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Bargeld-Initiative 
Bundesrat will Forderung von Massnahmen­-Skeptikern in Verfassung schreiben

Der Umlauf von Bargeld ist seit der Pandemie rückläufig – das wird jetzt zum Thema in Bern. 
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Bisher haben die Gegner der Schweizer Corona-Massnahmen auf dem politischen Parkett wenig erreicht: Die ersten zwei Referenden gegen das Covid-Gesetz verloren sie jeweils deutlich. Die jüngsten Umfragen deuten auch für die dritte Abstimmung über das Covid-Gesetz in einem Monat auf eine Niederlage hin. 

Nun können die Skeptiker jedoch einen Erfolg auf höchster Ebene verbuchen – allerdings weit entfernt von ihrem Kerndossier Pandemiepolitik: Der Bundesrat will für die Volksinitiative «Bargeld ist Freiheit», die von den Massnahmengegnern lanciert wurde, einen direkten Gegenvorschlag ausarbeiten.

Eingereicht wurde die Initiative im Februar von der «Freiheitlichen Bewegung Schweiz», einem Verein mit Sitz im bernischen Worb. Er hatte sich 2020 im Rahmen des Protests gegen die Corona-Massnahmen formiert.

Aus formalen Gründen gegen die Initiative

Ziel der jüngsten Initiative ist es laut eingereichtem Text, dass «Münzen oder Banknoten immer in genügender Menge zur Verfügung stehen». Weiter will sie eine Volksabstimmung für den Fall für verbindlich erklären, dass der «Schweizerfranken» durch eine andere Währung ersetzt werden soll.

Zwar spricht sich der Bundesrat aus formalen Gründen gegen die Initiative aus. Unter anderem kritisiert er die Verwendung des Begriffs «Schweizerfranken»: Im Gesetz und auf den Banknoten stünde jeweils «Franken», wie eine Sprecherin des Finanzdepartements auf Anfrage erklärt.

Die Forderung einer Volksabstimmung für den Fall einer neuen Währung scheint ebenfalls unnötig zu sein. «Der Ersatz des Frankens durch eine andere Währung unterstünde in jedem Fall dem obligatorischen Referendum», schreibt die Sprecherin. Der Grund dafür sei, dass in der Verfassung mehrmals Werte in Franken angegeben seien; für deren Anpassung wäre also eine Verfassungsänderung nötig, was zwingend ein Referendum nach sich ziehe.

«Der Bundesrat hat erkannt, dass es sich bei der Sicherstellung der Bargeldversorgung um ein weitverbreitetes Bedürfnis handelt.»

Richard Koller, Präsident des Vereins «Freiheitliche Bewegung Schweiz»

Inhaltlich stimmt der Bundesrat den Initiantinnen und Initianten dagegen zu: Er anerkenne «die wichtige Bedeutung von Bargeld für Wirtschaft und Gesellschaft». Er schlägt darum vor, zwei Sätze von der Gesetzes- auf die Verfassungsstufe zu heben, «um deren Bedeutung zu unterstreichen».

So soll folgender Satz Eingang in die Verfassung finden: «Die schweizerische Währungseinheit ist der Franken. Er ist in 100 Rappen eingeteilt.» Zudem soll aus dem Gesetz zur Nationalbank übernommen werden, dass diese die Versorgung mit Bargeld gewährleiste.

Richard Koller, Präsident der «Freiheitlichen Bewegung», reagiert erfreut auf die Entscheidung vom Mittwoch. «Damit hätte ich nicht gerechnet», sagt er. «Der Bundesrat hat offensichtlich erkannt, dass es sich bei der Sicherstellung der Bargeldversorgung um ein weitverbreitetes Bedürfnis handelt, das in die Verfassung gehört.»

