Geldberater beantwortet FragenWer genau rechnet, dürfte mit einer Amortisation oft besser fahren
Wenn einem die Hausbank von einer Hypotheken-Amortisation abrät, muss das nicht zwingend im Interesse des Kunden sein – die Bank verdient mehr, wenn man einen Kredit behält und sein Geld bei ihr anlegt.
Wir, 74 und 73, haben bei der Luzerner Pensionskasse eine Hypothek von 400’000 Franken. Sie läuft aus. Die Angebote meiner Pensionskasse sowie der Bank sind höher. Bei unserer Raiffeisenbank haben wir 500’000 Franken ausgewogen angelegt. Wir sind der Meinung, dass wir unsere Hypothek zurückzahlen sollten. Unser Steuerberater unterstützt unsere Haltung. Unser Bankberater rät davon ab. Was halten Sie davon? J. M.
Sie können für Ihren Entscheidungsprozess eine einfache Frage stellen: Wie stufen Sie die Chance ein, dass Sie mit dem angelegten Betrag von 500’000 Franken stets eine Nettorendite erwirtschaften, die höher ist als der Betrag, den Sie für die Hypothek bezahlen? Genau dies müssten Sie haben, damit Sie unter dem Strich nicht Geld verlieren.
Wichtig ist, dass Sie bei Ihren Erwägungen von einer Nettorendite ausgehen. Dabei handelt es sich um die Rendite auf Ihrem Anlagebetrag nach Abzug von allen Gebühren. Sie müssten schauen, wie viel an Gebühren Sie für die Anlage der halben Million Ihrer Bank bezahlen – etwa für die Vermögensverwaltung oder wenigstens für eine Beratung sowie für Transaktionskosten und Depotgebühren. Die erwirtschaftete Rendite müsste somit jedes Jahr mindestens die Höhe des Hypozinses plus den Gebührenbetrag ausmachen, womit Sie wohl über 2 Prozent wären.
Bei dieser Rechnung noch nicht berücksichtigt ist der Risikoaspekt. Die notwendige Bruttorendite von deutlich über 2 Prozent auf Ihrem Anlagebetrag gibt es nicht kostenlos – sprich: ohne Risiko. Auch mit einer an sich eher konservativen, ausgewogenen Strategie, die vereinfacht gesagt meist auf der Basis bis 40 Prozent Aktien und 60 Prozent Obligationen, Geldmarkt und allenfalls Immobilien umgesetzt wird, kann man Buchverluste einfahren.
Sie müssten daher auf Ihrer Bruttorendite noch eine Risikoprämie dazurechnen, womit Sie eine Bruttorendite von über 3 Prozent erwirtschaften müssten. Ganz so locker werden Sie ohne Risiken eine solche Bruttorendite kaum erreichen – zumindest nicht in jedem Jahr.
Im Alter eine neue Hypothek zu bekommen, ist nicht leicht
Wenn Sie hingegen mit einem Teil des Geldes Ihre Hypothek amortisieren, dann sparen Sie sicher den Zins, den Sie jedes Jahr Ihrer Bank als Hypozins abliefern müssen. Faktisch ist diese Ersparnis auch eine Rendite. Sie müssen aber aufpassen, dass nicht all Ihr Geld in dem Haus blockiert ist und Sie nicht mit steigendem Alter zu wenig finanziellen Handlungsspielraum haben.
Eine neue Hypothek nach einer Amortisation zu bekommen, ist im Alter auch nicht mehr leicht. 100’000 Franken würden Ihnen auch bei einer vollständigen Amortisation bleiben. Falls Sie noch weitere Mittel und gute Renten haben, damit Sie Ihren Lebensunterhalt ohne Vermögensverzehr bestreiten können, würde ich ganz oder teilweise amortisieren.
Ihr Banker wird Sie darauf hinweisen, dass Sie bei einer Amortisation die Schuldzinsen nicht mehr bei den Steuern abziehen könnten. Das stimmt. Doch dieser Aspekt wird meist überschätzt. Selbst Ihr Steuerberater hat Ihnen zur Amortisation geraten. Dass der Banker Ihnen von einer Amortisation abrät, ist verständlich: Er verliert in doppelter Hinsicht ein Geschäft, indem er Ihnen weder die Hypothek noch die Anlage der Gelder verkaufen kann.
Wenn Sie nicht amortisieren, wäre dies für die Bank die beste – sprich Gebühren generierende – Variante. Für Sie hingegen dürfte die Amortisation unter dem Strich und unter Mitberücksichtigung der Risiken attraktiver sein.
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