichtig, dass Angestellte in einem solchen Fall ihre Arbeitsleistung anbieten und klar zum Ausdruck bringen, dass sie mit den Minusstunden nicht einverstanden sind. Wenn Vorgesetzte später verlangen, dass die Minusstunden nachgeholt werden, können Arbeitnehmende sich weigern. Und gegen eine spätere Lohnkürzung könnten sie rechtlich vorgehen.
Bei einer Kündigung wäre eine Lohnkürzung infolge von Minusstunden grundsätzlich nur möglich, wenn Angestellte zum Beispiel bei Gleitarbeitszeit dafür verantwortlich sind. Wenn das Unternehmen hingegen nicht genügend Arbeit zuweisen kann, ist eine Lohnreduktion nicht zulässig.
Was muss ich bei einer Vollmacht berücksichtigen?
Ich will einer entfernt verwandten und geistig fitten 85-jährigen Frau beim Liegenschaftsverkauf und Umzug ins Altersheim die administrative Arbeit abnehmen. Was müssen wir berücksichtigen, wenn mich die Frau für diese Arbeiten bevollmächtigt? Muss die Vollmacht von Hand geschrieben sein?
Nein, die Vollmacht muss nicht von Hand geschrieben werden. Sie ist grundsätzlich sogar formfrei möglich. Aus Beweisgründen ist es aber ratsam, die Vollmacht schriftlich festzuhalten. Sie sollte Angaben zum Bevollmächtigten wie Name, Adresse, Geburtsdatum enthalten. Schliesslich braucht es eine Unterschrift der urteilsfähigen Vollmachtgeberin.
Zudem sollte möglichst präzise definiert werden, was die Vollmacht beinhaltet. Das können Aufgaben sein wie zum Beispiel der Verkauf der Liegenschaft, das Erledigen von Zahlungen oder die Räumung der Liegenschaft. Oft ist es sinnvoll, mit einer Frist zu bestimmen, wann die Vollmacht abläuft. In Ihrem Fall könnten Sie die Vollmacht allenfalls bis zum Verkauf der Liegenschaft oder bis zu einem Umzug ins Altersheim zeitlich begrenzen.
Wenn es um grosse Beträge geht, kann eine Vollmacht allerdings angezweifelt werden. Das könnte bei Ihnen der Fall sein, da es um den Verkauf einer Liegenschaft geht. Solchen Zweifeln können Sie mit einer notariell beglaubigten Vollmacht entgegentreten.
Die Vollmachtgeberin kann die Vollmacht jederzeit widerrufen. Kommt es dazu, müssen Sie die Vollmacht zurückgeben. Sollte die Vollmachtgeberin urteilsunfähig werden, könnten Sie die erwähnten Aufgaben nur mit einem Vorsorgeauftrag weiterhin wahrnehmen, für den strengere Formvorschriften gelten.
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