Rückzug der Initiative denkbar

Das hört sich wie Lob an, ist allerdings argwöhnisch gemeint. «Der Bundesrat agiert taktisch, nicht aus Freude oder Überzeugung», sagt Koller. Der Grund für Kollers Misstrauen: Sein Verein sammelt gerade Unterschriften für eine weitere Initiative. Diese geht deutlich weiter als die zuletzt eingereichte: Sie soll in der Verfassung verankern, dass alle Geschäfte im Land Bargeld annehmen müssen.

«Die Unterschriftensammlung läuft hervorragend», sagt Koller. Er geht davon aus, dass der Bundesrat jenes Begehren dereinst ohne Gegenvorschlag ablehnen werde. «Mit dem jetzigen Schritt will er zeigen, dass er nicht vollkommen taub ist für die Sorgen der Bevölkerung.»

Überhaupt nutzt die «Freiheitliche Bewegung» das Volksrecht der Initiative intensiv: Eine im Dezember 2021 eingereichte Initiative mit dem Namen «Stopp Impfpflicht – für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» ist hängig. Zudem lancierte der Verein erst diese Woche die Unterschriftensammlung für eine Initiative, laut der die Mitglieder des Bundesrats alle zwei Jahre in einer Volkswahl bestätigt werden sollen.

Für die nun vom Bundesrat behandelte Bargeldinitiative ist geplant, dass das Finanzdepartement bis Ende August einen Gegenvorschlag ausarbeitet. Darauf kommt diese in die Vernehmlassung und später ins Parlament.

Ob das Volk jemals zusammen mit der Initiative darüber abstimmt, kommt darauf an, ob das Initiativkomitee das Begehren zugunsten des Gegenvorschlags zurückzieht. Richard Koller kann sich das vorstellen, sagt aber: «Das hängt davon ab, ob es der Gegenvorschlag des Bundesrats durchs Parlament schafft und wie er dann aussieht.»

Zumindest für den Moment muss sich Koller keine Sorgen machen: Der Gebrauch von Bargeld geht zwar zurück, ist aus dem öffentlichen Leben aber nicht wegzudenken. Für knapp ein Drittel aller Waren oder Dienstleistungen zahlt die Kundschaft in der Schweiz heute noch bar. Das fanden Forschende der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und der Universität St. Gallen heraus. In sieben von zehn Fällen geht es dabei um weniger als 20 Franken.

Die Trendwende hat mit dem Ausbruch des Coronavirus eingesetzt: War im Frühjahr 2021 noch Bargeld im Wert von 96 Milliarden Franken im Umlauf, sind es zwei Jahre später noch 77 Milliarden.

Dabei war die Pandemie, während der sich viele Menschen vor einer Schmierinfektion über Banknoten oder Münzen fürchteten, bloss ein Faktor. Ebenso entscheidend ist, dass der Anwendungsbereich für digitale Zahlformen in den letzten Jahren deutlich angewachsen ist: So war es vor zehn Jahren noch normal, an Parkuhren mit Münzen zu bezahlen. Heute verwenden viele hierfür das Handy oder die Bankkarte.

«Ich zahle trotzdem fast immer bar», sagt Koller. «Mir ist es unwohl beim Gedanken, dass man künftig nur noch mit digitalen Hilfsmitteln bezahlen kann.» Es gebe zahlreiche Beispiele für die Lust des Staates und vieler Firmen an der Überwachung der Menschen. Koller verweist dabei auf die Fichen-Affäre. «Wer dagegen bar bezahlt, dessen Spuren können nicht nachverfolgt werden. Das ist ein Stück Freiheit.»

Er könne diese Haltung verstehen, sagte unlängst Nationalbank-Vizepräsident Martin Schlegel in einem Interview mit der «Volkswirtschaft», einem vom Bund herausgegebenen Wirtschaftsmagazin. Bargeld habe neben dem Datenschutz weitere Vorteile: «Es braucht keine Geräte, keinen Strom, und wenn man eine Note übergibt, ist die Zahlung erledigt.» Schlegel versprach: «Bargeld stirbt nicht aus.»