Guterres am Brics-GipfelDer UNO-Chef macht Wladimir Putin ein Geschenk
Der Generalsekretär erklärt seine umstrittene Reise zum Gipfel damit, dass sich dort wichtige Staatschefs treffen. Bei der Bürgenstock-Konferenz in der Schweiz verfuhr er anders.
Auch António Guterres bekam traditionelle Süssigkeiten am Flughafen serviert, die internationalen Gäste sollten lokale Feinkost probieren, hatten sie doch die weite Reise ins tatarische Kasan auf sich genommen. Willkommen bei Freunden, könnte man meinen, so inszeniert der Kreml den Event, der noch bis Donnerstag dauert.
Es ist also mal wieder Brics-Gipfel, Putin-Show, und der UNO-Generalsekretär Guterres mittendrin. Der chinesische Staatschef Xi Jinping kam, der Präsident des Iran Massud Peseshkian, 24 Staats- und Regierungschefs, das Forum versteht sich als Gegengewicht zur G-7. Guterres liess über einen Sprecher mitteilen, zur Versammlung kämen nun mal wichtige Staaten, seine Teilnahme sei Standardvorgehen. Überall ist jetzt wieder zu hören, dass der Gipfel immerhin fast die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentiere, da sei es schliesslich Guterres’ Job, auch dieser Hälfte zuzuhören.
Letzteres mag sein, doch ist dieses Forum dafür der falsche Ort. Die Anwesenheit des Portugiesen ist ein grosses Geschenk an den russischen Autokraten. Wladimir Putin schafft sich mit dem Gipfel eine Weltbühne, etwas, das nicht nur in der russischen Gesellschaft, sondern auch bei Russland-Freunden und Putin-Fans im Westen gut ankommt.
Guterres führt die UNO ad absurdum
Guterres’ Teilnahme, der UNO-Chef vertritt 193 Staaten, verleiht Putin zusätzlich Autorität – und normalisiert ihn zugleich, den mutmasslichen Kriegsverbrecher, gegen den ein internationaler Haftbefehl vorliegt. Auch führt Guterres die UNO ad absurdum – und damit das Völkerrecht, das er repräsentiert. Jenes Recht, das Putin in der Ukraine mit Füssen tritt. Guterres schadet der westlichen Wertegemeinschaft, die angesichts Nahost- und Ukraine-Krieg derzeit ohnehin beschädigt und ratlos dasteht.
Schliesslich stellt sich die Frage, warum er noch einmal nicht zur Bürgenstock-Konferenz in die Schweiz gereist war, zu der immerhin 57 Staats- und Regierungschefs kamen. Weil Russland nicht eingeladen war? Guterres misst offenkundig mit zweierlei Mass. Wenn die Ukraine Guterres nun zornig Einseitigkeit vorwirft, ist das allzu verständlich. Die Ukraine steht damit nicht alleine da. Derselbe Vorwurf kommt aus Israel wegen Guterres’ Kritik am Krieg gegen die Hamas.
Er könnte das Forum nutzen, um Putin vorzuführen, um die geopolitische Erpressung, die der Kreml betreibt, zu benennen. Nichts anderes ist es, wenn Russland mit Raketen und Bomben auf ukrainische Häfen die Nahrungsmittelsicherheit vieler afrikanischer Staaten gefährdet (die teilweise teilnehmen). Doch Guterres wird wohl den bemühten Vermittler für einen Weg zu Verhandlungen im Ukraine-Krieg mimen, die aber exakt wegen Putins derzeitiger Stärke unrealistischer sind denn je. Guterres hätte nicht anreisen sollen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.