Geldberater beantwortet FragenBörsengenehmigung für Bitcoin-ETF sagt nichts über deren Risiken aus
Bitcoin bleiben hochspekulativ – wenn überhaupt, kommen Bitcoin-ETF nur als Abrundung eines diversifizierten Portfolios infrage, nicht aber als Kernanlage.
Ich (37) habe 100’000 Franken geerbt und möchte den Betrag gern anlegen. Die US-Aufsichtsbehörde SEC hat einen neuen Indexfonds auf den Bitcoin genehmigt, und ich überlege, ob ich in diesen investieren soll. Allerdings bin ich unsicher, da der Wert des Bitcoins stark schwankt. Was raten Sie mir? M.M.
Noch immer ist Bitcoin stark emotional aufgeladen: für die einen Heilsbringerin und für andere Teufelszeug. Die Genehmigung von Bitcoin-Spot-ETF dürfte zu einer Versachlichung beitragen, was zu begrüssen ist. Dank dem grünen Licht der US-Wertpapieraufsichtsbehörde SEC dürfen in den USA Exchange Traded Funds (ETF), die nicht indirekt, sondern direkt in Bitcoin investieren, an der Börse notiert werden.
Schon seit längerem gibt es auch bei uns Finanzprodukte, mit denen man in Bitcoin oder andere Kryptowährungen anlegen konnte. Bei diesen investiert man aber nur indirekt und nicht direkt wie dies mit den neuen Bitcoin-Spot-ETF möglich ist.
Mit den neuen ETF wird der Zugang zu Bitcoin weltweit auch für eine breitere Anlegerschaft einfacher und günstiger. Davon erhoffen sich Marktteilnehmer eine Ausweitung der Bitcoin-Transaktionen und Kursgewinne. Kurzfristig war die Reaktion des Bitcoin-Kurses gering, was kein Wunder ist, da das grüne Licht der US-Börsenaufsicht seit langem erwartet wurde und der Kurs bereits stark angezogen hatte.
Bitcoin ist eine Spekulationswährung
Doch Vorsicht: Die Genehmigung der Bitcoin-ETF durch die US-Börsenaufsicht, welche gleichzeitig Bedenken gegenüber Bitcoin geäussert hatte, ist nur formeller Natur. Auch wenn der Bitcoin einen wichtigen Schritt näher zur etablierten Anlagewelt gerückt ist, bedeutet dies nicht, dass für Sie die Risiken deutlich kleiner geworden sind.
Deshalb rate ich Ihnen davon ab, die geerbten 100’000 Franken oder einen grossen Teil davon in Bitcoin-ETF zu investieren. Erstens gehen Sie mit einem solchen Investment ein hohes Klumpenrisiko ein. Zweitens sind Sie mit einer solchen Anlage sehr starken Kursschwankungen ausgesetzt. Und drittens erwirtschaften Sie damit keinen Ertrag in Form von Zinsen oder Dividenden.
Immerhin könnten Sie im positiven Fall von einer weiteren Wertvermehrung der Bitcoins profitieren. Ob diese eintrifft, ist keineswegs sicher. Null Zweifel habe ich indes daran, dass der Bitcoin-Kurs auch künftig stark schwankt. Bitcoin verfügt nicht über einen inneren Wert wie eine Aktie. Die Kursentwicklung ist rein von Angebot und Nachfrage abhängig. Bitcoin ist aus meiner Sicht eine Spekulationswährung, mit der man in der realen Welt nach wie vor nicht sehr viel anfangen kann.
Bitcoin-ETF dient nicht als Kernanlage
Ihre Erbschaft sollten Sie breit diversifiziert in verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Obligationen, Immobilien und Rohstoffe investieren. Welche Art von Anlagen Sie stärker oder schwächer gewichten, hängt von Ihrer persönlichen Risikofähigkeit und Ihren Anlagezielen ab. In Bitcoin-ETF sollten Sie nur anlegen, wenn Sie auch dramatische Wertverluste ohne Wimpernzucken abbuchen könnten, wozu die wenigsten in der Lage sind. Wenn überhaupt, kommt für mich ein Bitcoin-ETF nur als spekulative Abrundung eines breit diversifizierten Portfolios infrage, nicht aber als Kernanlage.
Auf keinen Fall sollten Sie sich von Kursanstiegen blenden lassen. Um eine seriöse Risikobeurteilung vorzunehmen, sollten Sie sich nicht die kurzfristige Kursentwicklung, sondern den Langfristchart des Bitcoins vor Augen führen. Dann erkennen Sie, dass der Kurs zwar schon auf 69’000 Dollar notierte, aber auch schon steil auf fast 15’000 Dollar eingebrochen ist.
Die Tatsache, dass Bitcoin-ETF von der US-Börsenaufsicht akzeptiert werden, sagt punkto Wertschwankungen nichts aus: Auch hochspekulative Penny-Stocks, mit denen Sie alles verlieren können, oder riskante Call- und Put-Optionen sind an Börsen zugelassen. Dennoch würde Ihnen niemand raten, grosse Summen in solche stark schwankenden Instrumente anzulegen.
Leuten, die wenig risikobereit sind, rate ich, auch von Bitcoin-ETF die Finger zu lassen. Im kleinen Umfang nutzen sollten diese nur Anlegerinnen und Anleger, welche die mit den Produkten verbundenen Risiken einschätzen können und bereit sind, extreme Schwankungen zu tragen.
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